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Arbeitsrecht

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Arbeitsvertrag und Konventionalstrafe

Datum:
21.11.2019
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Stichworte:
Arbeitnehmerhaftung, Arbeitsvertrag, Konventionalstrafe
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

OR 160 ff., OR 321a, OR 321e und OR 362

Einleitung

Im vorliegenden Fall stellte sich die Frage nach der Vereinbarkeit einer Konventionalstrafe mit der Arbeitnehmerhaftung von OR 321e im Allgemeinen und zur Unterscheidung nach deren Straf- oder Ersatzcharakter im Besonderen bzw. nach den Rechtsfolgen der Unvereinbarkeit der Konventionalstrafe mit OR 321e.

Sachverhalt und Erwägungen

Der Anwendungsbereich der Arbeitnehmerhaftung von OR 321e (siehe Box, unten) ist nicht auf bestimmte Verletzungen im Bereich des Arbeitsvertrags beschränkt.

Die Arbeitnehmersorgfalts- und Treuepflicht-Norm von OR 321a (siehe Box, unten) gilt für alle Arbeitnehmerpflichten und die Arbeitsvertragsparteien können die allgemeine Sorgfalts- und Treuepflicht nach OR 321a Abs. 1 vertraglich erweitern.

Im konkreten Fall war die Konventionalstrafe ebenfalls in Bezug auf OR 321e zu prüfen, wobei gemäss OR 362 Abs. 1 (siehe Box, unten) nicht zuungunsten des Arbeitnehmers von OR 321e abgewichen werden darf.

Die Vereinbarung einer verschuldens- und schadensunabhängigen Haftung des Arbeitnehmers ist damit nicht konform, unzulässig und führt zur Nichtigkeit der Konventionalstrafen-Abrede.

Durch Vereinbarung im Einzelarbeitsvertrag können Vertragsstrafen im Sinne von Disziplinar-Massnahmen vereinbart werden und zwar unter folgenden Voraussetzungen:

  • Bestimmtheit und Verhältnismässigkeit der Höhe der Strafe
  • Klare Umschreibung und Verhältnismässigkeit der mit Sanktion bewehrten Tatbestände.

Im vorliegenden Fall wurden die Tatbestände nicht genügend bestimmt, so dass keine gültige Disziplinar-Massnahme vereinbart worden war.

Entscheid

  • Vereinigung der beiden Beschwerden in Zivilsachen
  • Gutheissung der einen und Abweisung der anderen Beschwerde
  • Auferlegung der Gerichtskosten an die Klägerin, die die Beklagte zu entschädigen hat
  • Rückweisung an die Vorinstanz zur Neuregelung der Kosten des kantonalen Verfahrens

Quelle

BGer 4A_579/2017 + BGer 4A_581/2017 vom 07.05.2018   =   BGE 144 III 327 ff.

Art. 160 OR   C. Konventionalstrafe / I. Recht des Gläubigers / 1. Verhältnis der Strafe zur Vertragserfüllung

C. Konventionalstrafe

I. Recht des Gläubigers

1. Verhältnis der Strafe zur Vertragserfüllung

1 Wenn für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht richtigen Erfüllung eines Vertrages eine Konventionalstrafe versprochen ist, so ist der Gläubiger mangels anderer Abrede nur berechtigt, entweder die Erfüllung oder die Strafe zu fordern.

2 Wurde die Strafe für Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes versprochen, so kann sie nebst der Erfüllung des Vertrages gefordert werden, solange der Gläubiger nicht ausdrücklich Verzicht leistet oder die Erfüllung vorbehaltlos annimmt.

3 Dem Schuldner bleibt der Nachweis vorbehalten, dass ihm gegen Erlegung der Strafe der Rücktritt freistehen sollte.

Art. 161 OR   C. Konventionalstrafe / I. Recht des Gläubigers / 2. Verhältnis der Strafe zum Schaden

2. Verhältnis der Strafe zum Schaden

1 Die Konventionalstrafe ist verfallen, auch wenn dem Gläubiger kein Schaden erwachsen ist.

2 Übersteigt der erlittene Schaden den Betrag der Strafe, so kann der Gläubiger den Mehrbetrag nur so weit einfordern, als er ein Verschulden nachweist.

