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Verkehrsrecht

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Keine Haftung für Reflexfolgen beim Ehemann des unmittelbaren Unfallopfers

Datum:
07.12.2016
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Verkehrsrecht
Stichworte:
Autounfall
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Angehörigenschaden oder Direktschädigung?

Der Kläger (hier Beschwerdeführer) und seine Ehefrau wurden am 30.08.2003 bei einem Autounfall verletzt. Der Kläger erlitt dabei 1) ein Schleudertrauma[1] und es wurde später 2) eine somatoforme Schmerzstörung[2] diagnostiziert. Der Kläger machte in der Folge gestützt auf SVG 58 i.V.m. SVG 65 einen Schadenersatzanspruch wegen Erwerbsausfall gegen die Beklagte (hier Beschwerdegegnerin) als Motorfahrzeughaftpflichtversichererin der Unfallverursacherin geltend.

Beim Bundesgericht stellte sich die Frage, ob die Unfallverursacherin für einen solchen Schaden, den der Ehemann des Unfallopfers erlitt (Angehörigenschaden), ebenfalls haftet.

In seinen Ausführungen verneinte das Bundesgericht das Vorliegen eines adäquaten Kausalzusammenhangs, eine der vier Schadenersatzvoraussetzungen (vgl. hiezu Verschuldenshaftung).

Im Rahmen der Schadensvoraussetzung der „Widerrechtlichkeit“, welche daher nicht mehr zu beurteilen war, verwies das Bundesgericht auf seine Rechtsprechung, wonach der Dritte, der einzig aufgrund einer besonderen Beziehung zum Direktgeschädigten einen indirekten Schaden (Reflexschaden) erleide, grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Schadensverursacher besitze. Es gelte der durch ein Schreckerlebnis mittelbar geschädigte Dritte als widerrechtlich in seinen absoluten Rechten wie der psychischen bzw. körperlichen Integrität verletzt und damit als direkt Geschädigter.

Offen liess das Bundesgericht hingegen die Beantwortung der Frage,

  • ob diese Rechtsprechung – wie die Vorinstanz annahm – auf Schockschäden begrenzt ist, oder
  • ob bei Reflexverletzungen absoluter Rechte der Geschädigte – wie der Kläger geltend machte – allgemein als Direktgeschädigter gilt.

Es ist zu hoffen, dass diese entscheidende Rechtsfrage von der Rechtsprechung in Bälde geklärt wird.

[1] HWS-Distorsion Grad II

[2] subjektiv empfundener, mindestens 6 Monate dauernder, intensiver und quälender Schmerz, der nicht ausreichend durch eine körperliche Störung oder ein physiologisches Geschehen erklärt werden kann

Quelle

BGE 4A_637/2015 vom 29.06.2016

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