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Grundeigentümerhaftung für Beseitigung eines auf die Strasse gefallenen Baums

Datum:
13.11.2019
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Haftpflicht- und Versicherungsrecht
Stichworte:
Grundeigentümer, Verantwortlichkeit, Werkeigentümerhaftung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

ZGB 679

Einleitung

Dem Bundesgericht wurde im Fall 2C_560/2019 die Streitfrage vorgelegt, wer die Kosten für die Beseitigung eines sturmbedingt von einem privaten Grundstück auf eine öffentliche Strasse gefallenen Baums zu tragen habe.

Das Bundesgericht hatte daher den einschlägigen zivilrechtlichen, polizeirechtlichen und abgaberechtlichen Aspekten nachzugehen.

Sachverhalt

Ausgangslage bildete die von Amtes wegen angeordnete Räumung einer öffentlichen Gemeindestrasse, die aufgrund umgestürzter Bäume blockiert war.

Dass die Fahrbahn von umgestürzten und dort liegenden Bäumen sofort zu befreien war, ist nicht Prozessthema. Vielmehr ging es um die Kosten der örtlichen Feuerwehr, welche die Bäume zerkleinerte und von der Strasse entfernte:

  • 5 Arbeitsstunden zu CHF 60.00 / h, eine Grundgebühr und eine Einsatzstunde für schwere Fahrzeuge von CHF 380.00, total CHF 680.00

Prozess-History

Die Grundeigentümer fochten den Entscheid des Stadtrates von Rapperswil-Jona und das bestätigende Urteil der Verwaltungskommission des Kantons St. Gallen an und gelangten hiezu mittels Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht.

Erwägungen

Die konträren Haltungen der Grundeigentümer und der Strasseneigentümerin Gemeinde Rapperswil-Jona:

  • Grundeigentümer
    • Ein auf die Strasse gefallener Baum sei kein Werk und falle daher nicht unter die Werkeigentümerhaftung (OR 58 Abs. 1)
      • Der Werkeigentümerhaftung seien nur Gebäude oder andere stabile, künstlich hergestellte, bauliche oder technische Anlagen, die direkt oder indirekt und dauerhaft mit dem Boden verbunden seien, unterworfen
    • Bäume würden jedenfalls nicht unter die Werkeigentümerhaftung fallen
  • Strasseneigentümerin
    • Der Eigentümer des einwirkenden Grundstücks sei nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, den Baum auf eigene Kosten zu beseitigen (ZGB 641 Abs. 2; ZGB 700 Abs. 1)
    • Die Grundeigentümer hätten für den durch sie verursachten Räumungsschaden aufzukommen (ZGB 700 Abs. 2)
      • Die Grundeigentümer machen geltend, sie hätten die Feuerwehr nicht beauftragt
    • Die Gemeinde stützte sich für die Kostenüberwälzung auf die polizei- und verwaltungsrechtlichen Überwälzungsnormen und meinte sinngemäss, es könne nicht sein, dass sie die Feuerwehreinsatzkosten für die Beseitigung umgestürzter Nachbarbäume tragen müsse.

Das Bundesgericht vertrat die Ansicht:

  • dass das Zivilrecht von den öffentlich-rechtlichen Sonderbestimmungen, die den Schutz von Polizeigütern gewährleisten würden, überlagert werde;
  • dass die Beseitigung der auf der Strasse liegenden Bäume kein Aufschub (und kein Zuwarten bis die privaten Eigentümer tätig werden würden) duldete, war doch eine unhaltbare Gefährdung der Verkehrsteilnehmer entstanden;
  • dass die Grundeigentümer unter den gegebenen Umständen Zustandsstörer seien, die den polizeiwidrigen Zustand zu verantworten hätten;
  • dass die Grundeigentümer die Sicherungs- und Behebungsmassnahmen ausgelöst hätten und daher für die Kosten ersatzpflichtig seien (FSG/SG 46 bis Abs. 2).

Das Bundesgericht kam in seiner Gesamtbeurteilung zum Schluss, dass die Beseitigungskosten – aufgrund des Rechts des Kantons St. Gallen – auf die Eigentümer des einwirkenden Grundstücks, die als Verursacher bzw. Zustandsstörer gelten würden, überwälzt werden können.

Die Beschwerde der Grundeigentümer gegen den vorinstanzlichen Entscheid wurde abgewiesen.

Quelle

BGE 2C_560/2019 vom 22.07.2019

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