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Verkauf von Privatliegenschaft kein steuerbarer gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel

Datum:
23.03.2023
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Immobilienbesteuerung
Thema:
Gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel vs. Kapitalgewinn aus privatem Vermögen
Stichworte:
Gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel, Immobilienhändler, Kapitalgewinn, Liegenschaftenhandel, privates Vermögen
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Instruktive Streitsache mit Darlegung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung

Sachverhalt

B.A.________ verkaufte am 26. November 2012 der B.________ Pensionskasse eine Liegenschaft in U.________/ZH für Fr. 2’600’000.–. In der Steuererklärung 2012 deklarierten A.A.________ und B.A.________ ein steuerbares Einkommen von Fr. 243’001.– ohne Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit.

Prozess-History

  • Veranlagung
    • In Abweichung von der Steuererklärung und mit Veranlagungsentscheid vom 2. Dezember 2015 qualifizierte das Kantonale Steueramt Zürich den Liegenschaftsverkauf von November 2012 für die direkte Bundessteuer 2012 nicht als privaten Kapitalgewinn, sondern als im Rahmen eines gewerbsmässigen Liegenschaftenhandels erzielten Erlös.
    • Aus dem Erlös rechnete es Fr. 1’704’670.– als Einkünfte auf (Verkaufserlös von Fr. 2’600’000.– abzüglich An- und Verkaufskosten von Fr. 895’330.–).
    • Unter Berücksichtigung einer Rückstellung für AHV-Beiträge von Fr. 166’338.– ergab sich für das Steuerjahr 2012 ein steuerbares Einkommen von Fr. 1’781’300.–.
    • Die Einsprache der Ehegatten blieb erfolglos.
  • Steuerrekursgericht des Kantons Zürich
    • Auch die Beschwerde ans Kantonale Steuerrekursgericht (Urteil vom 30. August 2019) erfolgte vergeblich.
  • Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
    • Die Eheleute A.________ gelangten daher ans Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.
    • Dieses hiess ihre Beschwerde mit Urteil vom 22. Juni 2020 (SB.2019.00093) gut und nahm einen privaten Kapitalgewinn an.
      • Es sah von einer Aufrechnung des Betrags von (netto nach Abzug der Rückstellung für AHV-Beiträge von Fr. 166’338.–) Fr. 1’538’332.– aus selbständiger Erwerbstätigkeit beim steuerbaren Einkommen ab und setzte dieses für die direkte Bundessteuer 2012 auf Fr. 248’168.– (gerundet: Fr. 248’100.–) fest.
  • Bundesgericht
    • Das Kantonale Steueramt Zürich reichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht ein.

Erwägungen

Einleitende grundsätzliche Erwägungen des Bundesgerichts (BGer)

Das BGer erwog zunächst folgendes:

