Hat die 10/16-Regel im neuen Kindesunterhaltsrecht ausgedient?
Das neue Kindesunterhaltsrecht tritt am 01.01.2017 in Kraft. Dabei muss neuerdings der unterhaltspflichtige Elternteil zusätzlich zum regulären Kindesunterhalt den unterhaltsberechtigten Elternteil mit einem Betreuungsunterhalt für das zu betreuende Kind entschädigen. Dieser Unterhaltsbeitrag dient der Gewährleistung der Betreuung des Kindes durch die Eltern oder durch Dritte.
Die 10/16-Regel
In diesem Zusammenhang wurde in der Schweiz oft auf die 10/16-Regel des Bundesgerichts zurückgegriffen, um den Betreuungsunterhalt zu bestimmen. Gemäss dieser Regel muss derjenige Elternteil, der eines oder mehr Kinder unter 10 Jahren betreut, keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Sobald das jüngste Kind 10 Jahre alt ist, wird eine Teilzeitarbeit von 50 % zugemutet. Bei der Betreuung von mehreren Kindern kann dieser Prozentsatz sinken. Nachdem die betreuten Kinder das 16. Lebensjahr vollendet haben, ist für den betreuenden Elternteil eine Vollzeitstelle zumutbar. Das Modell der Eigenbetreuung wird durch diese Regelung gefördert, ist aber oft nur für finanziell bessergestellte Eltern anwendbar.
Auswirkungen für Patchwork-Familien
Das Modell der Eigenbetreuung gemäss der 10/16-Regel hat aber auch einen wesentlichen Nachteil, insbesondere für Zweitfamilien. Da das Kind und nicht der betreuende Elternteil anspruchsberechtigt ist, bleibt der Anspruch bei einer Wiederverheiratung des Unterhaltsgläubigers bestehen. Für eine neue Partnerschaft oder Ehe sowie v.a. für Kinder bleibt häufig nicht mehr genügend Geld übrig. Zudem besteht in Zweitfamilien für den hauptsächlich betreuenden Elternteil kein Recht auf Eigenbetreuung, da die neue Ehefrau bereits Kenntnis von der Unterhaltspflicht des neuen Ehegatten hat. Somit muss die neue Ehefrau möglicherweise eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder eine bestehende Anstellung ausdehnen, auch wenn die zu betreuenden Kinder das 10. Lebensjahr noch nicht erreicht haben.
Fazit
Die 10/16-Regel ist nicht mehr zeitgemäss. Es bestehen heute viele professionelle Angebote für die Drittbetreuung von Kindern. Zudem ist die Altersgrenze sehr hoch angesetzt. Dies macht sich insbesondere bei der Wiedereingliederung in die Arbeitswelt für den betreuenden Elternteil bemerkbar. Für finanziell schlechter gestellte Eltern ist oft eine Erwerbstätigkeit ohnehin nötig, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können.
Quelle
- Gabathuler Thomas, Unterhaltsrecht: Kinderbetreuung in plädoyer 5/16, S. 32–37