SchKG 242 / ZPO 221 Abs. 1 lit. b + ZPO 198 lit. e Ziffer 5
Sachverhalt
Über D. wurde am 20.06.2017 der Konkurs eröffnet. A. meldete am 23.10.2017 Eigentumsansprüche an Namenaktien der E. AG beim Konkursamt Schaffhausen an. Dieses wies die Eigentumsansprache von A. mit Verfügung vom 24.01.2018 ab und setzte Letzterem Frist zur Anhebung der Aussonderungsklage an.
Prozess-History
- Kantonsgericht Schaffhausen
- Am 14.02.2018 reichte A. eine Klage gegen die Konkursmasse von D. beim Kantonsgericht Schaffhausen (KG SH) ein.
- KG SH trat mit Beschluss vom 03.06.2019 nicht auf die Klage ein.
- Obergericht des Kantons Schaffhausen
- Dagegen wandte sich A. am 05.07.2019 mit Berufung ans Obergericht des Kantons Schaffhausen (OG SH).
- Das OG SH wie die Berufung0020mit Entscheid vom 28.05.2021 ab.
- Bundesgericht
- Am 01.07.2021 gelangte A. mit Beschwerde in Zivilsachen ans Bundesgericht.
Erwägungen
Eine Aussonderungsklage hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (vgl. ZPO 221 Abs. 1 lit. b; siehe Box unten).
- Formulierung des Rechtsbegehrens
- Bei dessen mangelnder Klarheit ist dieses im Lichte der Begründung auszulegen.
- Der Formulierung muss das Ersuchen um Herausgabe einer Sache unmissverständlich entnommen werden können.
- «Aushändigen» und «herausgeben» sind Synonyme.
- Das Wort «Eigentumsansprache» indiziert die Möglichkeit einer Aussonderungsklage.
- Bei dessen mangelnder Klarheit ist dieses im Lichte der Begründung auszulegen.
- Grenze: Kein überspitzter Formalismus
- Die Grenze der Formulierungsanforderungen bildet das Verbot des überspitzten Formalismus.
Der Grundsatz des Schlichtungserfordernisses von ZPO 197 wird in Fällen der Anhebung einer Aussonderungsklage durchbrochen:
- Ein Schlichtungsverfahren ist bei einer Aussonderungsklage nicht notwendig (vgl. ZPO 198 lit. e Ziffer 5; siehe Box unten).
Entscheid
1.
1.1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Die Dispositiv-Ziff. 2-4 des Entscheids des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 28. Mai 2021 (Verfahren Nr. 10/2019/12 und 10/2019/20) werden aufgehoben. Der Beschluss des Kantonsgerichts Schaffhausen vom 3. Juni 2019 (Verfahren Nr. 2018/227-11-rh) wird aufgehoben.
1.2. Die Sache wird zur Beurteilung an das Kantonsgericht Schaffhausen zurückgewiesen.
1.3. Die Sache wird an das Obergericht Schaffhausen zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens zurückgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 5’000.– werden den Beschwerdegegnern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt.
3.
Die Beschwerdegegner haben den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 6’000.– zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie dem Obergericht des Kantons Schaffhausen und dem Kantonsgericht Schaffhausen mitgeteilt.
3. Aussonderung und Admassierung
Art. 242 SchKG 437
1 Die Konkursverwaltung trifft eine Verfügung über die Herausgabe von Sachen, welche von einem Dritten beansprucht werden.
2 Hält die Konkursverwaltung den Anspruch für unbegründet, so setzt sie dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er beim Richter am Konkursort Klage einreichen kann. Hält er diese Frist nicht ein, so ist der Anspruch verwirkt.
3 Beansprucht die Masse bewegliche Sachen, die sich im Gewahrsam oder Mitgewahrsam eines Dritten befinden, oder Grundstücke, die im Grundbuch auf den Namen eines Dritten eingetragen sind, als Eigentum des Schuldners, so muss sie gegen den Dritten klagen.
437 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1995 1227; BBl 1991 III 1).
Art. 221 ZPO Klage
1 Die Klage enthält:
a. die Bezeichnung der Parteien und allfälliger Vertreterinnen und Vertreter;
b. das Rechtsbegehren;
c. die Angabe des Streitwerts;
d. die Tatsachenbehauptungen;
e. die Bezeichnung der einzelnen Beweismittel zu den behaupteten Tatsachen;
f. das Datum und die Unterschrift.
2 Mit der Klage sind folgende Beilagen einzureichen:
a. eine Vollmacht bei Vertretung;
b. gegebenenfalls die Klagebewilligung oder die Erklärung, dass auf das Schlichtungsverfahren verzichtet werde;
c. die verfügbaren Urkunden, welche als Beweismittel dienen sollen;
d. ein Verzeichnis der Beweismittel.
3 Die Klage kann eine rechtliche Begründung enthalten.
Art. 198 ZPO Ausnahmen
Das Schlichtungsverfahren entfällt:
a. im summarischen Verfahren;
abis.70 bei Klagen wegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen nach Artikel 28b ZGB71 oder betreffend eine elektronische Überwachung nach Artikel 28c ZGB;
b. bei Klagen über den Personenstand;
bbis.72 bei Klagen über den Unterhalt des Kindes und weitere Kinderbelange, wenn vor der Klage ein Elternteil die Kindesschutzbehörde angerufen hat (Art. 298b und 298d ZGB73);
c. im Scheidungsverfahren;
d.74 im Verfahren zur Auflösung und zur Ungültigerklärung der eingetragenen Partnerschaft;
e. bei folgenden Klagen aus dem SchKG75:
1. Aberkennungsklage (Art. 83 Abs. 2 SchKG),
2. Feststellungsklage (Art. 85a SchKG),
3. Widerspruchsklage (Art. 106–109 SchKG),
4. Anschlussklage (Art. 111 SchKG),
5. Aussonderungs- und Admassierungsklage (Art. 242 SchKG),
6. Kollokationsklage (Art. 148 und 250 SchKG),
7. Klage auf Feststellung neuen Vermögens (Art. 265a SchKG),
8. Klage auf Rückschaffung von Retentionsgegenständen (Art. 284 SchKG);
f. bei Streitigkeiten, für die nach den Artikeln 5 und 6 dieses Gesetzes eine einzige kantonale Instanz zuständig ist;
g. bei der Hauptintervention, der Widerklage und der Streitverkündungsklage;
h. wenn das Gericht Frist für eine Klage gesetzt hat.
70 Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, in Kraft seit 1. Juli 2020 (AS 2019 2273; BBl 2017 7307).
71 SR 210
72 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 4299; BBl 2014 529).
73 SR 210
74 Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 25. Sept. 2015 (Gewerbsmässige Vertretung im Zwangsvollstreckungsverfahren), in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3643; BBl 2014 8669).
75 SR 281.1