Inkrafttreten: 01.01.2023
Einleitung
Mit dem Inkrafttreten des neuen Aktienrechts werden auch verschiedene Bestimmungen für andere Rechtsformen als die Aktiengesellschaft (AG), so auch für die Genossenschaft, geändert.
Agenda
Inkrafttreten + Änderungsobliegenheiten
Die Revision des Aktienrechts wirkt sich auch auf das Genossenschaftsrecht aus:
- Inkrafttreten
- Die neuen Vorschriften treten am 01.01.2023 in Kraft.
- Anpassungsfrist
- Die Genossenschaftsstatuten und die Reglemente sind ggf. innert zwei Jahre nach Inkrafttreten der neuen Regeln anzupassen.
Gründung und Statutenänderungen
Bisher bestand weder für Gründung noch für Statutenänderungen ein Zwang zur öffentlichen Beurkundung.
Neu besteht für die Gründung von Genossenschaften und bei deren Statutenänderungen die Pflicht zur öffentlichen Beurkundung (vgl. nOR 830 + nOR 838a).
C. Errichtung I. Erfordernisse 1. Im Allgemeinen
Art. 830 nOR
Die Genossenschaft wird errichtet, indem die Gründer in öffentlicher Urkunde erklären, eine Genossenschaft zu gründen, und darin die Statuten und die Organe festlegen.
D. Statutenänderung
Art. 838a nOR
Der Beschluss der Generalversammlung oder der Verwaltung über eine Änderung der Statuten ist öffentlich zu beurkunden und ins Handelsregister einzutragen.
Rückerstattung ungerechtfertigt bezogener Leistungen
Das geltende Genossenschaftsrecht kannte bisher – anders als das Aktienrecht oder das Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung – keine allgemeine Pflicht zur Rückerstattung ungerechtfertigter Leistungsbezüge.
Neu hat der Gesetzgeber die aktienrechtlichen Vorschriften betreffend Rückerstattung von Leistungen auch für Genossenschaften als anwendbar erklärt (vgl. nOR 902a):
- Neu sind daher sind daher von Gesetzes wegen zur Rückerstattung ungerechtfertigt bezogener Leistungen der Genossenschaft verpflichtet:
- Die Genossenschafter
- die Mitglieder der Verwaltung
- die Geschäftsleitung
- ein allfälliger Beirat
- nahestehende Personen (vgl. nOR 678 f.)
- Als ungerechtfertigt gelten Leistungen,
- wenn zwischen der Leistung und der Gegenleistung ein offensichtliches Missverhältnis besteht.
2. Rückerstattung von Leistungen
Art. 902a nOR
Auf die Rückerstattung von Leistungen sind die Vorschriften des Aktienrechts entsprechend anwendbar.
E. Rückerstattung von Leistungen I. Im Allgemeinen
Art. 678 nOR (Aktiengesellschaft p.a.)
1 Aktionäre, Mitglieder des Verwaltungsrats, mit der Geschäftsführung befasste Personen und Mitglieder des Beirats sowie ihnen nahestehende Personen sind zur Rückerstattung von Dividenden, Tantiemen, anderen Gewinnanteilen, Vergütungen, Bauzinsen, gesetzlichen Kapital- und Gewinnreserven oder anderen Leistungen verpflichtet, wenn sie diese ungerechtfertigt bezogen haben.
2 Übernimmt die Gesellschaft von solchen Personen Vermögenswerte oder schliesst sie mit diesen sonstige Rechtsgeschäfte ab, so werden diese Personen rückerstattungspflichtig, soweit ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.
3 Artikel 64 findet Anwendung.
4 Der Anspruch auf Rückerstattung steht der Gesellschaft und dem Aktionär zu. Der Anspruch des Aktionärs geht auf Leistung an die Gesellschaft.
5 Die Generalversammlung kann beschliessen, dass die Gesellschaft Klage auf Rückerstattung erhebt. Sie kann den Verwaltungsrat oder einen Vertreter mit der Prozessführung betrauen.
