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Strafrecht: Bedingte Geldstrafe abschaffen

Datum:
13.10.2011
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Strafrecht
Stichworte:
Strafgesetzbuch, Strafrecht
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Artikel zuletzt aktualisiert am 10. April 2012

Die bedingte Geldstrafen soll abgeschafft, die kurze Freiheitsstrafe wieder eingeführt werden: Der Bundesrat hat am 4. April 2012 eine Botschaft zur entsprechenden Revision des Strafgesetzbuches verabschiedet.

In der Vernehmlassung seien die Vorschläge des Bundesrates im Zusammenhang mit der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches auf breite Zustimmung gestossen. Der Bundesrat hatte verschiedene Änderungen vorgeschlagen, «um die Akzeptanz und das Vertrauen in das Strafrecht wieder herzustellen». Für den Vertrauensverlust sei in erster Linie die bedingte Geldstrafe verantwortlich, die 2007 erst eingeführt wurde: Wie das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement schreibt, würde diese Massnahme vor allem von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten kritisiert und von Verurteilten teilweise nicht als Bestrafung wahrgenommen. Das Strafrecht sei jedoch nur glaubwürdig und effektive, solange die Bevölkerung an die Wirksamkeit der Strafen glaube.

Abschaffung der bedingten Geldstrafe

Daher soll nun die bedingte Geldstrafe, welche kaum abschreckend wirke, abgeschafft und die kurze Freiheitsstrafe wieder eingeführt werden: Diese soll für Täter auch eine Chance zur Neuorientierung sei, indem sie «negative Entwicklungen unterbreche». Ausserdem wird betont, dass eine Freiheitsstrafe ausschliesslich den Täter treffe, während bei einer Geldstrafe auch die Familie eines Täters unter finanziellen Einbussen leiden könne. Der Bundesrat verweist auch darauf, dass sich gerade bei der Kombination mit einer ambulanten Massnahme wie z.B. in einem Suchtprogramm bei Wiederholungstätern durch die (bedingte) Haftstrafe ein Druck erzeugen lasse, die entsprechende Massnahme auch abzuschliessen.

Die erneute Revision des Strafgesetzbuches stösst jedoch auch auf Kritik: Wie der TagesAnzeiger berichtet, bezeichnete der SP-Nationalrat Carlo Sommaruga die Vorlage als «strafrechtlichen Populismus» und kritisierte, dass nun das Strafrecht wieder geändert werden soll, bevor die Wirkungen der Revision aus dem Jahr 2007 bekannt seien. Auch der Freiburger Rechtsprofessor Marcel Niggli bezeichnete die Gegenrevision im TagesAnzeiger als «abstrus». Bis zur Revision 2007 sei 25 Jahre lang auf die Einführung der bedingten Geldstrafe hingearbeitet worden. Durch diese erneute Reform würde das Strafrecht verkompliziert und aufgebläht.

Electric Monitoring und gemeinnützige Arbeit

Da davon ausgegangen wird, dass nach der erneuten Revision des Strafrechts wieder mehr Täter kurze Freiheitsstrafen absitzen müssen, soll die elektronische Fussfessel als Alternative zum Vollzug in einer Strafanstalt eingeführt werden: Für Freiheitsstrafen zwischen 20 Tagen und zwölf Monaten soll die elektronische Fussfessel den Vollzug ausserhalb eines Gefängnisses ermöglichen. Sog. «Electronic Monitoring» wurde bisher in sieben Kantonen versuchsweise eingesetzt; im revidierten Strafrecht würde es gesetzlich verankert. Dies wurde von der Mehrheit der Parteien und Kantone begrüsst, ebenso wie der Vorschlag des Bundesrates, zur Vereinfachung des Verfahrens die gemeinnützige Arbeit wieder als Vollzugsform auszugestalten, und nicht mehr als eigenständige Strafe. Damit wären in Zukunft nicht mehr die Gerichte, sondern die Strafvollzugsbehörden für die Anordnung von gemeinnütziger Arbeit zuständig.

Landesverweisung

Zudem möchte der Bundesrat die Landesverweisung im Strafurteil wieder einführen. Damit soll sichergestellt werden, dass bei der Entlassung eines Verurteilten aus dem Vollzug der aufenthaltsrechtliche Status geregelt ist, und er gegebenenfalls sofort nach der Entlassung ausgewiesen werden kann. Da die strafrechtliche Landesverweisung in einem öffentlichen Gerichtsverfahren ausgesprochen werde, würde sie zudem stärker präventiv wirken als eine administrativ verfügte Ausweisung.

Gutachten vor Entlassung aus stationärem Vollzug

Der Bundesrat reagiert mit der Revision des Strafrechts auch auf den Mord an einem Au-Pair-Mädchen im Kanton Aargau im März 2009: So müssten die zuständigen Behörden in Zukunft zwingend ein Gutachten einholen und eine Fachkommission anhören, bevor ein Täter aus einer stationären Massnahme entlassen werden kann. Im entsprechenden Fall war der Täter ein halbes Jahr vor dem Tötungsdelikt aus einer Arbeitserziehungsanstalt entlassen worden. Wie der Bundesrat schreibt, soll dadurch eine bestehende Unsicherheit beseitigt und eine einheitliche Rechtsanwendung garantiert werden.

Jugendstrafgesetz

Neu soll auch die Altersgrenze im Jugendstrafrecht für die Entlassung aus einer Massnahme von 22 auf 25 Jahre angehoben werden. Dies soll verhindern, dass verurteilte Jugendliche und junge Erwachsene aus dem Massnahmenvollzug entlassen werden müssen, ohne dass ihnen wichtige Grundlagen vermittelt werden konnten: So soll es mit der Erhöhung der Altersgrenze auf 25 Jahre möglich sein, dass verurteilte Jugendliche im Rahmen einer Massnahme eine Berufsausbildung abschliessen können.

Andere Vorschläge des Bundesrates dagegen wurden in der Vernehmlassung deutlich abgelehnt; auf diese hat der Bundesrat bei der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs daher verzichtet:

  • Die Kombination einer bedingten Freiheitsstrafe mit einer unbedingten Geldstrafe oder Busse soll auch weiterhin möglich sein, da diese Verbindungsstrafe eine «Denkzettelfunktion» innehabe.
  • Die Grenze für den teilbedingten Vollzug einer Freiheitsstrafe soll bei drei Jahren belassen werden; der Bundesrat hatte eine Herabsetzung auf zwei Jahre vorgeschlagen.
  • Ebenfalls abgelehnt wurde der Vorschlag des Bundesrates, Freiheitsstrafen auch tageweise vollziehen zu können: Die Mehrheit sah in der Vernehmlassung für diese Massnahme kein Bedürfnis in der Praxis.

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