OR 336a + OR 336b Abs. 1
Es ist Sache des Arbeitnehmers, geltend zu machen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen für eine Entschädigung wegen ungerechtfertigter Entlassung erfüllt sind:
- Dies gilt namentlich für das Erfordernis, dass er gegen die Entlassung vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Arbeitgeber schriftlich Einsprache erhoben hat.
Das Bundesgericht (BGer) hiess die Beschwerde der Arbeitgeberin gut.
Sachverhalt
Eine entlassene Arbeitnehmerin klagte gegen ihre frühere Arbeitgeberin auf Zahlung einer Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung (OR 336a).
In casu hatte die Arbeitnehmerin im Gerichtsverfahren nicht geltend gemacht, vor Ablauf der Kündigungsfrist schriftlich Einsprache bei der Arbeitgeberin eingelegt zu haben.
Materielles
Gemäss OR 336b Absatz 1 müssen Arbeitnehmer in einem solchen Fall spätestens bis zum Ende der Kündigungsfrist schriftlich beim Arbeitgeber Einsprache erheben:
- Verwirkungsfrist
- Wird diese Frist verpasst, verwirkt der geltend gemachte Anspruch auf Entschädigung.
- Verhandlungsmaxime
- Für das entsprechende Verfahren gilt die Verhandlungsmaxime,
- weshalb die anwaltlich vertretene Arbeitnehmerin hätte vorlegen müssen:
- die Beweise der massgeblichen Tatsachen für ihren Entschädigungsanspruch.
- weshalb die anwaltlich vertretene Arbeitnehmerin hätte vorlegen müssen:
- Für das entsprechende Verfahren gilt die Verhandlungsmaxime,
History
Das Genfer Kantonsgericht kam 2022 zum Schluss,
- dass die Arbeitnehmerin die Einsprache bei der Arbeitgeberin
- nur dann hätte vorbringen und beweisen müssen,
- wenn letztere dies bestritten hätte,
- was nicht der Fall gewesen sei.
- wenn letztere dies bestritten hätte,
- nur dann hätte vorbringen und beweisen müssen,
Erwägungen des Bundesgerichts
Das BGer hob das kantonale Urteil auf:
- Verwirkungsfristen ohne allgemeine Regeln
- Verwirkungsfristen regeln viele verschiedene Situationen.
- Daher kann keine allgemeine Regel festgelegt werden, nach welcher Prozessbeteiligte die Einhaltung der Frist behaupten und beweisen müssen.
- Einsprache gegen die Entlassung
- Bezüglich der Einsprache gegen die Entlassung ist es Sache des Arbeitnehmers, die Voraussetzungen für seinen Anspruch zu beweisen.
- Behauptungs- und Beweislast
- Der Arbeitnehmer muss die tatsächlichen Umstände behaupten und belegen, aus denen der Richter seinen Anspruch auf eine Entschädigung für die missbräuchliche Kündigung herleiten kann.
- Dazu zählt auch der Umstand, dass er gültig und innert Frist Einsprache erhoben hat.
- Unterlassene Behauptung der gültigen + fristgerechten Einsprache
- Hat der Arbeitnehmer in seinem Begehren auf Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung den Umstand der gültigen und fristgerechten Einsprache nicht behauptet, ist die Klage abzuweisen.
BGer 4A_412/2022 vom 11.05.2023 = BGE 149 III 304 ff.
b. Sanktionen
Art. 336a OR
1 Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten.
2 Die Entschädigung wird vom Richter unter Würdigung aller Umstände festgesetzt, darf aber den Betrag nicht übersteigen, der dem Lohn des Arbeitnehmers für sechs Monate entspricht. Schadenersatzansprüche aus einem anderen Rechtstitel sind vorbehalten.
3 Ist die Kündigung nach Artikel 336 Absatz 2 Buchstabe c missbräuchlich, so darf die Entschädigung nicht mehr als den Lohn des Arbeitnehmers für zwei Monate betragen.
c. Verfahren
Art. 336b OR
1 Wer gestützt auf Artikel 336 und 336a eine Entschädigung geltend machen will, muss gegen die Kündigung längstens bis zum Ende der Kündigungsfrist beim Kündigenden schriftlich Einsprache erheben.
2 Ist die Einsprache gültig erfolgt und einigen sich die Parteien nicht über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, so kann die Partei, der gekündigt worden ist, ihren Anspruch auf Entschädigung geltend machen. Wird nicht innert 180 Tagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Klage anhängig gemacht, ist der Anspruch verwirkt.
Weiterführende Informationen
Quelle
LawMedia Redaktionsteam