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Erbrecht

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Verantwortlichkeit des Willensvollstreckers gegenüber einer Quotenvermächtnisnehmerin?

Datum:
04.10.2018
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Erbrecht
Stichworte:
Erbrecht, Schuldner, Willensvollstrecker
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

ZGB 518 Abs. 1 und 2; OR 97, OR 398 Abs. 2 und OR 400 Abs. 1

Sachverhalt

Das Bundesgericht hatte im Fall mit der Geschäftsnummer BGE 5A_363/2017 die Streitfrage zu beurteilen, ob eine Quotenvermächtnisnehmerin den Willensvollstrecker mit einer Verantwortlichkeitsklage auf Ersatz des Schadens belangen kann, den sie dadurch erlitten haben will, dass der Willensvollstrecker durch eine pflichtwidrige Honorarberechnung das Reinvermögen des Nachlasses vermindert und so das Quotenvermächtnis geschmälert habe.

Erwägungen und Entscheid

Schädigt der Willensvollstrecker das Nachlassvermögen, so schädigt er die Erben, denen der Nachlass als Ganzes mit dem Tode des Erblassers von Gesetzes wegen zufällt (ZGB 560 Abs. 1 und 2).

Grundsätzlich sind dadurch die Vermächtnisnehmer nicht direkt betroffen. Das Vermächtnis beschwert gemäss klarer gesetzlicher Ordnung von ZGB 562 Abs. 1 weder das Nachlassvermögen noch den Willensvollstrecker, sondern als persönliche (obligatorische) Schuld ausschliesslich die Erben.

Demgemäss hat ein Vermächtnisnehmer die beschwerten Erben auf Schadenersatz zu belangen, wenn diese ihrer Verpflichtung nicht nachkommen (ZGB 562 Abs. 3).

Diese Beurteilung der Rechtslage steht im Einklang mit dem haftpflichtrechtlichen Grundsatz, dass dem Drittbetroffenen kein direkter Ersatzanspruch gegen den Urheber der schädigenden Handlung zusteht, wenn dieser keine Verhaltensnorm verletzt hat, die den Dritten nach ihrem Zweck vor Beeinträchtigungen der eingetretenen Art schützt.

Sind einzig die Erben zur Vermächtnisausrichtung verpflichtet, so fehlt es an einer Verhaltensnorm, die den angeblichen Vermächtnisnehmerschaden aus der Sicht des Willensvolltreckers als widerrechtlich zugefügten Direktschaden erscheinen liesse und es dem Vermächtnisnehmer ermöglichen würde, den Willensvollstrecker auf Schadenersatz zu belangen.

Diese Ausführungen gelten, so das Bundesgericht, auch im Streit um die angemessene Willensvollstrecker-Vergütung (ZGB 517 Abs. 3). Es handelt sich dabei um eine Erbgangsschuld, die durch die Nachlassliquidation verursacht wird.

Für diese Schuld haften nebst des Nachlasses die Erben persönlich, es sei denn, der Willensvollstrecker handle auf Grund der letztwilligen Verfügung ausschliesslich im Interesse eines einzigen Erben oder Vermächtnisnehmers; diesfalls wäre nur dieser belastet (BGer 2P.139/2001 vom 03.09.2001, Erw. 5).

Sofern und soweit eine solche Ausnahmesituation nicht gegeben sei, besteht laut Bundesgericht kein Grund, den Willensvollstrecker direkt gegenüber dem Vermächtnisnehmer für die Folgen einer allfälligen Pflichtverletzung verantwortlich zu machen oder seinen Vergütungsanspruch in Frage zu stellen.

Ausgangsgemäss wurde die Beschwerde abgewiesen und die Kosten- und Entschädigungsfolgen der Beschwerdeführerin auferlegt.

Quelle

BGE 5A_363/2017 vom 22.02.2018

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