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Direktkontakt + ungebührliches Schreiben an die Gegenpartei

Datum:
28.06.2023
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Anwälte / Mediatoren
Thema:
Direktkontakt + ungebührliches Schreiben an die Gegenpartei
Stichworte:
Anwälte, Berufsregeln, Direktkontakt, Eskalationsvermeidung, Gegenpartei, Pflichtverletzung, ungebührliches Schreiben
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

BGFA 12 lit. a – Disziplinarverfahren gegen Anwälte

Der Beschwerdeführer RA A.

  • hatte unzulässigerweise in einem Erbteilungsverfahren mit der anwaltlich vertretenen Gegenpartei Kontakt aufgenommen und
  • sich dabei in unnötig verletzender Weise geäussert.

Die Äusserungen der Gegenpartei, auf welche der Beschwerdeführer A. reagiert hatte, wurden immerhin als «indirekte Provokation» gewertet.

Im Einzelnen:

Provokation durch die Gegenpartei

Aus einem Briefwechsel zwischen den Parteien erfuhr Rechtsanwalt A. von seiner Klientin C., dass ihn eine der Gegenparteien, E., als sehr fragwürdigen Anwalt qualifizierte, der offenbar nicht die Interessen seiner Klientin vertrete sowie Kläger und Beklagte in ein kostspieliges Gerichtsverfahren drängen wolle, von dem letztlich A. profitiere.

Im Direktkontakt-Schreiben des Rechtsanwalts A. an die Gegenpartei E. waren markige Äusserungen enthalten:

  • «… so ein sackfreches und heimtückisches Schreiben wie von Ihnen …» und
  • «… sollten Sie nochmals Ihr Maul im gleichen Sinne aufreissen …».

Direktkontakt mit der Gegenpartei

Der Direktkontakt von RA A. mit einer anwaltlich vertretenen Gegenpartei verstösst gegen die Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Ausübung des Anwaltsberufs gemäss BGFA 12 lit. a.

Mitteilung von RA A. an den Berufskollegen H.

Rechtsanwalt A. informierte gleichentags Gegenanwalt H. mit separatem Schreiben über sein Vorgehen.

Prozess-History

  • Anzeige an die Aufsichtsbehörde (RA-AB)
    • RA H. erstattete gegen RA A am 21.03.2022 Anzeige bei der Anwaltskammer St. Gallen.
  • Entscheid der RA-AB
    • Die RA-AB stellte mit Entscheid vom 04.07.2022 einen mehrfachen Verstoss gegen die Berufsregeln fest und büsste RA A. mit CHF 800.–.
  • Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen
    • Gegen den Entscheid der RA-AB erhob A. Beschwerde an das Verwaltungsgericht St. Gallen.

Erwägungen des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen

Das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen bestätigte im Wesentlichen den vorinstanzlichen Entscheid:

  • Zum Direktkontakt
    • Vor dem oberwähnten Hintergrund kam auch das VerwGer SG zum Schluss, dass die direkte Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers mit der Gegenpartei unzulässig war.
  • Zum «geharnischten Schreiben»
    • Das VerwGer SG wies zunächst daraufhin, dass die besondere Stellung des Anwalts bestimmte Pflichten mit sich bringe.
      • Der Beschwerdeführer habe immer, wenn er in seiner Funktion als Anwalt auftrete, sorgfältig und gewissenhaft zu handeln (BGFA 12 lit. a).
    • Als Rechtsanwalt auf diesen Brief – der nicht an ihn adressiert gewesen sei – mit einem (gemäss seinen eigenen Worten) «geharnischten Schreiben», das ausfällige, nicht sachbezogene Äusserungen enthalte, direkt an die Gegenpartei zu reagieren, diente weder der Sache noch einer gehörigen Interessenwahrung seiner Mandantin. Mit der von ihm gewählten Ausdrucksweise habe der Beschwerdeführer zusätzlich eine Eskalation des Streits riskiert. (vgl. Erw. 3.3).
    • Die Rügen von RA A. hat das VerwGer SG im Übrigen verworfen.

Der Beschwerde von RA A. war daher kein Erfolg beschieden.

Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen

  • Abweisung der Beschwerde.

VerwGer SG B 2022/137 vom 06.12.2022

(rechtkräftig)

Tipp der LawMedia-Redaktion

Bei Provokationen sollte man das weitere Vorgehen nie sofort entscheiden, sondern ein- oder zweimal überschlafen.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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