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SchKG / Zwangsvollstreckungsrecht / Betreibung / Konkurs / Sanierung / Zwangsvollstreckung / Haftpflicht- und Versicherungsrecht

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Schadenersatz bei ungerechtfertigtem Arrest

Datum:
28.01.2013
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
SchKG / Zwangsvollstreckungsrecht
Stichworte:
Arrest, Betreibung, Forderung, Schadenersatz, Schuldbetreibung, Zwangsvollstreckung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Arrest zur Sicherung einer Forderung

Der Arrest ist ein Instrument, um eine Forderung bei einer Betreibung zu sichern: Mit Hilfe eines Arrestbegehrens kann ein Gläubiger die vorläufige Beschlagnahmung einzelner Vermögenswerte seines Schuldners verlangen.

Wird das Arrestbegehren vom Gericht gutgeheissen, kann ein Gläubiger damit das Vermögen seines Schuldners blockieren, um dieses der Zwangsvollstreckung zuzuführen. Der Arrest verschafft dem Gläubiger eine vorläufige Sicherung der Forderung im Hinblick auf eine hängige bzw. eine noch bevorstehende Betreibung.

Gründe, die einen Arrest rechtfertigen

Voraussetzung für einen Arrest sind unter anderem das Vorliegen bestimmter Arrestgründe: Ein Arrest kommt nur dann in Frage, wenn die Befriedigung der Gläubigerforderung gefährdet scheint. Das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) nennt folgende Gründe, die einen Arrest rechtfertigen:

Art. 271 SchKG, Abs. 1

A. Arrestgründe

1 Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, Vermögensstücke des Schuldners, die sich in der Schweiz befinden, mit Arrest belegen lassen:

  1. wenn der Schuldner keinen festen Wohnsitz hat;
  2. wenn der Schuldner in der Absicht, sich der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten zu entziehen, Vermögensgegenstände beiseite schafft, sich flüchtig macht oder Anstalten zur Flucht trifft;
  3. wenn der Schuldner auf der Durchreise begriffen ist oder zu den Personen gehört, welche Messen und Märkte besuchen, für Forderungen, die ihrer Natur nach sofort zu erfüllen sind;
  4. wenn der Schuldner nicht in der Schweiz wohnt, kein anderer Arrestgrund gegeben ist, die Forderung aber einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist oder auf einer Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82 Absatz 1 beruht;
  5. wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen provisorischen oder einen definitiven Verlustschein besitzt;
  6. wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt.

Zuständig für ein Arrestbegehren ist das Gericht am Betreibungsort oder auch am Ort, an dem sich die Vermögenswerte befinden bzw. das Gericht, das sich mit der Arrestforderung oder der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Entscheids befasst.

Damit ein Arrestbegehren bewilligt wird, muss der Gläubiger dem Gericht folgende Punkte glaubhaft machen:

  1. Es besteht eine Forderung
  2. Es liegt ein Arrestgrund vor
  3. Es sind Vermögenswerte vorhanden, die dem Schuldner gehören

Arresteinsprache / Schadenersatz bei ungerechtfertigtem Arrest

Ein Schuldner hat die Möglichkeit, gegen die Anordnung eines Arrests innert 10 Tagen nach Kenntnisnahme beim zuständigen Gericht Einsprache zu erheben. Darauf erhalten beide Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme – das Gericht entscheidet anschliessend in einem summarischen Verfahren über die Gutheissung bzw. Ablehung der Arresteinsprache.

Bei einem ungerechtfertigten Arrest haftet ein Gläubiger für den dadurch entstandenen Schaden, sowohl gegenüber dem Schuldner als auch gegenüber direkt betroffenen Dritten. Im Schadenersatzverfahren wird entschieden, ob der Arrestgläubiger dem Arrestschuldner oder einem Dritten für einen ungerechtfertigten Arrest Schadenersatz bezahlen muss. Dazu hat der Geschädigte beim Gericht folgende Haftungsvoraussetzungen nachzuweisen:

