i.S. Flughafen Zürich AG gegen Landkreis Waldshut und Mitbeteiligte sowie Stadt Bülach und Mitbeteiligte
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hiess Beschwerden gegen die Teilgenehmigung des Betriebsreglements 2014 des Flughafens Zürich weitgehend gut.
Die Lärmauswirkungen der Abend- und Nachtstunden wurden nicht korrekt abgebildet und müssen neu festgesetzt werden.
Dieses Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.
«Der Flughafen Zürich wurde aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls am 15. März 2011 mit zwei gleichzeitig startenden Flugzeugen einer Sicherheitsprüfung unterzogen, die vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) in Auftrag gegeben wurde. Mehrere daraus resultierenden Massnahmen zur Reduktion der Komplexität bei An- und Abflügen flossen ins Betriebsreglement 2014 ein. Hauptgegenstand des Betriebsreglements 2014 bildet das sehr komplexe Ostanflugkonzept, das in den lärmsensiblen Abend- und Nachtstunden Anwendung findet. Darin werden die Landungen von Osten und Starts Richtung Norden geregelt, mit einer Entflechtung der sich bisher kreuzenden An- und Abflugrouten. Dieselben Abflugrouten werden auch im Südanflugkonzept angewendet. Deutschland hat jedoch bis anhin den Staatsvertrag mit der Schweiz, der den Überflug über deutsches Staatsgebiet in den Abend- und Nachtstunden sowie am frühen Morgen regelt, nicht ratifiziert. Der Flughafen Zürich sah sich deshalb veranlasst, im Mai 2017 ein Gesuch um Teilgenehmigung des Betriebsreglements 2014 zu stellen. Damit sollen in einem ersten Schritt die Massnahmen des Ostanflugkonzepts umgesetzt werden, die nicht von der Zustimmung Deutschlands abhängen. Gesuch des Flughafens Ein wichtiges Sicherheitselement des Gesuchs bildet die Senkung der Mindestflughöhe bei Starts ab der Piste 32 für schwere, viermotorige Langstreckenflugzeuge. Weil diese Flugzeuge eine langsame Steigleistung haben, soll die Mindestflughöhe von 3’500 auf 2’500 Fuss über Meer (ft ü. M.) reduziert werden. Aktuell dürfen die viermotorigen Langstreckenflugzeuge in den Abend- und Nachtstunden ausschliesslich ab Piste 34 starten, für welche bereits eine abgesenkte Mindestflughöhe von 2’500 ft ü. M. gilt. Hierbei müssen sie die Piste 28 zweimal kreuzen – beim Hinrollen vom Dock E sowie beim Startmanöver. Ferner verlangt der Flughafen Zürich die Anpassung der sogenannten FL 80- Regel (FL: Flugfläche). Diese schreibt vor, dass nach 22.00 Uhr startende Flugzeuge bis zum Erreichen einer bestimmten Höhe (Flugfläche 80) auf der Folgen Sie uns auf @BVGer_Schweiz 2 zugeteilten Flugroute geführt werden müssen. Gemäss Flughafen führt dies heute dazu, dass startende Flugzeuge den Anflugsektor auf die Piste 28 grossräumig umfliegen, um Konflikte zwischen startenden und landenden Maschinen zu vermeiden. Die beantragte Anpassung soll dem Flugverkehrsleiter erlauben, bei sich anbahnenden Konflikten den Flugkorridor zu verbreitern, indem startende Flugzeuge früher (ab Flugfläche 50) abweichend von den festgelegten Flugrouten geführt werden können. Genehmigung durch das BAZL Das BAZL erteilte am 14. Mai 2018 die Teilgenehmigung für das Betriebsreglement 2014. Zudem legte es die zulässigen Lärmimmissionen gestützt auf Lärmberechnungen der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt EMPA fest und gewährte bei den neu von Immissionsgrenzwert- und Alarmwertüberschreitungen betroffenen Gebieten Erleichterungen im Sinne der Lärmschutzverordnung. Zahlreiche Gemeinden in der Umgebung des Flughafens, deutsche angrenzende Landkreise, eine deutsche Gemeinde sowie zwei Fluglärmschutzvereinigungen erhoben hiergegen Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer). Das Gericht hat die Verfahren zusammengeführt und in einem einzigen Entscheid beurteilt. Unrichtige Festlegung der Lärmbelastung Grundlage für das Betriebsreglement sowie für die An- und Abflugrouten bildet der Sachplan Infrastruktur für die Luftfahrt SIL. Das BVGer stellt nun bei der Überprüfung des Sachplans fest, dass die Lärmbelastung zwischen 22.00 und 23.30 Uhr nicht korrekt bzw. gar nicht ausgewiesen wird oder auf veralteten Annahmen zur Verspätungssituation beruht. Folglich werden die vom Lärm betroffenen Gebiete nicht korrekt abgebildet. Das Gericht hebt daher die Festlegung der zulässigen Lärmimmissionen und der gewährten Erleichterungen auf. Die Sachplanbehörde wird sich insbesondere mit der Verspätungssituation zwischen 23.00 und 23.30 Uhr vertieft auseinandersetzen und die Lärmauswirkungen neu festsetzen müssen. Als Folge befristet das BVGer die Senkung der Mindestflughöhe für viermotorige Langstreckenflugzeuge bei Starts ab Piste 32 zeitlich bis zur nachzuholenden Prüfung der konkreten Lärmauswirkungen. Weiter verweigert das Gericht aus demselben Grund die Anpassung der FL 80-Regel. Gewisse Beschwerdebegehren, die eine weitergehende Anpassung von An- und Abflugrouten verlangten, verweist es zudem als Lärmklagen in ein separates vom BAZL noch zu eröffnendes Verfahren bzw. ins hängige Verfahren um Genehmigung des Betriebsreglements 2017. Darüber hinaus gehende Begehren weist das BVGer hingegen ab.»Quelle: Medienmitteilung des BVGer vom 07.09.2022 bzw. BVGE aktuell vom 04.11.2022
Urteil in den vereinigten Verfahren A-3484/2018 ff. vom 07.09.2021
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LawMedia Redaktionsteam