StGB 83 Abs. 2
Die Strafvollzugsbehörden des Kantons Waadt durften ungedeckte Gesundheitskosten eines Inhaftierten von dessen Arbeitsentgelt abziehen.
Das Bundesgericht (BGer) wies daher die Beschwerde des Mannes ab. Ebenso zulässig war auch die Verrechnung der Kosten für den Transport seiner persönlichen Effekten in eine andere Haftanstalt.
Sachverhalt
Der Mann wurde im April 2019 wegen problematischen Verhaltens von der Waadtländer Haftanstalt Bochuz in die Berner Haftanstalt Thorberg verlegt.
Beim Austritt wurden seinem Zweckkonto in der Haftanstalt Bochuz – auf welches 20 % seines Arbeitsentgeltes aus der Tätigkeit im Vollzug fliessen – belastet und mit dem frei verfügbaren Arbeitsentgelt verrechnet:
- CHF 2’245 für ungedeckte Gesundheitskosten
- durch öffentliche Beiträge nicht gedeckte Krankenkassenprämien und
- von der Krankenkasse nicht übernommene Behandlungskosten;
- CHF 438 für den Transport seiner persönlichen Effekten in die Strafanstalt Thorberg.
Prozess-History
- Kantonale Instanzen
- Der kantonale Strafvollzugsdienst und das Kantonsgericht des Kantons Waadt wiesen seine Beschwerden ab.
- Bundesgericht
- Das Bundesgericht wies die Beschwerde des Mannes nun ebenfalls ab.
Erwägungen des Bundesgerichts (BGer)
Das BGer erwog folgendes:
- Unpfändbarkeit des Arbeitsentgelts
- Gemäss Strafgesetzbuch (StGB) ist das Arbeitsentgelt grundsätzlich unpfändbar.
- Dispositionsrecht des Gefangenen
- Teilweise freie Verfügbarkeit
- Über einen Teil des Arbeitsentgelts darf der Gefangene während des Vollzugs frei verfügen.
- Teilweise in die Rücklage für die Zeit nach der Entlassung
- Aus dem anderen Teil wird eine Rücklage für die Zeit nach der Entlassung gebildet.
- Teilweise freie Verfügbarkeit
-
- Teilweise Beteiligung an den Vollzugskosten
- Verurteilte dürfen gemäss StGB in angemessener Weise an den Vollzugskosten beteiligt werden, was durch Verrechnung mit deren Arbeitsleistung geschieht.
- Teilweise Beteiligung an den Vollzugskosten
- Regelungskompetenz der Kantone
- Die Regelung der näheren Vorschriften ist Sache der Kantone.
- Konkordatsentscheid / Arbeitsentgelt-Teilung
- Gemäss dem «Konkordatsentscheid über das Arbeitsentgelt von Strafgefangenen» und dem entsprechenden Waadtländer Reglement wird in Strafanstalten des Kantons Waadt das Arbeitsentgelt in drei Teile geteilt:
- 65 % werden dem Konto zur freien Verfügung für persönliche Bedürfnisse zugeschrieben;
- 20 % einem Zweckkonto;
- 15 % dem Sperrkonto für Sparguthaben nach der Haftentlassung.
- Gemäss dem «Konkordatsentscheid über das Arbeitsentgelt von Strafgefangenen» und dem entsprechenden Waadtländer Reglement wird in Strafanstalten des Kantons Waadt das Arbeitsentgelt in drei Teile geteilt:
- Beteiligung an den Gesundheitskosten
- Die Beteiligung an den Gesundheitskosten war gemäss Bundesgericht in concreto nicht zu beanstanden.
- Die Kostenbeteiligung ist im Reglement des Kantons Waadt vorgesehen
- Die Verhältnismässigkeit der Kostenbeteiligung war gegeben:
- 65 % zur freien Verfügung und
- 15 % Sparanteil.
- Ungedeckte Gesundheitskosten können sodann «im weiteren Sinne den Vollzugskosten» zugeordnet werden.
- Ganz allgemein kann ein Teil des Arbeitsentgelts eines Gefangenen ohne dessen Zustimmung dann gezielt verwendet werden, wenn
- dies in beschränktem Umfang erfolgt und
- gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist.
BGer 6B_820/2021 vom 02.08.2022
Arbeitsentgelt
Art. 83 StGB
1 Der Gefangene erhält für seine Arbeit ein von seiner Leistung abhängiges und den Umständen angepasstes Entgelt.
2 Der Gefangene kann während des Vollzugs nur über einen Teil seines Arbeitsentgeltes frei verfügen. Aus dem anderen Teil wird für die Zeit nach der Entlassung eine Rücklage gebildet. Das Arbeitsentgelt darf weder gepfändet noch mit Arrest belegt noch in eine Konkursmasse einbezogen werden. Jede Abtretung und Verpfändung des Arbeitsentgeltes ist nichtig.
3 Nimmt der Gefangene an einer Aus- und Weiterbildung teil, welche der Vollzugsplan an Stelle einer Arbeit vorsieht, so erhält er eine angemessene Vergütung.
Quelle
LawMedia Redaktionsteam