LAWNEWS

Arbeitsrecht / Sozialversicherung

QR Code

Kurzarbeit: Keine Covid-19-Kurzarbeitsentschädigung für ausländische Sexarbeiterinnen im Meldeverfahren

Datum:
25.06.2021
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Stichworte:
Kurzarbeit
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Für ausländische Sexarbeiterinnen, die als Mitarbeiterinnen in einem Club tätig und in der Schweiz im Meldeverfahren registriert wurden, besteht kein corona-bedingter Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung (KAE).

Das Bundesgericht (BGer) weist die Beschwerde der Betreiberin eines Sex-Clubs ab.

Sachverhalt

Wegen der bundesrätlichen Massnahmen gegen das Coronavirus blieb ein Sex-Club im Kanton Thurgau vom 17.03.2020 bis zum 05.06.2020 geschlossen. Die Club-Betreiberin hatte bereits im April 2020 beim Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Thurgau (AWA) eine „Kurzarbeit-Voranmeldung“ eingereicht; die Anmeldung betraf 30 Beschäftige für die Zeit der Schliessung des Betriebs.

Hystorie

  • AWA
    • Abweisung des Gesuch.
  • Verwaltungsgericht
    • Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau hob diesen Entscheid auf und wies die Sache zu neuen Abklärungen ans AWA zurück.
  • Bundesgericht
    • Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des AWA gut und bestätigt dessen Entscheid.

Erwägungen

  • Aufenthalt im Meldeverfahren
    • Im fraglichen Sex-Club werden die Sexarbeiterinnen für ihren Aufenthalt in der Schweiz im sog. Meldeverfahren angemeldet.
    • Das Meldeverfahren besteht für Angehörige von EU/EFTA-Staaten für eine maximal drei-monatige Tätigkeit in der Schweiz.
  • Kurzaufenthaltsbewilligung
    • Nach Ablauf der 90 Tage können sie gemäss der Club-Betreiberin für längstens einen Monat noch eine Kurzaufenthaltsbewilligung beantragen.
  • Rechtsverhältnis zwischen Club-Betreiberin und Sex-Arbeiterinnen
    • Zwischen der Club-Betreiberin und den Sexarbeiterinnen bestand kein eigentlicher Arbeitsvertrag, da diese selber entscheiden konnten über
      • Ort der Dienstleistungserbringung
      • Art der Dienstleistung
      • Umfang der sexuellen Dienstleistung.
  • Qualifikation des Beschäftigungsverhältnisses
    • Hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses ist von einer Arbeitsleistung auszugehen, die quasi auf Abruf des Kunden erbracht wird.
  • KAE-Erleichterungs-Einführung
    • Der BR hatte in der Verordnung über Massnahmen im Bereich der Arbeitslosenversicherung im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung) Erleichterungen in Bezug auf die Kurzarbeit eingeführt.
    • Bei Arbeitnehmerinnen auf Abruf setzt der Anspruch auf KAE u.a. voraus, dass sie seit mindestens 6 Monaten in dem Unternehmen arbeiten, das Kurzarbeit anmeldet.
    • Der massgebende Arbeitsausfall wird sodann auf Basis der letzten 6 oder 12 Monate berechnet.
  • Maximale Aufenthaltsdauer für Sexarbeiterinnen
    • Weil Sexarbeiterinnen insgesamt maximal 4 Monate pro Jahr in der Schweiz bleiben dürfen, waren die Anforderungen der Covid-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung nicht erfüllt.
    • Zudem bezweckt die KAE gemäss der betreffenden Verordnung nicht die Deckung von Umsatzeinbussen des Betriebs, sondern den Erhalt von Arbeitsplätzen.
  • Fazit
    • Da die Sexarbeiterinnen direkt von den Kunden bezahlt wurden und die Club-Betreiberin ihnen keinen Lohn schulde, käme die KAE somit einzig dem Betrieb zugute, was nicht dem Zweck der bundesrätlichen Massnahme entspreche.

Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts

vom 20.05.2021

BGer 8C_17/2021

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

Vorbehalt / Disclaimer

Diese allgemeine Information erfolgt ohne jede Gewähr und ersetzt eine Individualberatung im konkreten Einzelfall nicht. Jede Handlung, die der Leser bzw. Nutzer aufgrund der vorstehenden allgemeinen Information vornimmt, geschieht von ihm ausschliesslich in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko.

Urheber- und Verlagsrechte

Alle in dieser Web-Information veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheide und Leitsätze, soweit sie von den Autoren oder den Redaktoren erarbeitet oder redigiert worden sind. Der Rechtschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Web-Information darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – sämtliche technische und digitale Verfahren – reproduziert werden.