LAWNEWS

Mietrecht / Miete / Mietvertrag / Mietrecht / Strafrecht

QR Code

Mieterausweisung: Strafantrag infolge Hausfriedensbruchs kein Räumungsmittel

Datum:
19.08.2021
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Mietrecht / Miete / Mietvertrag
Stichworte:
Mieterausweisung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

StGB 186; StGB 30 Abs. 1

Im konkreten Fall 6B_20/2020 bzw. 6B_21/2020 ging es um die Frage, ob der Vermieter mit einer Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs auch das Ziel der Mietobjekt-Räumung erreichen kann.

In seinen Erwägungen hat das Bundesgericht (BGer) zusammengefasst herauskristallisiert:

  • Strafantragsberechtigung
    • Der Eigentümer einer Mietsache ist gegenüber Personen ohne durch ein Mietverhältnis gedecktes Gebrauchsrecht strafantragsberechtigt.
    • Weil eben das Mietverhältnis zum ehemaligen Mieter beendet ist, kann sich der frühere Vermieter als Eigentümer auf ein dingliches Recht stützen, welches als absolutes Recht gegenüber jedermann wirkt (vgl. ZGB 641).
  • Einschränkung
    • Der Tatbestand des Hausfriedensbruchs soll laut BGer lediglich die Durchsetzung der zivilrechtlichen Ansprüche eines Vermieters nicht erleichtern.
  • Drittpersonen im Fokus
    • Gegenüber Drittpersonen stehen dem geschädigten Vermieter vertragliche Ansprüche nicht zur Verfügung, weshalb es ihm auf diese bezogen unbenommen bleibt, nach Beendigung des Mietverhältnisses und bei fehlender Räumung der Mietsache durch den früheren Mieter – welcher die Mietsache physisch bereits verlassen hat – gegenüber dem Dritten auf die Strafbestimmung nach StGB 186 zurückzugreifen.
  • Voraussetzung
    • Dies gilt unabhängig davon, ob die geschützten und zuvor vermieteten Räume mit der Beendigung des Mietverhältnisses auch tatsächlich geräumt wurden.
  • Subsidiarität der Strafanzeige
    • Der Grundsatz der Subsidiarität des Strafrechts gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung findet
      • einzig im Verhältnis zwischen Vermietern und deren aktuellen oder früheren Mietern Anwendung;
      • gegenüber Dritten ohne ein vom originären Mietverhältnis gedecktes Gebrauchsrecht keine Anwendung;
    • Diese Praxis gilt unabhängig davon, ob die geschützten Räume nach einem beendeten Mietverhältnis geräumt wurden oder nicht.
  • Im konkreten, zu beurteilenden Fall
    • Im Ergebnis war die C. AG als Eigentümerin berechtigt, Strafantrag gegen die Beschwerdeführer wegen Hausfriedensbruchs bezüglich jener Räume zu stellen, welche diese dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt zufolge bis zum 31. Dezember 2017 der D. GmbH vermietet hatte und Letztere trotz Beendigung des Mietverhältnisses zum Tatzeitpunkt am 12. Februar 2018 weiterhin nutzte.

Quelle

BGer 6B_20/2020 + 6B_21/2020 vom 31.08.2020 = BGE 146 IV 320 ff.

Hausfriedensbruch

Art. 186 StGB

Wer gegen den Willen des Berechtigten in ein Haus, in eine Woh­nung, in einen abgeschlossenen Raum eines Hauses oder in einen un­mittel­bar zu einem Hause ge­hörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig eindringt oder, trotz der Auf­forderung eines Berechtigten, sich zu entfernen, darin verweilt, wird, auf Antrag, mit Frei­heitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

8. Strafantrag.

Antragsrecht

Art. 30 StGB

1 Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann jede Person, die durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen.

2 Ist die verletzte Person handlungsunfähig, so ist ihr gesetzlicher Vertreter zum Antrag berechtigt. Steht sie unter Vormundschaft oder unter umfassender Beistandschaft, so steht das Antragsrecht auch der Erwachsenenschutzbehörde zu.20

3 Ist die verletzte Person minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so ist auch sie zum Antrag berechtigt, wenn sie urteilsfähig ist.21

4 Stirbt die verletzte Person, ohne dass sie den Strafantrag gestellt oder auf den Strafantrag ausdrücklich verzichtet hat, so steht das Antragsrecht jedem Angehörigen zu.

5 Hat eine antragsberechtigte Person ausdrücklich auf den Antrag verzichtet, so ist ihr Verzicht endgültig.

20 Fassung des zweiten Satzes gemäss Anhang Ziff. 14 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwach­senenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 2006 7001).

21 Fassung gemäss Anhang Ziff. 14 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Perso­nen­recht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 2006 7001).

Vorbehalt / Disclaimer

Diese allgemeine Information erfolgt ohne jede Gewähr und ersetzt eine Individualberatung im konkreten Einzelfall nicht. Jede Handlung, die der Leser bzw. Nutzer aufgrund der vorstehenden allgemeinen Information vornimmt, geschieht von ihm ausschliesslich in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko.

Urheber- und Verlagsrechte

Alle in dieser Web-Information veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für die veröffentlichten Gerichtsentscheide und Leitsätze, soweit sie von den Autoren oder den Redaktoren erarbeitet oder redigiert worden sind. Der Rechtschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Web-Information darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – sämtliche technische und digitale Verfahren – reproduziert werden.