6 Im Konkurs der Gesellschaft kommt Artikel 757 sinngemäss zur Anwendung.
II. Verjährung
Art. 678a (Aktiengesellschaft p.a.)
1 Der Rückerstattungsanspruch verjährt mit Ablauf von drei Jahren, nachdem die Gesellschaft oder der Aktionär davon Kenntnis erhalten hat, in jedem Fall aber zehn Jahre nach Entstehung des Anspruchs. Die Frist steht während des Verfahrens auf Anordnung einer Sonderuntersuchung und deren Durchführung still.
2 Hat der Empfänger durch sein Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Rückerstattungsanspruch frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanzlichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.
Liquidität
Im neuen Aktienrecht ist der Verwaltungsrat ausdrücklich zur Überwachung der Liquidität (nOR 725). Aufgrund der Verweisung in nOR 903 auf die Regeln des neuen Aktienrechts ist die Bestimmung zur Überwachung der Liquidität entsprechend auf Genossenschaften anwendbar. Die Genossenschaftsverwaltung muss daher die Liquidität der Genossenschaft von Gesetzes wegen überwachen.
VII. Drohende Zahlungsunfähigkeit, Kapitalverlust und Überschuldung 1. Drohende Zahlungsunfähigkeit
Art. 725 nOR (Aktiengesellschaft p.a.)
1 Der Verwaltungsrat überwacht die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft.
2 Droht die Gesellschaft zahlungsunfähig zu werden, so ergreift der Verwaltungsrat Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit. Er trifft, soweit erforderlich, weitere Massnahmen zur Sanierung der Gesellschaft oder beantragt der Generalversammlung solche, soweit sie in deren Zuständigkeit fallen. Er reicht nötigenfalls ein Gesuch um Nachlassstundung ein.
3 Der Verwaltungsrat handelt mit der gebotenen Eile.
3. Drohende Zahlungsunfähigkeit, Kapitalverlust und Überschuldung
Art. 903 nOR
1 Die Bestimmungen des Aktienrechts zur drohenden Zahlungsunfähigkeit, zur Überschuldung sowie zur Aufwertung von Grundstücken und Beteiligungen sind entsprechend anwendbar.
2 Bei Genossenschaften mit Anteilscheinen sind überdies die Bestimmungen des Aktienrechts über den Kapitalverlust entsprechend anwendbar.
Überschuldung
Die Regeln des neuen Aktienrechts zur Überschuldung und zur Aufwertung von Grundstücken sind ebenfalls entsprechend auf Genossenschaften anwendbar (nOR Art. 903):
- Bei drohender Zahlungsunfähigkeit hat die Genossenschaft nebst der Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit zu ergreifen:
- Die erforderlichen Massnahmen zur Sanierung der Genossenschaft;
- Ggf. die Einreichung eines Nachlassstundungsgesuches.
- Bei begründeter Besorgnis einer Überschuldung der Genossenschaft ist
- eine Zwischenbilanz zu erstellen:
- dieser Zwischenabschluss durch die Revisionsstelle prüfen lassen.
- Ist die Genossenschaft sowohl zu Fortführungs- als auch zu Liquidationswerten überschuldet,
- muss die Genossenschaftsverwaltung die Konkurseröffnung veranlassen, sofern
- nicht begründete Aussicht auf eine Behebung der Überschuldung innert 90 Tagen besteht oder
- Rangrücktritte im Umfang der Überschuldung vorliegen.
- muss die Genossenschaftsverwaltung die Konkurseröffnung veranlassen, sofern
- Genossenschaften mit Anteilscheinen müssen zudem die aktienrechtlichen Bestimmungen über den Kapitalverlust
VII. Drohende Zahlungsunfähigkeit, Kapitalverlust und Überschuldung 1. Drohende Zahlungsunfähigkeit
Art. 725 nOR (Aktiengesellschaft p.a.)
