In den letzten zehn Jahren hat sich der Ablauf einer Hotelbuchung radikal verändert. Als Buchungsplattformen wie Booking.com erstmals auf den Markt kamen, wurden diese von den Hoteliers belächelt und als nicht notwendig betrachtet. Heute besitzen sie das Monopol in der digitalen Welt der Hotelbuchungen. Um heutzutage im Markt bestehen zu können, müssen Hoteliers zwangsläufig Teil einer Online-Buchungsplattform sein und versklaven sich somit der Bestpreisgarantie. Der Ständerat stimmte dem Verbot von Preisparitätsklauseln bereits zu. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N) hat ebenfalls für das Verbot votiert. Law-News berichtete bereits dazu: Wettbewerbsrecht – Verbot von Preisparitätsklauseln bei Hotel Onlineplattformen. Ob den Knebelverträgen in der Schweiz nun auf gesetzlicher Ebene Einhalt geboten werden soll, entscheidet sich voraussichtlich am 18. September 2017 im Nationalrat.
Google ist für viele heutzutage der erste Schritt, um ein Hotel zu buchen. Jede fünfte Buchung in der Schweiz wird online getätigt. Bei der Stichwortsuche nach Unterkünften in der gewünschten Destination erscheint als erstes Booking.com als Marktführerin aller Online-Plattformen von Hotelübernachtungen. Generell verweisen 80 Prozent aller Suchanfragen auf eine Buchungsplattform, auf welchen dann auch fast alle Buchungen tatsächlich abgeschlossen werden. Dieser revolutionäre Umbruch des Buchungswegs hätte die Hotelleriebranche noch vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten. Als Buchungsplattformen wie Booking.com oder Expedia in den 2000er-Jahren auf den Markt kamen, trafen diese den Nerv der Zeit und erfreuten sich rascher Beliebtheit. Gemäss einer aktuellen Publikation von Hotelleriesuisse ist ihr Marktanteil in der Schweiz seit 2002 auf 27 Prozent gewachsen, was mehr als eine Verzehnfachung ist. Die Konkurrenz durch die Buchungsplattformen wurde jedoch von den Hoteliers zu lange unterschätzt, was schlussendlich dazu führte, dass die internationalen Buchungsplattformen den Markt stetig dominierten und die Hoteliers in deren Abhängigkeit gerieten. Direktbuchungen machen in der Schweiz mit fast 60 Prozent zwar immer noch den grössten Teil aus, die Tendenz ist jedoch abnehmend.
Die Strategie von Booking.com und co.
Die Buchungsplattform Booking.com verpflichtet die Hoteliers zu strengen Teilnahmebedingungen, welche als sogenannte Knebelverträge angesehen werden. Unter anderem ist es den Hoteliers verboten, auf ihrer eigenen Webseite die Zimmerpreise günstiger als auf der Buchungsplattform anzubieten, was ihnen die Bestpreisgarantie zusichert. Weiter dürfen die Hoteliers ihre letzten verfügbaren Zimmer nicht für die eigenen Verkaufskanäle aufsparen, sondern müssen diese der Buchungsplattform abtreten. Die Wettbewerbskommission verbot im Jahr 2015 eine weitere Regelung, die untersagte, dass die Hotelpartner bei keiner rivalisierenden Buchungsplattform günstigere Tarife anbieten dürfen.
Im Jahr 2016 wurde Booking.com wegen ihrer starken Marktstellung und wegen Klagen aus der Schweizer Hotelbranche vom Preisüberwacher unter die Lupe genommen. Wegen Verdachts auf unlauteren Wettbewerb wird seither untersucht, ob durch die potenziell marktbeherrschende Stellung von Booking.com gegenüber den Hotels unangemessene Kommissionen verrechnet werden.
In der Regel verdient Booking.com bis zu 25 Prozent an jeder Buchung. Die Schweizer Hotels zahlen im Durchschnitt eine Gebühr von bis zu 13 Prozent des vermittelten Umsatzes. Laut eigenen Angaben gibt Booking.com rund die Hälfte ihrer Einnahmen für Werbung bei Suchmaschinen wie Google aus, was sie an der Spitze auf jeder Suchanfrage hält. Die zu bezahlenden Kommissionen sind jedoch für viele Hoteliers teuer. Sie können aber trotzdem nicht auf ihre Platzierung auf der Buchungsplattform verzichten, was zu einem finanziellen Teufelskreis führt.
Direkter Kontakt lohnt sich
Da den Hoteliers wegen der Bestpreisgarantie der Buchungsplattformen die Hände gebunden sind, ihre Zimmer selber günstiger anzubieten, startete das Magazin Beobachter im Frühjahr letzten Jahres einen Versuch. Dieser bestand darin, die Hotels direkt für die Buchung zu kontaktieren und für dasselbe Angebot weniger als den auf der Buchungsplattform kommunizierten Preis zu bezahlen. Das Resultat war, dass jedes zweite, zufällig ausgewählte Hotel bereit war, den Preis von Booking.com um bis zu 10 bis 20 Prozent zu senken. Die Hoteliers sind bereit, diesen Deal einzugehen, da sie Provisionen in der Höhe von 15 bis 25 Prozent bei jeder Buchung an Booking.com zahlen müssen. Somit können Hotels die Provision bei einer Direktbuchung dem Gast als Rabatt weitergeben.
