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Arbeitsrecht / Zivilprozessrecht

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Forderungen aus ungerechtfertigter Entlassung nicht schiedsfähig

Datum:
21.06.2018
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Stichworte:
Arbeitsrecht, Schiedsgerichtsbarkeit
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

OR 341 / ZPO 354

Sachverhalt

Das Bundesgericht hatte sich im Entscheid BGer 4A_7/2018 vom 18.04.2018 mit der Frage zu befassen, ob der Arbeitsvertrag vom 24.03.2015 eine gültige Schiedsklausel enthalte, die der Zuständigkeit der staatlichen Gerichte entgegenstehe und, ob die Vorinstanz ZPO 354 in Verbindung mit OR 341 Abs. 1 verletzt habe, indem sie von einer nicht schiedsfähigen Streitsache ausging.

Der Fussballverein FC A. (Beschwerdeführerin) schloss mit B. (Beschwerdegegner) am 24.03.2015 einen Arbeitsvertrag für seine Funktion als Fussballtrainer. In diesem Arbeitsvertrag wurde folgende Schiedsklausel verabredet:

„6. Streitigkeiten / Schiedsgerichtsbarkeit

Bei Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist die Kontroll- und Disziplinarkommission des SFV als Vermittlungsinstanz anzurufen.

Kommt keine Einigung zustande, so unterstellen sich die Parteien vorbehaltlos der Gerichtsbarkeit des Tribunal Arbitral du Sport (TAS) mit Sitz in Lausanne (vgl. Art. 92, 94 und 95 der Statuten des SFV).“

Am 10.02.2016 kündigte der Fussballverein dem Trainer fristlos.

Prozessgeschichte

Nach erfolglos verlaufener Schlichtungsverhandlung reichte der Trainer am 15.09.2016 beim Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt Klage gegen den Fussballclub auf Zahlung ein, welches durchgeführtem Verfahren mit Entscheid vom 15.02.2017 den beklagten Fussballverein zur Zahlung von Schadenersatz gemäss OR 337c Abs. 1 in Höhe von CHF 24’911.45 netto sowie einer Entschädigung gemäss OR 337c Abs. 3 von CHF 12’000.– netto (entsprechend drei Monatslöhnen), jeweils nebst Zins zu 5 % seit dem 10.02.2016, verurteilte und das weitergehende Begehren abwies.

Ebenso wies das Zivilgericht die Unzuständigkeitseinrede des Beklagten mit der Begründung ab, dass nach ZPO 354 jeder Anspruch Gegenstand eines Schiedsverfahrens sein könne, über den die Parteien frei verfügen könnten. Über zwingende arbeitsrechtliche Ansprüche könnten die Parteien nach OR 341 jedoch nicht frei verfügen; Ansprüche aus Kündigungsschutz nach OR 337c seien gemäss OR 361 und OR 362 zwingend. Diesen fehle es an der objektiven Schiedsfähigkeit, womit die im Arbeitsvertrag vom 24.03.2015 enthaltene Schiedsklausel zumindest für die eingeklagten Ansprüche ungültig sei.

Der in erster Instanz unterlegene beklagte Fussballverein erhob Berufung ans Appellationsgericht, welches diese mit Entscheid vom 17.11.2017 abwies.

Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragte der Beklagte dem Schweizerischen Bundesgericht, es sei der Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 17.11.2017 aufzuheben und es sei festzustellen, dass das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt nicht zuständig sei; eventualiter sei die Klage abzuweisen.

Erwägungen der Rechtsmittelinstanz

Für das Bundesgericht lagen keine hinreichenden Gründe vor, die eine Änderung der Rechtsprechung rechtfertigen würden. Im Hinblick auf den Schutz des Arbeitnehmers sei es nicht zulässig, die Einschränkung der Schiedsfähigkeit von ZPO 354 in Verbindung mit OR 341 Abs. 1 durch Unterstellung des schweizerischen Arbeitsverhältnisses zwischen dem Fussballverein mit Sitz in der Schweiz und dem Fussball-Trainer mit Wohnsitz in der Schweiz unter die internationale (Sport-)Schiedsgerichtsbarkeit (sog. Opting out / ZPO 353 Abs. 2) zu umgehen.

Die auf OR 337c gestützten Forderungen aus angeblich ungerechtfertigter Entlassung des Beschwerdegegners erwiesen sich demnach im Rahmen von OR 341 Abs. 1 als nicht schiedsfähig im Sinne von ZPO 354.

Die Vorinstanz hatte die vom Beschwerdeführer mit Hinweis auf die vertragliche Schiedsklausel erhobene Einrede der Unzuständigkeit daher zu Recht abgewiesen.

Entscheid der Rechtsmittelinstanz

Die Beschwerde wurde abgewiesen, soweit darauf einzutreten war, und die Gerichtskosten von CHF 2’000.– dem Beschwerdeführer auferlegt. Eine Parteientschädigung wurde nicht zugesprochen.

Quelle

BGer 9C_615/2017 vom 16.03.2018 = BGE 144 III 235 ff.

Art. 341 OR   H. Unverzichtbarkeit und Verjährung

H. Unverzichtbarkeit und Verjährung

1 Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monats nach dessen Beendigung kann der Arbeitnehmer auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes oder aus unabdingbaren Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages ergeben, nicht verzichten.

2 Die allgemeinen Vorschriften über die Verjährung sind auf Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis anwendbar.

Art. 353 ZPO   Geltungsbereich

1 Die Bestimmungen dieses Teils gelten für Verfahren vor Schiedsgerichten mit Sitz in der Schweiz, sofern nicht die Bestimmungen des zwölften Kapitels des IPRG  anwendbar sind.

2 Die Parteien können die Geltung dieses Teils durch eine ausdrückliche Erklärung in der Schiedsvereinbarung oder in einer späteren Übereinkunft ausschliessen und die Anwendung der Bestimmungen des zwölften Kapitels des IPRG vereinbaren. Die Erklärung bedarf der Form gemäss Artikel 358.

Art. 354 ZPO   Schiedsfähigkeit

Gegenstand eines Schiedsverfahrens kann jeder Anspruch sein, über den die Parteien frei verfügen können.

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