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Strafprozess / Strafverfahren / Strafprozessrecht

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Zustellfiktion in strafprozessualem Rechtsverhältnis

Datum:
14.01.2020
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Strafprozess / Strafverfahren
Stichworte:
Strafprozessrecht, Zustellung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

StPO 85 Abs. 4 lit. a – Einsprache gegen Strafbefehl

Ein strafprozessuales Prozessrechtsverhältnis kann begründet werden, wenn dem Betroffenen von der Polizei, wie hier von einer Fusspatrouille, Vorhalte gemacht werden und ihm die Eröffnung eines Verfahrens in Aussicht gestellt wurde.

Im vorliegenden Falle stellten sich die Fragen,

  • wie lange der Betroffene mit einer Zustellung aus dem Vorhalt rechnen muss und
  • wie lange den Betroffenen deshalb aus dem Prozessrechtsverhältnis fliessenden Pflichten treffen.

Gemäss Bundesgericht beurteilt sich dies nach den konkreten Umständen:

  • Im vorliegenden Fall musste und durfte nach einer Zeitspanne von elf Monaten seit der erwähnten (einzigen) Verfahrenshandlung nicht mit einer „Zustellung“ gerechnet werden, weshalb es der Meldung einer Abwesenheit von wenigen Wochen nicht bedurfte.

Das Bundesgericht kam daher hinsichtlich der Einsprache gegen den Strafbefehl zu folgenden Ergebnissen:

  • Dem Betroffenen konnte die fingierte Zustellung nicht entgegengehalten werden.
  • Die eingeschriebene Postsendung der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt mit Abholfrist bis zum 28.11.2018 ist rechtlich unbeachtlich.
  • Die Zustellfiktion gelangte hier nicht zur Anwendung.

Quelle

BGer 6B_674/2019 vom 19.09.2019

Art. 85 StPO   Form der Mitteilungen und der Zustellung

1 Die Strafbehörden bedienen sich für ihre Mitteilungen der Schriftform, soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.

2 Die Zustellung erfolgt durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung, insbesondere durch die Polizei.

3 Sie ist erfolgt, wenn die Sendung von der Adressatin oder dem Adressaten oder von einer angestellten oder im gleichen Haushalt lebenden, mindestens 16 Jahre alten Person entgegengenommen wurde. Vorbehalten bleiben Anweisungen der Strafbehörden, eine Mitteilung der Adressatin oder dem Adressaten persönlich zuzustellen.

4 Sie gilt zudem als erfolgt:

  1. bei einer eingeschriebenen Postsendung, die nicht abgeholt worden ist: am siebten Tag nach dem erfolglosen Zustellungsversuch, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste;
  2. bei persönlicher Zustellung, wenn die Adressatin oder der Adressat die Annahme verweigert und dies von der Überbringerin oder dem Überbringer festgehalten wird: am Tag der Weigerung.

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