Internationale Handhabung der Bestpreisgarantie
Im Vergleich zu anderen Ländern in Europa wie Italien, Frankreich oder Österreich, wo die Bestpreisgarantie für die Buchungsplattformen verboten ist, befinden sich Schweizer Hoteliers in deren Falle. Die Bestpreisgarantie ist von den Wettbewerbshütern in der Schweiz erlaubt und wurde erst gerade vom Bundesgericht erneut bestätigt (siehe Kasten).
Politiker in der Schweiz kamen jedoch zum Schluss, dass dieser Art von Knebelverträgen
Vorbild ihrer Nachbarn per Gesetz Einhalt geboten werden müsse. Der Ständerat hat dazu im März dieses Jahres eine entsprechende Motion angenommen und auch im Nationalrat hat der Vorstoss gute Chancen, an der kommenden Session am 18. September 2017 durchzukommen. Aus wirtschaftlicher Sicht wäre ein Gesetz gegen die Preisparitätsklausel zwiespältig, da dieses sich vehement in den Wettbewerb einmischen würde. Jedoch ist es von allgemeinem Interesse, dass es der Schweizer Tourismusbranche wirtschaftlich gut geht, da diese in Abhängigkeit von der Frankenstärke ist. Der Bundesrat lehnt die Annahme der Motion ab. Falls diese jedoch vom Nationalrat angenommen würde, bekäme der Bundesrat den Auftrag, die Motion in den kommenden zwei Jahren umzusetzen.
Der Schweizer Lösungsansatz
Booking.com rechtfertigt die Vertragsbedingungen mit der Prävention gegen Trittbrettfahrer. Diese würden sich auf der Buchungsplattform repräsentieren lassen, aber die finale Buchung dann eigenständig und ohne die Zahlung von Kommissionen über die eigenen Kanäle abschliessen. Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass die oben erwähnten Vertragsklauseln den Wettbewerb beeinflussen würden, jedoch aber auch die Wirkungskraft des Markts durch die Verringerung von Trittbrettfahrern steigern könnte.
Ein Ausweg aus dem Teufelskreis sollen die Schweizer Buchungsplattformen Swisshotels.com, Myswitzerland.com, SBB.ch oder Ticino.ch sein. Sie haben sich zum Ziel genommen, die Schweiz als Tourismusort in der ganzen Welt zu vertreten und dabei im Vergleich zu den internationalen Buchungsplattformen nur 10 Prozent Kommissionen zu verlangen. Auf den grossen Durchbruch warten die helvetischen Plattformen noch. Sie müssten die Schweizer Hotelzimmer günstiger anbieten können als die internationale Konkurrenz – und dafür bräuchte es zuerst ein Gesetz, dass die Bestpreisgarantie verbieten würde.
Bundesgerichtsentscheid vom 12. April 2016
Hätte das Bundesgericht den Entscheid des Handelsgerichts Aargau vom 12. April 2016 unterstützt, hätte dies auch indirekte Folgen für die Online-Buchungsplattformen gehabt. Diese werben alle mit den „Best Price“-Slogans.
Am 24. August 2015 hiess das Handelsgericht Aargau die Klage gegen Superlativwerbung einer Bauunternehmung teilweise gut. Die Widerklage des angeklagten Unternehmens wurde abgewiesen, woraufhin Beschwerde an das Schweizerische Bundesgericht erhoben wurde.
Die Superlativwerbung betrifft im erwähnten Fall unlautere Preisangaben. Unter Superlativwerbung werden Slogans wie „Tiefstpreisgarantie“, „Best Price“ oder „garantierter Dauertiefstpreis“ verstanden. Die Klage spricht nun das nicht Einhalten der Superlativ- oder Alleinstellungswerbung an. Denn Preisangaben müssen immer wahr sein.
Unter dem Ausdruck „Tiefstpreisgarantie“ wird spontan verstanden, dass allgemein der tiefste Preis gegeben ist, beziehungsweise zu allen anderen Vergleichsobjekten garantiert am tiefsten ist. Ob dies tatsächlich im ganzen Markt der Fall ist, kann nur zu einem gewissen Zeitpunkt, in einem transparenten Markt, auf ein bestimmtes Objekt eruiert werden. Dieselben Missverständnisse entstehen bei den Begriffen „Best Price“, welcher als bestes Preis-Leistungs-Verhältnis und „garantierter Dauertiefstpreis“, welcher als bester Preis über eine Zeitdauer verstanden werden.
Vergleichende Werbung mit Preisen
Am 12. April 2017 klagte die B AG die A AG vor dem Handelsgericht Aargau wegen unlauterem Wettbewerb an. Streitpunkt sind Werbeaussagen der Konkurrentin A AG, welche mit den Begriffen „Tiefstpreisgarantie“, „Best Price“ und „garantierter Dauertiefstpreis“ für ihre Ware werben. Daraufhin folgte die Widerklage der A AG, die der B AG ihrerseits Werbeaussagen wie „Alles Dauertiefpreise. Garantiert!“ verbieten wollte. Solche Werbe-Slogans sind in der Schweiz nicht grundsätzlich unzulässig, jedoch bestehen Grenzen. So hiess das Handelsgericht Aargau die Klage der B AG gut. Die Widerklage des angeklagten Unternehmens wurde abgewiesen, woraufhin Beschwerde an das Schweizerische Bundesgericht erhoben wurde. Die Beschwerde in Zivilsachen der A AG wurde vom Bundesgericht gutgeheissen und das Urteil des Handelsgerichts aufgehoben.
Das Bundesgericht begründete seinen Entscheid, dass sich aus den tatsächlichen Feststellungen des Handelsgerichts nicht schliessen lasse, in welchem Zusammenhang die A AG die angeschuldigten Werbebegriffe verwendet habe.