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Entschädigung wegen missbräuchlicher Entlassung: Angestellte muss Voraussetzungen geltend machen und beweisen

Datum:
12.06.2023
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht, Missbräuchliche Kündigung
Thema:
Missbräuchliche Entlassung / Entschädigung
Stichworte:
Behauptungslast, Beweislast, Entschädigung, missbräuchliche Kündigung, Ungerechtfertigte Entlassung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

OR 336a + OR 336b Abs. 1

Es ist Sache des Arbeitnehmers, geltend zu machen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen für eine Entschädigung wegen ungerechtfertigter Entlassung erfüllt sind: 

  • Dies gilt namentlich für das Erfordernis, dass er gegen die Entlassung vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Arbeitgeber schriftlich Einsprache erhoben hat.

 

Das Bundesgericht (BGer) hiess die Beschwerde der Arbeitgeberin gut.

Sachverhalt

Eine entlassene Arbeitnehmerin klagte gegen ihre frühere Arbeitgeberin auf Zahlung einer Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung (OR 336a).

In casu hatte die Arbeitnehmerin im Gerichtsverfahren nicht geltend gemacht, vor Ablauf der Kündigungsfrist schriftlich Einsprache bei der Arbeitgeberin eingelegt zu haben.

Materielles

Gemäss OR 336b Absatz 1 müssen Arbeitnehmer in einem solchen Fall spätestens bis zum Ende der Kündigungsfrist schriftlich beim Arbeitgeber Einsprache erheben:

  • Verwirkungsfrist
    • Wird diese Frist verpasst, verwirkt der geltend gemachte Anspruch auf Entschädigung.
  • Verhandlungsmaxime
    • Für das entsprechende Verfahren gilt die Verhandlungsmaxime,
      • weshalb die anwaltlich vertretene Arbeitnehmerin hätte vorlegen müssen:
        • die Beweise der massgeblichen Tatsachen für ihren Entschädigungsanspruch.

History

Das Genfer Kantonsgericht kam 2022 zum Schluss,

  • dass die Arbeitnehmerin die Einsprache bei der Arbeitgeberin
    • nur dann hätte vorbringen und beweisen müssen,
      • wenn letztere dies bestritten hätte,
        • was nicht der Fall gewesen sei.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das BGer hob das kantonale Urteil auf:

  • Verwirkungsfristen ohne allgemeine Regeln
    • Verwirkungsfristen regeln viele verschiedene Situationen.
    • Daher kann keine allgemeine Regel festgelegt werden, nach welcher Prozessbeteiligte die Einhaltung der Frist behaupten und beweisen müssen.
  • Einsprache gegen die Entlassung
    • Bezüglich der Einsprache gegen die Entlassung ist es Sache des Arbeitnehmers, die Voraussetzungen für seinen Anspruch zu beweisen.
  • Behauptungs- und Beweislast
    • Der Arbeitnehmer muss die tatsächlichen Umstände behaupten und belegen, aus denen der Richter seinen Anspruch auf eine Entschädigung für die missbräuchliche Kündigung herleiten kann.
    • Dazu zählt auch der Umstand, dass er gültig und innert Frist Einsprache erhoben hat.
  • Unterlassene Behauptung der gültigen + fristgerechten Einsprache
    • Hat der Arbeitnehmer in seinem Begehren auf Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung den Umstand der gültigen und fristgerechten Einsprache nicht behauptet, ist die Klage abzuweisen.

BGer 4A_412/2022 vom 11.05.2023  =   BGE 149 III 304 ff.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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