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Bettelverbot: Keine Persönlichkeitsverletzung und keine Diskriminierung

Datum:
04.10.2018
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Verwaltungsrecht
Stichworte:
Bundesverfassung, BV, EMRK, Europäische Menschenrechtskonvention, Privatleben
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Abweisung der Beschwerde gegen das Bettelverbot im Kanton Waadt

Einleitung

Der Grosse Rat des Kantons Waadt hat im September 2016 einer Initiative für ein Bettelverbot im ganzen Kanton zugestimmt und im Artikel 23 des kantonalen Strafgesetzbuches das Betteln unter Strafe gestellt.

Rechtsmittel-History

Die gegen den kantonalen Erlass erhobene Beschwerde ist vom Verfassungsgerichtshof des Kantons Waadt abgewiesen und von mehreren Personen ans Bundesgericht, mit dem Antrag auf Aufhebung der fraglichen Bestimmung, weitergezogen worden.

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht wies nun die Beschwerde ab.

Begründung des Bundesgerichts

Unter Bezugnahme auf das 2008 zum Genfer Bettelverbot ergangene Urteil (BGE 134 I 214) bestätigt das Bundesgericht, dass die mit dem Bettelverbot verbundenen Einschränkungen zulässig seien und zu keiner Verletzung verfassungsmässigen und konventionsrechtlich geschützten Rechte führen würde, nämlich:

  • Keine Verletzung der persönlichen Freiheit (BV 10)
  • Keine Verletzung des Anspruchs auf Achtung des Privat- und Familienlebens sowie der Menschenwürde (BV 7)
  • Keine Verletzung des Rechts auf Hilfe in Notlagen (BV 12).

Das Verbot bezwecke

  • den Schutz der Betroffenen vor Ausbeutung im Rahmen von Netzwerken
  • die Wahrung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit.

Das Bundesgericht ist sodann der Ansicht, dass

  • eine räumliche oder zeitliche Begrenzung des Bettelns das Problem nur verschieben würde
  • auch eine Bewilligungspflicht als milderes Mittel ungeeignet sei, der Problematik entgegenzuwirken.

Das Bundesgericht begründete stichhaltig weiter:

  • Das Betteln falle nicht in den Schutzbereich der Wirtschaftsfreiheit (BV 27)
  • Das Betteln diene dem Erhalt einer Spende, meistens in Form von Geld, und nicht der Meinungskundgabe, weshalb keine Verletzung der Meinungs- und Informationsfreiheit (BV 16) auszumachen sei
  • Das Bettelverbot sei nicht diskriminierend im Sinne von BV 8 + Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), da es sich gegen alle Bettler und nicht bloss gegen eine bestimmte Gemeinschaft richte.

Quelle

BGer 1C_443/2017 vom 29.08.2018
Medienmitteilung des Bundesgerichtes vom 04.10.2018

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