Art. 162 OR   C. Konventionalstrafe / I. Recht des Gläubigers / 3. Verfall von Teilzahlungen

3. Verfall von Teilzahlungen

1 Die Abrede, dass Teilzahlungen im Falle des Rücktrittes dem Gläubiger verbleiben sollen, ist nach den Vorschriften über die Konventionalstrafe zu beurteilen.

2 …1

1 Aufgehoben durch Anhang 2 Ziff. II 1 des BG vom 23. März 2001 über den Konsumkredit, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3846; BBl 1999 3155).

Art. 163 OR   C. Konventionalstrafe / II. Höhe, Ungültigkeit und Herabsetzung der Strafe

II. Höhe, Ungültigkeit und Herabsetzung der Strafe

1 Die Konventionalstrafe kann von den Parteien in beliebiger Höhe bestimmt werden.

2 Sie kann nicht gefordert werden, wenn sie ein widerrechtliches oder unsittliches Versprechen bekräftigen soll und, mangels anderer Abrede, wenn die Erfüllung durch einen vom Schuldner nicht zu vertretenden Umstand unmöglich geworden ist.

3 Übermässig hohe Konventionalstrafen hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen.

Art. 321a OR   B. Pflichten des Arbeitnehmers / II. Sorgfalts- und Treuepflicht

II. Sorgfalts- und Treuepflicht

1 Der Arbeitnehmer hat die ihm übertragene Arbeit sorgfältig auszuführen und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren.

2 Er hat Maschinen, Arbeitsgeräte, technische Einrichtungen und Anlagen sowie Fahrzeuge des Arbeitgebers fachgerecht zu bedienen und diese sowie Material, die ihm zur Ausführung der Arbeit zur Verfügung gestellt werden, sorgfältig zu behandeln.

3 Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitnehmer keine Arbeit gegen Entgelt für einen Dritten leisten, soweit er dadurch seine Treuepflicht verletzt, insbesondere den Arbeitgeber konkurrenziert.

4 Der Arbeitnehmer darf geheim zu haltende Tatsachen, wie namentlich Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse, von denen er im Dienst des Arbeitgebers Kenntnis erlangt, während des Arbeitsverhältnisses nicht verwerten oder anderen mitteilen; auch nach dessen Beendigung bleibt er zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit es zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers erforderlich ist.

Art. 321e OR   B. Pflichten des Arbeitnehmers / VI. Haftung des Arbeitnehmers

VI. Haftung des Arbeitnehmers

1 Der Arbeitnehmer ist für den Schaden verantwortlich, den er absichtlich oder fahrlässig dem Arbeitgeber zufügt.

2 Das Mass der Sorgfalt, für die der Arbeitnehmer einzustehen hat, bestimmt sich nach dem einzelnen Arbeitsverhältnis, unter Berücksichtigung des Berufsrisikos, des Bildungsgrades oder der Fachkenntnisse, die zu der Arbeit verlangt werden, sowie der Fähigkeiten und Eigenschaften des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber gekannt hat oder hätte kennen sollen.

