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Markenrecht

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BVGer: Entscheid VALSER (fig.) vs. Valser Bier – Das Original Bernstein Oberbräu

Datum:
09.05.2022
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Markenrecht
Stichworte:
Bier, figürliche Marke, Mineralwasser
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Bildquelle: Daehnicke – eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, wikimedia commons

Einleitung

Im Widerspruchsverfahren wurde eine Verwechslungsgefahr geltend gemacht zwischen

  • der für Mineralwässer aus Vals als durchgesetzt eingetragenen Marke VALSER (fig.) und
  • der für Schweizer Biere eingetragenen Marke «Valser Bier – Das Original Bern­stein Oberbräu».

Parteien

Valser Trading GmbH (Beschwerdeführerin) vs. A._______ + Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum IGE (Beschwerdegegner)

Sachverhalt

«A.

Am 27. März 2020 wurde in Swissreg die angefochtene Marke CH 744’975 «Valser Bier – Das Original Bernstein Oberbräu» veröffentlicht. Sie ist für folgende Waren eingetragen:

Klasse 32: Biere schweizerischer Herkunft

B.

Gegen diese Eintragung erhob die Beschwerdeführerin Widerspruch und beantragte den vollständigen Widerruf der angefochtenen Marke. Sie beruft sich dabei auf die Schweizer Marke CH 689’694 «Valser (fig.)» mit folgendem Aussehen:

Diese Widerspruchsmarke ist für folgende Waren hinterlegt:

Klasse 32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer (Getränke); alle vorgenannten Waren aus Vals (Graubünden).»

History

Mit Entscheid vom 7. Dezember 2020 wies die Vorinstanz den Widerspruch ab.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass

  • die Waren gleichartig seien und
  • auch eine Übereinstimmung der Zeichen im Element «Valser» bestehe, was zu einer Zeichenähnlichkeit führe.

Das Zeichenelement «Valser» sei zwar grundsätzlich gemeinfrei,

  • allerdings habe es sich für die beanspruchten Waren Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer (Getränke);
  • alle vorgenannten Waren aus Vals (Graubünden) als Marke durchgesetzt.

Die Vorinstanz argumentiert weiter, dass

  • sich diese Markendurchsetzung hingegen nicht auf andere Waren als die genannten beziehen könne.
  • das Zeichenelement «Valser» demnach für Biere schweizerischer Herkunft, wie sie von der angefochtenen Marke beansprucht werden, nicht durchgesetzt habe und gemeinfrei sei.
  • sich der Schutzbereich der Widerspruchsmarke nicht auf das Zeichenelement «Valser» für Biere schweizerischer Herkunft erstrecke.
    • Daraus folgerte die Vorinstanz, dass die Zeichen nur in einem Element übereinstimmten, welches ein nicht schutzfähiger Markenbestandteil sei.

Die Beschwerdeführerin erhob Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer), mit dem Antrag, es sei der Entscheid der Vorinstanz vom 7. Dezember 2020 aufzuheben, der Widerspruch sei vollumfänglich gutzuheissen und die Vorinstanz sei anzuweisen, die Eintragung der Marke CH 744’975 «Valser Bier – Das Original Bernstein Oberbräu» zu widerrufen. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten des Beschwerdegegners.

Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass

  • die Warengleichartigkeit gegeben sei;
  • die Zeichenähnlichkeit durch die Verwendung des Wortes «Valser» am Anfang der angefochtenen Marke ebenfalls vorliege,
    • da dies eine vollständige Übernahme der Widerspruchsmarke darstelle. Sie widerspricht weiter der vorinstanzlichen Einschätzung,
    • wonach andere Waren als die von der Widerspruchsmarke beanspruchten dem Gemeingut zuzurechnen seien.
  • Vielmehr habe die Widerspruchsmarke durch den intensiven Gebrauch sogar eine starke Kennzeichnungskraft, was nicht einfach so ausser Acht gelassen werden könne.
  • Da die Beschwerdeführerin zudem weitere Marken mit dem Zeichenelement «Valser» registriert habe, sei insgesamt zumindest von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr auszugehen.

