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Kostenvorschuss von mittelloser Klientschaft zu verlangen, verletzt Berufsregeln

Datum:
18.02.2022
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Anwälte / Mediatoren
Stichworte:
unentgeltliche Rechtspflege
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

BGFA 12 lit. g

Das Bundesgericht (BGer) kam im Falle 2C_250/2021 zum Ergebnis, dass ein Rechtsanwalt, der sich von einer mittellosen Klientschaft Kostenvorschüsse bezahlen lasse, die Berufsregeln verletze (BGFA 12 lit. g).

Das beanstandete Verhalten widerspreche dem Schutzzweck der unentgeltlichen Rechtspflege, einer mittellosen Person das Prozessieren ohne Eingriff in ihren notwendigen Lebensunterhalt zu ermöglichen.

Es zähle zu den Berufspflichten des Rechtsanwalts, die Chancen eines Prozesses sorgfältig zu beurteilen, weshalb es ihm zuzumuten sei, das mit der Einreichung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege verbundene Risiko zu tragen.

Letzteres werde nicht zuletzt dadurch eingegrenzt, dass es den Behörden obliege, solche Gesuche zügig zu behandeln, damit der Anwalt davor bewahrt werde, eine grosse Anzahl von Handlungen vornehmen zu müssen, ohne schliesslich weder von seinem Klienten noch vom Staat entschädigt zu werden.

BGer 2C_250/2021 vom 03.11.2021

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

Art. 12 BGA Berufsregeln

Für Anwältinnen und Anwälte gelten folgende Berufsregeln:

  1. Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.
  2. Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verant­wortung aus.
  3. Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.
  4. Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.
  5. Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu ver­pflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das Honorar zu verzichten.
  6. 12 Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzu­schliessen; die Versicherungssumme muss mindestens eine Million Franken pro Jahr betragen; anstelle der Haftpflichtversicherung können andere, gleichwertige Sicherheiten erbracht werden.
  7. Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind, amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechts­pflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.
  8. Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem eigenen Vermögen auf.
  9. Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grund­sätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.
  10. Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Register mit.

12 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 23. Juni 2006, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4399BBl 2005 6621).

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