  • Gegenstand der Einkommenssteuer
    • Einkommensteuerpflicht
      • Der Einkommenssteuer unterliegen alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte (vgl. DBG 16 Abs. 1).
    • Ausgenommene Kapitalgewinne
      • Von der Besteuerung ausgenommen sind die Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen (DBG 16 Abs. 3).
      • Mit Blick auf den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (BV 127 Abs. 2) und das diesen konkretisierende Reinvermögenszugangsprinzip stellt die Steuerfreiheit privater Kapitalgewinne eine systemwidrige Ausnahme dar.
      • Im System einer allgemeinen Einkommenssteuer werden Ausnahmen restriktiv gehandhabt.
  • Abgrenzung zur selbständigen Erwerbstätigkeit
    • Nach DBG 18 Abs. 1 gelten alle Einkünfte aus einem Handels- und Gewerbebetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbständigen Erwerbstätigkeit steuerbar.
    • Der Begriff der „selbständigen Erwerbstätigkeit“ ist dabei praxisgemäss weit zu verstehen:
      • Gewinne aus einer Tätigkeit,
        • die über die schlichte Verwaltung von Privatvermögen hinausgeht,
          • stellen steuerbares Einkommen dar.
        • Dazu zählen nach DBG 18 Abs. 2 auch alle
          • Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen.
        • Für eine selbstständige Erwerbstätigkeit kennzeichnend ist:
          • die Tätigkeit einer natürlichen Person,
            • mit der diese auf eigenes Risiko,
              • unter Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital,
                • in einer von ihr frei gewählten Arbeitsorganisation,
              • dauernd oder vorübergehend,
              • haupt- oder nebenberuflich,
              • in jedem Fall aber mit der Absicht der Gewinnerzielung
            • am Wirtschaftsverkehr teilnimmt.
        • Untergeordnete Anhaltspunkte sind etwa
          • die Beschäftigung von Personal,
          • das Ausmass der Investitionen,
          • ein vielfältiger wechselnder Kundenstamm und
          • das Vorliegen eigener Geschäftsräumlichkeiten.
      • Die Prüfung ist von Fall zu Fall aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen Umstände vorzunehmen,
        • weil die einzelnen Gesichtspunkte dabei nicht isoliert betrachtet werden dürfen und
        • auch in unterschiedlicher Intensität auftreten können.
  • Gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel
    • (Positive) Voraussetzungen
      • Ein steuerbarer gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel im Sinne einer selbständigen Erwerbstätigkeit liegt gemäss bundesgerichtlicher Praxis dann vor, wenn die steuerpflichtige Person
        • An- und Verkäufe von Liegenschaften vornimmt:
          • systematisch und
          • mit der Absicht der Gewinnerzielung.
      • Erforderlich ist
        • die Entwicklung einer Tätigkeit,
          • welche in ihrer Gesamtheit auf Erwerb gerichtet ist.
      • Als Indizien kommen in Betracht:
        • Die systematische bzw. planmässige Art und Weise des Vorgehens, durch
          • aktives, wertvermehrendes Tätigwerden durch Parzellierung
          • Überbauung
          • Werbung usw.
          • Erwerb in der offenkundigen Absicht, die Liegenschaft möglichst rasch mit Gewinn weiterzuverkaufen
          • Ausnützung der Marktentwicklung
        • die Häufigkeit der Liegenschaftsgeschäfte
        • der enge Zusammenhang eines Geschäfts mit der beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person
        • der Einsatz spezieller Fachkenntnisse
        • die kurze Besitzesdauer
        • der Einsatz erheblicher fremder Mittel zur Finanzierung der Geschäfte
        • die Verwendung der erzielten Gewinne bzw. deren Wiederanlage in gleichartige Vermögensgegenstände oder
        • die Realisierung der Gewinne im Rahmen einer Personengesellschaft
    • (Negative) Voraussetzungen
      • Keine selbstständige Erwerbstätigkeit bzw. kein gewerbsmässiger Liegenschaftenhandel liegt vor, wenn
        • lediglich das eigene Vermögen verwaltet wird, insbesondere etwa durch
          • die Vermietung eigener Liegenschaften.
        • Daran ändert nichts, wenn
          • das Vermögen umfangreich ist und
          • professionell verwaltet wird.

Sachverhalt / Würdigung durch die Vorinstanz

Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Vorinstanz) hat angenommen,

  • dass die Beschwerdegegner nur ihr privates Vermögen verwaltet hätten.

Die Vorinstanz hielt weiter fest, dass nicht von selbständiger Erwerbstätigkeit ausgegangen werden könne, wenn die vorgenommenen Investitionen keinen gewerblichen Charakter aufweisen würden.

Der Verkauf gehe nicht auf ein gewinnstrebiges und planmässiges Verhalten zurück, sondern auf das Ausnützen einer sich bietenden Gelegenheit:

  • Auch die private Kapitalanlage erfolge jedoch regelmässig ertragsorientiert;
    • in diesem Sinne könne eine Gewinnabsicht vorhanden sein
  • Hier sei keine solche Gewinnabsicht anzunehmen:
    • Die Beschwerdegegner hätten insbesondere die seit mehr als 12 Jahren in ihrem Eigentum stehende Liegenschaft in U.________ nicht über einen eigenen Marktauftritt veräussert:
      • Der Verkauf gehe nicht auf ein gewinnstrebiges und planmässiges Verhalten zurück,
        • sondern auf das Ausnützen einer sich bietenden günstigen Gelegenheit:
          • Nicht die Beschwerdegegner hätten die Liegenschaft auf den Markt gebracht;
          • vielmehr habe die B.________ Pensionskasse als Eigentümerin der Nachbarparzelle eine Quartierumgestaltung geplant, wobei sie sie die Übernahme der hier massgeblichen Liegenschaft zur Optimierung des angestrebten Quartierplans unbedingt gewollt habe.
  • Damit liege privater Kapitalgewinn vor, woran auch gegenläufige Indizien nichts änderten.

Die vorinstanzliche Würdigung des Falls konnte auch nicht durch die anderen Indizien in Frage gestellt werden, welche das Verwaltungsgericht durchaus in Betracht gezogen, aber bundesrechtskonform – weder einzeln noch zusammen – als entscheidwesentlich eingestuft hat.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.

Entscheid

Abweisung der Beschwerde des Kantonalen Steueramts Zürich.

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