Erwägungen des BVGer

«Die Widerspruchsmarke «Valser (fig.)» ist für die erwähnten Waren als durchgesetzte Marke im Markenregister eingetragen. Das heisst, die Bezeichnung «Valser» stand ursprünglich im Gemeingut, durch den intensiven und weit verbreiteten Gebrauch als Bezeichnung für Mineralwasser, wandelte sich «Valser» allerdings zu einer Angabe über die betriebliche Herkunft ebendieses Mineralwassers und konnte als Marke eingetragen werden. Die Vorinstanz argumentiert in ihrem Entscheid diesbezüglich, dass sich die Bezeichnung «Valser» ausschliesslich für Mineralwasser durchgesetzt habe und die Bezeichnung «Valser» für andere Waren nach wie vor im Gemeingut stehe. Gemäss Vorinstanz betrifft diese Feststellung auch Waren, welche markenrechtlich gleichartig mit Mineralwasser sind.» (Erw. 6.1)

Durchgesetzte und nicht durchgesetzte Marken haben Anspruch auf den Schutz gegenüber verwechselbar ähnlichen Marken, die gleichartige Waren oder Dienstleistun­gen beanspruchen:

  • «Eine Eingrenzung auf einen Schutz nur gegen identische Waren bei Marken, welche sich im Verkehr durchgesetzt haben, wäre mit dem Wortlaut von MSchG 3 I c nicht vereinbar.» (Erw. 6.2)
  • Die von der Vorinstanz IGE vertretene Ansicht, wonach sich die Widerspruchsmarke VALSER (fig.) ausschliesslich für Mineralwässer durchgesetzt habe und für andere – auch gleichartige – Waren weiterhin im Gemeingut stünden und folg­lich im Widerspruchsverfahren nicht gegen gleichartige Wa­ren beanspruchende Drittmarken angerufen werden könnten, ist laut BVGer nicht vereinbar,
    • weder mit MSchG 3
    • noch mit der bestehenden Bundesgerichtspraxis (BGE 128 III 441).

Das BVGer ging mit der Vorinstanz IGE insoweit einig, als

  • «Ortsbezeich­nungen, welche zufolge Verkehrsdurchsetzung als Marke eingetragen wurden, auch Konkurrenzunternehmen zur Ver­fügung stehen sollen. Diese Konkurrenzunternehmen haben aber für eine genügende Unterscheidbarkeit gegenüber der prioritätsälteren Marke zu sorgen»,

was hier laut BVGer nicht der Fall sei:

  • «Insgesamt unterscheiden sich die beiden Marken (…) nur in geringem Masse. Zudem bezieht sich das Element ‹Ober­bräu›, welches noch am ehesten eine Unterscheidung zwi­schen den Zeichen bewirken könnte, auf die Ware Bier, wel­che gleichartig mit den beanspruchten Waren der Wider­spruchsmarke ist.“ (Erw. 7)

Nach einer Detailanalyse kam das BVGer zum Schluss, dass eine Verwechslungsgefahr nicht auszuschliessen und die angefochtene Marke daher aus dem Markenregister zu löschen sei.

Die Beschwerde sei somit gutzuheissen.

Entscheid des BVGer

  1. «Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Ziffern 1 und 3 der Verfügung vom 7. Dezember 2020 werden aufgehoben. Die Vorinstanz wird angewiesen, die Schweizer Marke CH 744’975 «Valser Bier – Das Original Bernstein Oberbräu (fig.)» für die Ware Biere schweizerischer Herkunft der Klasse 32 aus dem Markenregister zu löschen.
  2. Die Verfahrenskosten von Fr. 4’500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt und sind innert 30 Tagen nach Versand dieses Urteils zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
  3. Der Beschwerdeführerin wird der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 4’500.- aus der Gerichtskasse zurückerstattet.
  4. Der Beschwerdegegner hat der Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 4’200.- und für das vorinstanzliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2’000.- zu entrichten.
  5. Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführerin, den Beschwerdegegner und die Vorinstanz.»

Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht

B-361/2021 vom 17.02.2022

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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