BankG 47 Abs. 1 lit. c / BGFA 12 lit. a
«Aus der anwaltlichen Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Berufsausübung (Art. 12 lit. a BGFA) ergibt sich …, dass ein Anwalt Dokumente, welche er von seinem Mandanten erhält und in einem Zivilprozess als Beweismittel einzureichen gedenkt, vollständig prüft und sich vergewissert, dass dort einerseits nichts steht, was die Beweiskraft des Dokuments schmälert (vgl. Urteil 6B_247/2019 vom 22. Juni 2020 E. 2.2), und es andererseits keine Informationen enthält, die einer gesetzlichen Geheimhaltungsverpflichtung unterliegen. Der Beschwerdegegner (Red.: Anwalt) wusste, dass die fragliche Beweisurkunde (ursprünglich) möglicherweise Daten enthielt, die unter das Bankkundengeheimnis fielen. Unterlässt ein Anwalt in einer solchen Konstellation die vollständige Überprüfung der Beweisurkunde vor ihrer Einreichung im Prozess, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass es zu einer Verletzung des Bankkundengeheimnisses kommen wird. Vorliegend konnte der Beschwerdegegner nicht ernsthaft darauf vertrauen, dass die Tatbestandsverwirklichung nicht mehr eintreten würde. Indiz für ein ernsthaftes Vertrauen wären etwa Vorkehrungen zur Vermeidung der Tatbestandsverwirklichung. Derartige Vorkehrungen sind vorliegend keine ersichtlich. Der Beschwerdegegner hat nach den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) bei seinem Klienten nicht etwa nachgefragt, ob dieser im fraglichen Dokument tatsächlich alle Kundendaten bereits abgedeckt bzw. geschwärzt hatte. Indem der Beschwerdegegner sich auf seinen Klienten «blind» vertraut und damit ein weitgehend ungeprüftes Dokument als Beweismittel im Forderungsprozess eingereicht hat, hat er nicht nur seine anwaltliche Sorgfaltspflichten gravierend verletzt (vgl. oben E. 3.6.2), sondern damit einhergehend ein besonders grosses Risiko der Verletzung des Bankkundengeheimnisses nach Art. 47 Abs. 1 lit. c BankG geschaffen. Die gleichgültige Hinnahme eines solchen Erfolgsrisikos übersteigt eine bewusste Fahrlässigkeit, bei der der Täter (pflichtwidrig unvorsichtig) darauf vertraut, der von ihm als möglich vorausgesehene Erfolg werde nicht eintreten.
Gestützt auf die dargelegten Umstände nimmt die Vorinstanz fälschlicherweise an, dass der Beschwerdegegner keine Verletzung des Bankkundengeheimnisses in Kauf nahm. Indem die Vorinstanz den Eventualvorsatz des Beschwerdegegners im Hinblick auf die Verletzung des Bankkundengeheimnisses verneinte, verletzte sie Bundesrecht.» (E. 3.6.3)
Die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich war daher gutzuheissen und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
BGer 6B_899/2021 vom 26.01.2023
Art. 47 BankG
1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:
- ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Organ, Angestellter, Beauftragter oder Liquidator einer Bank oder einer Person nach Artikel 1b oder als Organ oder Angestellter einer Prüfgesellschaft anvertraut worden ist oder das er in dieser Eigenschaft wahrgenommen hat;
- zu einer solchen Verletzung des Berufsgeheimnisses zu verleiten sucht;
- ein ihm nach Buchstabe a offenbartes Geheimnis weiteren Personen offenbart oder für sich oder einen anderen ausnützt.
1bis Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer sich oder einem anderen durch eine Handlung nach Absatz 1 Buchstabe a oder c einen Vermögensvorteil verschafft.
2 Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft.
3 …
4 Die Verletzung des Berufsgeheimnisses ist auch nach Beendigung des amtlichen oder dienstlichen Verhältnisses oder der Berufsausübung strafbar.
5 Vorbehalten bleiben die eidgenössischen und kantonalen Bestimmungen über die Zeugnispflicht und über die Auskunftspflicht gegenüber einer Behörde.
6 Verfolgung und Beurteilung der Handlungen nach dieser Bestimmung obliegen den Kantonen. Die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches196 kommen zur Anwendung.
Art. 12 BGFA
Berufsregeln Für Anwältinnen und Anwälte gelten folgende Berufsregeln:
- Sie üben ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft aus.
- Sie üben ihren Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus.
- Sie meiden jeden Konflikt zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.
- Sie können Werbung machen, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht.
- Sie dürfen vor Beendigung eines Rechtsstreits mit der Klientin oder dem Klienten keine Vereinbarung über die Beteiligung am Prozessgewinn als Ersatz für das Honorar abschliessen; sie dürfen sich auch nicht dazu verpflichten, im Falle eines ungünstigen Abschlusses des Verfahrens auf das Honorar zu verzichten.
- Sie haben eine Berufshaftpflichtversicherung nach Massgabe der Art und des Umfangs der Risiken, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind, abzuschliessen.
- Sie sind verpflichtet, in dem Kanton, in dessen Register sie eingetragen sind, amtliche Pflichtverteidigungen und im Rahmen der unentgeltlichen Rechtspflege Rechtsvertretungen zu übernehmen.
- Sie bewahren die ihnen anvertrauten Vermögenswerte getrennt von ihrem eigenen Vermögen auf.
- Sie klären ihre Klientschaft bei Übernahme des Mandates über die Grundsätze ihrer Rechnungsstellung auf und informieren sie periodisch oder auf Verlangen über die Höhe des geschuldeten Honorars.
- Sie teilen der Aufsichtsbehörde jede Änderung der sie betreffenden Daten im Register mit.
Quelle
LawMedia Redaktionsteam