Bildquelle: Stadt Zürich
Kosten für Schulreisen, Schullager, Skilager, Exkursionen
Einleitung
Die Eltern volksschulpflichtiger Kinder haben gemäss BV 19 und BV 62 Abs. 2 Anspruch auf unentgeltlichen Unterricht ihrer Kinder.
Leiturteil des Bundesgerichts
Im Leiturteil 2C_206/2017 vom 07.12.2017 hat das Schweizerische Bundesgericht entschieden, dass die Kantone von den Eltern für obligatorische Schulveranstaltungen wie Schulreisen grundsätzlich keine Kostenbeiträge verlangen dürften. Vom Prinzip der Kostenlosigkeit ausgenommen sei die Verpflegung; die Eltern müssten bei Schulreisen pro Kind und Tag im Umfang von CHF 10 bis CHF 16 an die Verpflegungskosten beitragen.
Verunsicherung
Das Urteil verunsicherte alle Kantone, deren Schulleiter und die Eltern.
Schulleiter machten geltend, dass die Einhaltung des Leiturteils und v.a. der tiefen Verpflegungsbeiträge der Eltern dazu führen würden, dass in Zukunft bestimmte Veranstaltungen nicht mehr durchgeführt werden könnten.
Eltern waren irritiert, weil sie vorher viel höhere Verpflegungskostenbeiträge bezahlen mussten oder auch neu mit Beiträgen konfrontiert seien, die immer noch über CHF 16 pro Kind und Tag liegen würden.
Einfallsreiche Kantone
Unhaltbar ist, dass es offenbar immer noch Schulen gibt, die das Leiturteil ignorieren würden.
Andere Kantone umgehen das Prinzip auf ihre Art und Weise:
- Delegation der Kostenhandhabung an die Gemeinden
- Reduktion der Verpflegungskosten auf einen Betrag, der immer noch über dem Maximalbetrag von CHF 16 pro Kind und Tag liegt
- Reduktion der Anzahl Veranstaltungen bzw. Anlässe
- Deklaration der Veranstaltung als „freiwilliger Anlass“ und Verweisung der nicht teilnehmenden Kinder zum Unterrichtsbesuch in eine andere, am betreffenden Tag daheim bleibende Schulklasse
- Taxierung einer Veranstaltung als nicht zum notwendigen Grundschulunterricht gehörend und damit ohne Anspruch auf Kostenfreiheit
- etc.
Sinn und Zweck des Verfassungsartikels
Der Grundsatz der kostenlosen Volksschule basiert auf dem Gedanken, dass die (Volks-)Schule kein Ort sein solle, wo soziale Unterschiede der Eltern wahrnehmbar seien.
BV 19 wollte, dass finanziell schwachen Familien ein Outing und eine mit dem Bekanntwerden verbundene Ausgrenzung ihrer Kinder erspart bleibt.
Kreative Zwischenlösungen entsprechen jedenfalls nicht der Intention des Verfassungsgebers.
Quelle
LawMedia-Redaktionsteam
Weiterführende Informationen / Linktipps
- 2C_206/2016: Urteil vom 7. Dezember 2017 | bger.ch
- Literatur
- MARCO BORGHI, in: Aubert/Eichenberger/Müller/Rhinow/Schindler, Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874 [nachfolgend: Kommentar BV 1874], 1987, N. 53 und 60 zu 27 aBV, mit dem Hinweis, dass die meisten kantonalen Schulgesetzgebungen den Grundsatz der Unentgeltlichkeit auf das Lehrmaterial und das Schulzeug ausdehnten