Electronic Monitoring, d.h. die elektronische Überwachung, kann als Strafvollzugsform zur Diskussion stehen, wenn der vollziehbare Teil einer teilbedingten Freiheitsstrafe höchstens 12 Monate beträgt:
- Das Bundesgericht (BGer) gleicht seine Praxis zum Electronic Monitoring neu derjenigen zur Halbgefangenschaft an.
- Bisher war Electronic Monitoring nur dann zulässig, wenn die Gesamtfreiheitsstrafe nicht über einem Jahr betrug.
Detail-informationen
«Das Obergericht des Kantons Bern hatte eine Frau 2019 zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt; 10 Monate davon sprach es unbedingt aus. Ihr Gesuch um Vollzug des unbedingten Teils der Freiheitsstrafe in Form von Electronic Monitoring wurde abgewiesen, ebenso ihre spätere Beschwerde ans Berner Obergericht. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Frau gut und weist die Sache zu neuem Entscheid zurück ans Berner Obergericht. Als Alternative zum Normalvollzug einer Freiheitsstrafe in einer Strafanstalt wurden per 1. Januar 2018 für kurze Freiheitsstrafen unter anderem die besonderen Vollzugsformen der Halbgefangenschaft und des Electronic Monitoring eingeführt. Sowohl die Halbgefangenschaft als auch die elektronische Überwachung kommen von Gesetzes wegen nur bei Freiheitsstrafen mit einer Maximaldauer von 12 Monaten in Frage. In seiner bisherigen Rechtsprechung ging das Bundesgericht davon aus, dass als zeitliche Voraussetzung für Electronic Monitoring die ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe (unbedingter und bedingter Teil) 12 Monate nicht übersteigen dürfe. Es liegen ernsthafte sachliche Gründe vor, diese Praxis aufzugeben und die zeitliche Grenze für Electronic Monitoring derjenigen für Halbgefangenschaft anzugleichen. Bei der Prüfung beider besonderer Strafvollzugsformen ist demnach massgebend, dass der unbedingt ausgesprochene – also der tatsächlich vollziehbare – Teil der Freiheitsstrafe nicht mehr als 12 Monate beträgt. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesgericht aufgrund der Auslegung der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Regelung der besonderen Vollzugsformen auf Bundesebene. Unter anderem berücksichtigt es dabei die entsprechenden parlamentarischen Debatten und die in der Lehre geübte Kritik. Im konkreten Fall beträgt der unbedingt ausgesprochene Strafteil 10 Monate, womit ein Electronic Monitoring grundsätzlich in Betracht fällt. Das Berner Obergericht wird prüfen müssen, ob die weiteren Voraussetzungen dieser Vollzugsform erfüllt sind; dazu gehört unter anderem, dass weder Flucht- noch Rückfallgefahr besteht.
Quelle: Mitteilung des Bundesgerichts vom 16.04.2024
BGer 7B_261/2023 vom 18.03.2024
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LawMedia Redaktionsteam
Bildquelle: Von Ctruongngoc – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0