ZGB 837 Abs. 1 Ziffer 3 – Praxisänderung
Das Bundesgericht (BGer) hatte im Fall BGer 5A_689/2022 Gelegenheit, die in BGE 136 III 6 eingeführte Rechtsprechung zum ehemals revidierten Wortlaut von ZGB 837 Abs. 1 Ziffer 3 zu prüfen.
Das BGer hat nun seine Praxis zu den vom Bauhandwerkerpfandrecht geschützten Arbeiten geändert und verlangt nun die Erfüllung folgender Voraussetzungen:
- Typische Bau- oder Abbrucharbeiten
- Vorliegen typischer Bau- oder Abbrucharbeiten.
- Physische, manuelle und / oder mechanische Arbeiten
- Vorhandensein physischer, manueller und / oder mechanische Arbeiten, unter Ausschluss geistiger oder immaterieller Arbeiten.
- Arbeiten
- Spezifischer Bezug zum Bauwerk, d.h.
- Bestehen eines direkten und unmittelbar funktionalen Zusammenhangs mit der individuellen Herstellung des Bauwerks und
- keine Wiederverwertbarkeit der Arbeiten für sich allein.
- Eine dauerhafte Integration oder Verbindung der Arbeiten ins Bauwerk selbst ist aber nicht erforderlich.
- Spezifischer Bezug zum Bauwerk, d.h.
Wie bisher:
Wie unter dem bisherigen Recht ist eine Lieferung von Baumaterialien nur pfandgeschützt,
- wenn diese Baumaterialien für die betreffende Baute besonders hergestellt oder bestimmt worden sind.
Neue Einschätzung:
Die Lieferung anderer Materialien ist pfandgeschützt,
- wenn die gelieferten Materialien mit anderen Materialien, die pfandgeschützt sind, eine Einheit bilden.
Überholte Praxis:
Die Praxis bzw. Rechtsprechung, wonach für den Pfandschutz eines Bauhandwerkerpfandrechts keine körperliche Verbindung oder keine Arbeit mit grundstücks-bestimmtem Bezug mehr erforderlich sind, gilt durch diesen Bundesgerichtsentscheid als überholt (Praxisänderung).
Zusammenhang nicht mehr ausreichend:
Für den Baupfandschutz der Lieferung von Material und / oder Arbeit reicht – neu – der blosse Sachzusammenhang mit dem konkreten Bauvorhaben nicht mehr aus.
In concreto:
Im konkreten Fall lag kein funktionaler Zusammenhang vor
- zwischen
- Material- und Abfalltransporten und
- Grabungs- und Aufschüttungsarbeiten.
BGer 5A_689/2022 vom 06.04.2023
Ursprüngliche Praxis / Regeste von BGE 136 III 6
Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB; Bauhandwerkerpfandrecht; Gerüstbau.
Die Montage eines Gerüsts, das nicht eigens für einen bestimmten Bau hergestellt wurde und auf einer anderen Baustelle wieder verwendet werden kann, ist keine Arbeit, für die ein Bauhandwerkerpfandrecht beansprucht werden kann. Für eine Änderung dieser Praxis bestehen keine ernsthaften sachlichen Gründe (E. 2-6).
Art. 837 ZGB
1 Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechtes besteht:
- für die Forderung des Verkäufers an dem verkauften Grundstück;
- für die Forderung der Miterben und Gemeinder aus Teilung an den Grundstücken, die der Gemeinschaft gehörten;
- für die Forderungen der Handwerker oder Unternehmer, die auf einem Grundstück zu Bauten oder anderen Werken, zu Abbrucharbeiten, zum Gerüstbau, zur Baugrubensicherung oder dergleichen Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben, an diesem Grundstück, sei es, dass sie den Grundeigentümer, einen Handwerker oder Unternehmer, einen Mieter, einen Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person zum Schuldner haben.
2 Ist ein Mieter, ein Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person Schuldner von Forderungen der Handwerker oder Unternehmer, so besteht der Anspruch nur, wenn der Grundeigentümer seine Zustimmung zur Ausführung der Arbeiten erteilt hat.
3 Auf gesetzliche Grundpfandrechte nach diesem Artikel kann der Berechtigte nicht zum Voraus verzichten.
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Quelle
LawMedia Redaktionsteam
Bildquelle: Orlan at Polish Wikipedia, CC BY-SA 3.0