Art. 362 OR   B. Unabänderlichkeit zuungunsten des Arbeitnehmers

B. Unabänderlichkeit zuungunsten des Arbeitnehmers

1 Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden:1

Artikel 321e: (Haftung des Arbeitnehmers)
Artikel 322a: Absätze 2 und 3 (Anteil am Geschäftsergebnis)
Artikel 322b: Absätze 1 und 2 (Entstehung des Provisionsanspruchs)
Artikel 322c: (Provisionsabrechnung)
Artikel 323b: Absatz 1 zweiter Satz (Lohnabrechnung)
Artikel 324: (Lohn bei Annahmeverzug des Arbeitgebers)
Artikel 324a: Absätze 1 und 3 (Lohn bei Verhinderung des Arbeitnehmers)
Artikel 324b: (Lohn bei obligatorischer Versicherung des Arbeitnehmers)
Artikel 326: Absätze 1, 3 und 4 (Akkordlohnarbeit)
Artikel 326a: (Akkordlohn)
Artikel 327a: Absatz 1 (Auslagenersatz im Allgemeinen)
Artikel 327b: Absatz 1 (Auslagenersatz bei Motorfahrzeug)
Artikel 327c: Absatz 2 (Vorschuss für Auslagen)
Artikel 328: (Schutz der Persönlichkeit des Arbeitnehmers im Allgemeinen)
Artikel 328a: (Schutz der Persönlichkeit bei Hausgemeinschaft)
Artikel 328b: (Schutz der Persönlichkeit bei der Bearbeitung von Personendaten)2
Artikel 329: Absätze 1, 2 und 3 (Freizeit)
Artikel 329a: Absätze 1 und 3 (Dauer der Ferien)
Artikel 329b: Absätze 2 und 3 (Kürzung der Ferien)
Artikel 329c: (Zusammenhang und Zeitpunkt der Ferien)
Artikel 329d: Absatz 1 (Ferienlohn)
Artikel 329e: Absätze 1 und 3 (Jugendurlaub)3
Artikel 329f: (Mutterschaftsurlaub)4
Artikel 330: Absätze 1, 3 und 4 (Kaution)
Artikel 330a: (Zeugnis)
Artikel 331: Absätze 3 und 4 (Beitragsleistung und Auskunftspflicht bei Personalfürsorge)
Artikel 331a: (Beginn und Ende des Vorsorgeschutzes)5
6
Artikel 332: Absatz 4 (Vergütung bei Erfindungen)
Artikel 333: Absatz 3 (Haftung bei Übergang des Arbeitsverhältnisses)
Artikel 335i: (Verhandlungspflicht zwecks Abschlusses eines Sozialplans)7
Artikel 335j: (Aufstellung des Sozialplans durch ein Schiedsgericht)8
Artikel 336: Absatz 2 (Missbräuchliche Kündigung durch den Arbeitgeber)
Artikel 336c: (Kündigung zur Unzeit durch den Arbeitgeber)
Artikel 337a: (Fristlose Auflösung wegen Lohngefährdung)
Artikel 337c: Absatz 1 (Folgen bei ungerechtfertigter Entlassung)
Artikel 338: (Tod des Arbeitnehmers)
Artikel 338a: (Tod des Arbeitgebers)
Artikel 339b: (Voraussetzungen der Abgangsentschädigung)
Artikel 339d: (Ersatzleistungen)
Artikel 340: Absatz 1 (Voraussetzungen des Konkurrenzverbotes)
Artikel 340a: Absatz 1 (Beschränkung des Konkurrenzverbotes)
Artikel 340c: (Wegfall des Konkurrenzverbotes)
Artikel 341: Absatz 1 (Unverzichtbarkeit)
Artikel 345a: (Pflichten des Lehrmeisters9)
Artikel 346a: (Lehrzeugnis)
Artikel 349a: Absatz 1 (Lohn des Handelsreisenden)
Artikel 349b: Absatz 3 (Ausrichtung der Provision)
Artikel 349c: Absatz 1 (Lohn bei Verhinderung an der Reisetätigkeit)
Artikel 349e: Absatz 1 (Retentionsrecht des Handelsreisenden)
Artikel 350a: Absatz 1 (Provision bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses)
Artikel 352a: Absatz 3 (Haftung des Heimarbeitnehmers)
Artikel 353: (Abnahme des Arbeitserzeugnisses)
Artikel 353a: (Ausrichtung des Lohnes)
Artikel 353b: Absatz 1 (Lohn bei Verhinderung an der Arbeitsleistung).10

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