  1. Schaden
  2. Arrestlegung
  3. Fehlende Arrestforderung oder fehlender Arrerstgrund (d.h. begründet Widerrechtlichkeit)
  4. Kausalzusammenhang zwischen Arrestlegung und Schaden

Entscheid über Arresteinsprache entscheidend für die Haftung

Nach vorherrschender Lehrmeinung ist in Bezug auf die Haftung des Gläubigers der Entscheid über die Arresteinsprache entscheidend: Es wird mehrheitlich die Position vertreten, dass eine gutgeheissene Einsprache bedeute, dass der Arrest ungerechtfertigt und damit auch widerrechtlich war. Anders gesagt: Wehrt ein Schuldner einen Arrest im Einspracheverfahren erfolgreich ab, wird im Hinblick auf eventuelle Schadenersatzansprüche die Widerrechtlichkeit des Arrests als gegeben angesehen.

Diese Auslegung hat das Bundesgericht nun in einem Entscheid vom Dezember 2012 bestätigt. Das Bundesgericht begründet das Urteil wie folgt (BGE 5A_83/2012 vom 5. Dezember 2012):

4. Gemäss Art. 273 Abs. 1 SchKG haftet der Gläubiger dem Schuldner als auch dem Dritten für den aus einem ungerechtfertigen Arrest erwachsenen Schaden. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Frage, ob die Voraussetzungen zur Haftung für Arrestschaden gegeben sind.

4.1 Es steht fest und ist unbestritten, dass das Obergericht den Arrest im Einspracheverfahren mit Entscheid vom 18. August 2006 aufgehoben hat, weil die Arrestforderung nicht fällig und durch ein Pfand gedeckt sei, und dass die staatsrechtliche Beschwerde erfolglos blieb. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Auffassung des Obergerichts, welches die Widerrechtlichkeit des Arrestes mit der Begründung bejaht hat, dass die Arresteinsprache gutgeheissen worden ist.

4.1.1 Das Obergericht folgt der Auffassung, die von der Lehre ganz überwiegend geteilt wird […]. Die Beschwerdeführerin hält mit Hinweis auf die abweichende Meinung von ARTHO VON GUNTEN […] entgegen, dass der Arresteinspracheentscheid im Schadenersatzprozess nach Art. 273 SchKG nicht bindend sei, weil die Einsprache im summarischen Verfahren beurteilt werde und das Prozessthema verschieden sei.

4.1.2 Diese Argumentation überzeugt nicht. Gerade weil das Prozessthema im Schadenersatzprozess verschieden und der Einspracherichter zuständig ist, über die Arrestbewilligung zu entscheiden, ist der Richter im Schadenersatzprozess an die rechtskräftig beurteilte Vorfrage gebunden. […] Kommt der Arresteinspracherichter nach Prüfung dieser Gründe zur Arrestbewilligung (vgl. Art. 272 Abs. 1 SchKG) zum Ergebnis, dass die Einsprache gutzuheissen ist, steht fest, dass das Mittel des Arrestes falsch war. Wenn das Obergericht im Haftungsprozess aus Arrestschaden die auf Arresteinsprache hin rechtskräftig beurteilte Vorfrage nicht mehr überprüft hat, ist dies nicht zu beanstanden.

Da es sich bei der Haftung für einen Arrestschaden nach SchKG 273 um eine Kausalhaftung handelt, spielt das Verschulden für die Haftung keine Rollen, d.h. der Arrestgläubiger haftet ohne Verschulden: Auch wenn das Vorgehen des Gläubigers und damit die Beantragung des Arrests verständlich erscheint, tritt die Haftung für den Arrestschaden trotzdem ein, wenn das Gericht die Einsprache des Schuldners gutheisst. Das Bundesgericht begründet:

4.2 Ob den Arrestnehmer bei der Wahl des falschen Mittels ein Verschulden traf, ist nicht zu untersuchen; die (Kausal-) Haftung für Arrestschaden tritt auch ein, wenn das Vorgehen in unklarer Lage verständlich erscheint […]. Die Beschwerdeführerin bringt daher vergeblich vor, das Obergericht habe übergangen, dass sie das Arrestgesuch in guten Treuen gestellt habe.

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