Datenschutzverletzungen etc.
Das Bundesgericht (BGer) hat die Beschwerde von zehn Verfahrensbeteiligten im Zusammenhang mit Änderungen des Solothurner Gesetzes über die Kantonspolizei teilweise gutgeheissen:
- Es hob unter anderem eine Bestimmung zur automatisierten Fahrzeugfahndung auf,
- die den Datenabgleich mit sämtlichen Personen- und Sachfahndungsregistern ermöglicht hätte.
- Überdies darf die automatisierte Fahrzeugfahndung nicht angeordnet werden,
- solange keine ergänzenden Regelungen zu verschiedenen Aspekten des Datenschutzes in Kraft sind.
Sachverhalt
Das Solothurner Stimmvolk hat die Teilrevision des Solothurner Gesetzes über die Kantonspolizei (KapoG/SO) im Jahr 2020 in einer kantonalen Volksabstimmung angenommen:
- Zum Teil geändert wurden die Bestimmungen
- zur Observation und
- zur verdeckten Vorermittlung.
- Neu eingefügt wurden
- Regelungen zur verdeckten Fahndung,
- zur automatisierten Fahrzeugfahndung und
- zu einem Flugverbot für (private) Drohnen,
- unter anderem bei Polizeieinsätzen.
Erwägungen und Entscheide
Das BGer hiess nun die von den zehn Personen erhobene Beschwerde teilweise gut.
- Automatisierte Fahrzeugfahndung durch systematische Kontrollschilderfassung
- Die automatisierte Fahrzeugfahndung, d.h.
- die systematische Erfassung der Kontrollschilder vorbeifahrender Fahrzeuge
- durch eine mobile oder stationäre Kamera
- stellt einen schweren Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.
- Die automatisierte Fahrzeugfahndung, d.h.
- Gesetz ohne genügende Einschränkung
- Das angefochtene Gesetz
- lässt laut BGer einen systematischen Abgleich mit allen polizeilichen Personen- und Sachfahndungsregistern zu und
- schränkt damit den Anwendungsbereich der automatisierten Fahrzeugfahndung nicht genügend ein.
- Das BGer
- hob daher die betreffende Bestimmung (§ 36octies Absatz 2 litera a) auf und
- fordert den kantonalen Gesetzgeber auf,
- diejenigen Personen- und Sachfahndungsdateien zu bestimmen,
- mit welchen ein systematischer Abgleich erforderlich und
- verhältnismässig ist,
- aufgrund der Schwere der drohenden Gefahr oder
- des erheblichen Gewichts der öffentlichen Interessen.
- Das angefochtene Gesetz
- Erforderlichkeit ergänzender Datenschutzregeln
- Weiter bedarf es laut BGer ergänzender datenschutzrechtlicher Regelungen auf Verordnungsebene:
- Die erforderlichen Regeln betreffen folgendes:
- die Dauer einer automatisierten Fahrzeugfahndung,
- die Dauer der Datenaufbewahrung (in bestimmten Fällen),
- zu welchen weiteren Zwecken die Daten verwendet werden dürfen und
- an welche anderen Behörden sie übermittelt beziehungsweise mit welchen Behörden sie geteilt werden dürfen.
- Vorzusehen sind zudem
- periodische Kontrollen durch eine unabhängige Stelle sowie
- die Protokollierung der Datenverwendung.
- Weiter bedarf es
- der Klärung, wer die Massnahme innerhalb der Kantonspolizei anordnen kann.
- Die erforderlichen Regeln betreffen folgendes:
- Weiter bedarf es laut BGer ergänzender datenschutzrechtlicher Regelungen auf Verordnungsebene:
- Verfassungswidrige Fahrzeuginsassen-Erfassung
- Die übrigen Bestimmungen zur automatisierten Fahrzeugfahndung können verfassungskonform ausgelegt werden:
- Die bildliche Erfassung der Fahrzeuginsassinnen und -insassen
- ist nicht zulässig.
- Das Gesetz wäre anzupassen, wenn
- neue Software oder neue Geräte zum Einsatz kommen,
- welche weiterte Funktionalitäten ermöglichen,
- wie etwa eine Gesichtserkennung.
- Die bildliche Erfassung der Fahrzeuginsassinnen und -insassen
- Die übrigen Bestimmungen zur automatisierten Fahrzeugfahndung können verfassungskonform ausgelegt werden:
- Generelles Flugverbot für private Drohnen während Behördeneinsätzen
- Das generelle Flugverbot für (private) Drohnen während Einsätzen
- der Polizei,
- der Feuerwehr,
- des Zivilschutzes und
- des Rettungsdienstes,
- ist auf ein Notfalleinsätze-Verbot zu beschränken.
- Das generelle Flugverbot für (private) Drohnen während Einsätzen
- Aufhebung der Bestimmung über den Aufschub oder die Unterlassung der Benachrichtigung von Personen, nach denen verdeckt gefahndet wurde
- Aufgehoben hat das BGer schliesslich eine Bestimmung,
- gemäss der die Benachrichtigung von Personen
- aufgeschoben oder unterlassen werden kann,
- gegen die verdeckt gefahndet wurde.
- gemäss der die Benachrichtigung von Personen
- Der Kanton ist ferner darauf zu behaften,
- die Kompetenz zur Anordnung einer verdeckten Fahndung im Dienstreglement der Kantonspolizei einschränkend zu regeln.
- Aufgehoben hat das BGer schliesslich eine Bestimmung,
BGer 1C_39/2021 vom 29.11.2022
Quelle
LawMedia Redaktionsteam