1 Der Verwaltungsrat überwacht die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft.
2 Droht die Gesellschaft zahlungsunfähig zu werden, so ergreift der Verwaltungsrat Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit. Er trifft, soweit erforderlich, weitere Massnahmen zur Sanierung der Gesellschaft oder beantragt der Generalversammlung solche, soweit sie in deren Zuständigkeit fallen. Er reicht nötigenfalls ein Gesuch um Nachlassstundung ein.
3 Der Verwaltungsrat handelt mit der gebotenen Eile.
3. Drohende Zahlungsunfähigkeit, Kapitalverlust und Überschuldung
Art. 903 nOR
1 Die Bestimmungen des Aktienrechts zur drohenden Zahlungsunfähigkeit, zur Überschuldung sowie zur Aufwertung von Grundstücken und Beteiligungen sind entsprechend anwendbar.
2 Bei Genossenschaften mit Anteilscheinen sind überdies die Bestimmungen des Aktienrechts über den Kapitalverlust entsprechend anwendbar.
Generalversammlung
Die neuen aktienrechtlichen Regeln zur Abhaltung von Generalversammlungen sind auch auf Genossenschaften sinngemäss anwendbar, nämlich bezüglich:
- Tagungsort
- Verwendung elektronischer Mittel bei der Vorbereitung
- Durchführung der Generalversammlung
- Urabstimmung
- Gleichzeitige Abhaltung der Generalversammlung an verschiedenen Orten, auch im Ausland
- Sicherstellung
- der Erfassung der Identität der Teilnehmer / Stimmenden
- der unmittelbaren Übertragung der Voten und der Beteiligung an der Diskussion
- der Möglichkeit der Antragstellung jeden Teilnehmers
- der Verfälschungsfreiheit der Abstimmungs- und Wahlergebnisse
- (vgl. nOR 893a).
XII. Tagungsort und Verwendung elektronischer Mittel
Art. 893a nOR
Die Vorschriften des Aktienrechts über den Tagungsort und die Verwendung elektronischer Mittel bei der Vorbereitung und Durchführung der Generalversammlung sind sinngemäss anwendbar.
Art. 902 Abs. 3 nOR
3 Die Verwaltung ist dafür verantwortlich, dass:
1. ihre Protokolle und diejenigen der Generalversammlung, die notwendigen Geschäftsbücher sowie das Genossenschafterverzeichnis geführt werden;
2. der Geschäftsbericht nach den gesetzlichen Vorschriften aufgestellt und der Revisionsstelle zur Prüfung unterbreitet wird; und
3. die Anzeigen an das Handelsregisteramt über Eintritt und Austritt der Genossenschafter gemacht werden.
Geschäfts- + Revisionsbericht
Werden Geschäfts- und Revisionsbericht von der Genossenschaft für ihre Genossenschafter nicht elektronisch zugänglich gemacht,
- kann jeder Genossenschafter
- während eines Jahres nach der Generalversammlung
- die Zustellung des Geschäfts- und Revisionsberichts in der von der Generalversammlung genehmigten Fassung verlangen.
- während eines Jahres nach der Generalversammlung
XII. Tagungsort und Verwendung elektronischer Mittel
Art. 893a nOR
Die Vorschriften des Aktienrechts über den Tagungsort und die Verwendung elektronischer Mittel bei der Vorbereitung und Durchführung der Generalversammlung sind sinngemäss anwendbar.
Art. 902 Abs. 3 nOR
3 Die Verwaltung ist dafür verantwortlich, dass:
1. ihre Protokolle und diejenigen der Generalversammlung, die notwendigen Geschäftsbücher sowie das Genossenschafterverzeichnis geführt werden;
2. der Geschäftsbericht nach den gesetzlichen Vorschriften aufgestellt und der Revisionsstelle zur Prüfung unterbreitet wird; und
3. die Anzeigen an das Handelsregisteramt über Eintritt und Austritt der Genossenschafter gemacht werden.
Weiterführende Informationen
- Bis 31.12.2022 gültiges Genossenschaftsrecht
- Bis 31.12.2022 gültiges Aktienrecht
Quelle
LawMedia Redaktionsteam