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Sozialversicherungsrecht

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Witwer: Laut EGMR von Schweizer Gesetzgebung diskriminiert

Datum:
21.10.2022
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht
Thema:
(Witwer-)Rente
Stichworte:
Diskriminierung, EGMR, Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Rente, Sozialversicherungsrecht, Witwer, Witwerrente
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Bildquelle: CherryX – Eigenes Werk CC BY-SA 3.0 | wikipedia.org

EMRK 14

Die Grosse Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg hat entschieden, dass die Schweiz mit ihrer Gesetzgebung zur Witwerrente gegen das Diskriminierungsverbot in Verbindung mit dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verstosse.

Sachverhalt

Ein Witwer aus dem Kanton Appenzell-Ausserrhoden erhielt nach Erreichen der Volljährigkeit der jüngeren Tochter keine (Witwer-)Rente mehr.

Der mittlerweile 69-jährige Witwer kümmerte sich nach dem tödlichen Unfall seiner Ehefrau um die damals knapp zwei und vier Jahre alten Kinder.

Als das jüngste Kind die Volljährigkeit erreichte, wurde dem Witwer im Dezember 2010 die Witwerrente aberkannt. Er war damals 57 Jahre alt und hatte sich damit 16 Jahre lang um seine Kinder gekümmert.

History

Der Streitfall wurde auf Antrag der Schweiz von der Grossen Kammer und damit der zweiten Instanz des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Juni 2021 verhandelt.

Diese bestätigt in ihrem Urteil den Entscheid der kleinen Kammer des EGMR.

Erwägungen

Die Grosse Kammer des EGMR führt in ihrem nun veröffentlichten Urteil aus, dass der Witwer alleine aufgrund seines Geschlechts keine Rente mehr erhielt:

  • Damit sei das in Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention festgehaltene Diskriminierungsverbot verletzt worden.
  • Eine Witwe hätte in der gleichen Situation weiterhin Leistungen ausbezahlt erhalten.
  • Die Kammer wies darauf hin, dass es einer tiefgreifenden Begründung bedürfe, um eine mit der Konvention vereinbare Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts rechtfertigen zu können.
  • Der Ermessensspielraum der Staaten sei hier eng.

Die Argumentation der Schweiz, die Regelung gebe die traditionelle Rollenteilung wieder, liess die Grosse Kammer des EGMR nicht gelten.

Urteil Nummer 78630/12 

Pendentes Gesetzgebungs-Vorhaben

20.4449 POSTULAT

Ungleichbehandlung von Witwen und Witwern beheben

Eingereicht von:

Yvonne Feri
Portrait von Nationalraetin Yvonne Feri, SP-AG, am Rand der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 21. September 2021 im Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)

FERI YVONNE
Sozialdemokratische Fraktion
Sozialdemokratische Partei der Schweiz

Bekämpfer/in:
HERZOG VERENA

Einreichungsdatum:
10.12.2020

Eingereicht im:
Nationalrat

Stand der Beratungen:
Angenommen

Quelle: 20.4449 POSTULAT – Ungleichbehandlung von Witwen und Witwern beheben

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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