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Zivilprozessrecht

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Streitobjekt-Veräusserung und Parteiwechsel im Prozess

Datum:
14.05.2020
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Zivilprozessrecht
Stichworte:
Handänderung, Parteiwechsel, Prozess
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

ZPO 83

Einleitung

Bekanntlich gibt der „Parteiwechsel ohne die Zustimmung der Gegenpartei“ in der Praxis oft Diskussionsanlass.

Das Bundesgericht hatte in BGer 5A_353/2019 nun die Gelegenheit, sich mit den massgebenden Regeln auseinanderzusetzen.

Der vorliegende Streitfall wird zum Anlass genommen, die Parteiwechselfolgen für beide Parteiseiten, d.h. für den Wechsel der Aktiv- als auch der Passivlegitimation, aufzuzeigen:

Sachverhalt + Prozess-History

„A.a. An der Liegenschaft «D.________» in U.________/SZ (Grundbuch Nr. xxx, Plan yyy besteht Stockwerkeigentum. A.________ (Beschwerdeführer) und B.________ (Beschwerdegegner 1) waren die Eigentümer von zwei nebeneinander gelegenen Stockwerkeigentumseinheiten. Nach Durchlaufen des Schlichtungsverfahrens – dieses hatte er am 27. April 2017 eingeleitet – reichte A.________ am 15. August 2017 beim Bezirksgericht March gegen B.________ Klage mit dem Begehren ein, es sei diesem unter Strafandrohung zu verbieten, den Balkon an der Ost-/Südostseite im ersten Obergeschoss ohne seine Zustimmung zu Nutzen oder Dritten die Nutzung zu ermöglichen.

Mit Klageantwort vom 14. Dezember 2017 schlossen B.________ sowie die C.________ AG (Beschwerdegegnerin 2) auf Klageabweisung. Gleichzeitig erklärte die C.________ AG, anstelle von B.________ in den Prozess eintreten zu wollen. Hintergrund dieses Antrags ist der Kauf der Stockwerkeigentumseinheit von B.________ durch die Gesellschaft am 1. Mai 2017. A.________ beantragte, den Parteiwechsel nicht zuzulassen.

A.b. Mit Beschluss vom 28. Mai 2018 nahm das Bezirksgericht vom Parteiwechsel Vormerk und ordnete an, es werde neu die C.________ AG als beklagte Partei geführt.

Die dagegen von A.________ beim Kantonsgericht Schwyz erhobene Beschwerde wies dieses mit Urteil vom 14. März 2019 (eröffnet am 21. März 2019) ab, soweit es darauf eintrat.“

Erwägungen

Bei Veräusserung des Streitobjekts kann gemäss ZPO 83 Abs. 4 der Parteiwechsel ohne Zustimmung der Gegenpartei erfolgen (siehe Box unten).

Gemeint ist dabei stets die Einzelrechtsnachfolge (sog. Singularsukzession) am Streitobjekt, sei es auf Seiten der klagenden, sei es – wie im konkreten Fall – auf Seiten der beklagten Partei.

Mit dem weit auszulegenden Begriff des Streitobjekts sind gemeint:

  • Sachen
  • Rechte
  • Rechtsbeziehungen, bei denen im Prozess die Sachlegitimation der Parteien durch die Beziehung zu ihnen bestimmt wird,
    • wie
      • eine eingeklagte Forderung
      • die Sache, an der geltend gemacht wird:
        • zB Eigentum
        • zB Besitz
        • zB beschränktes dingliches Recht
      • die Sache, deren Eigentum oder Besitz mit Verpflichtungen zu einem Tun oder Unterlassen verbunden wird.

Ein Parteiwechsel gemäss ZPO 83 Abs. 4 kann nur dann angenommen werden, wenn die Einzelrechtsnachfolge dazu führt, dass die Aktivlegitimation oder – wie hier – die Passivlegitimation der betroffenen Partei materiell-rechtlich vollständig dahinfällt.

Dem Kläger und Beschwerdeführer war auch vor Bundesgericht kein Erfolg beschieden.

Entscheid

  • Beschwerdeabweisung, soweit auf die Beschwerde eingetreten werden konnte
  • Gerichtskosten
  • Mitteilungen

Quelle

BGer 5A_353/2019 vom 19.12.2019

6. Kapitel: Parteiwechsel

Art. 83 ZPO

1 Wird das Streitobjekt während des Prozesses veräussert, so kann die Erwerberin oder der Erwerber an Stelle der veräussernden Partei in den Prozess eintreten.

2 Die eintretende Partei haftet für die gesamten Prozesskosten. Für die bis zum Parteiwechsel aufgelaufenen Prozesskosten haftet die ausscheidende Partei solidarisch mit.

3 In begründeten Fällen hat die eintretende Partei auf Verlangen der Gegenpartei für die Vollstreckung des Entscheides Sicherheit zu leisten.

4 Ohne Veräusserung des Streitobjekts ist ein Parteiwechsel nur mit Zustimmung der Gegenpartei zulässig; besondere gesetzliche Bestimmungen über die Rechtsnachfolge bleiben vorbehalten.

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