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Zivilprozess: Ordnungsbusse wegen nicht eingereichter Belege?

ZPO 128 Abs. 1 + 4; ZPO 164; ZPO 277 Abs. 3

Datum:
24.06.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Gerichte, Zivilprozess
Thema:
Zivilprozess
Stichworte:
Mitwirkungspflicht, nicht eingereichte Belege, Ordnungsbusse
Erlass:
ZPO 128 Abs. 1 + 4; ZPO 164; ZPO 277 Abs. 3
Entscheid:
Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 03.05.2022 (410 22 90)
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Die unterlassene Partei-Mitwirkung im Zivilprozess kann eine Störung des Geschäftsgangs gemäss ZPO 128 Abs. 1 bewirken und daher mit einer Ordnungsbusse geahndet werden.

Sachverhalt

Der Gerichtspräsident des Zivilkreisgerichts Basel-Landschaft West auferlegte dem Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren eine Ordnungsbusse von CHF 300.00, gestützt auf eine Störung des Geschäftsgangs im Sinne von ZPO 128 Abs. 1.

Prozess-History

Gegen diese Verfügung erhob der Beschwerdeführer «Widerspruch gegen Ordnungsbusse wegen nicht Einhaltung der Mitwirkungspflicht» und machte geltend, er habe seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt.

Erwägungen

Das Kantonsgericht Basel-Landschaft erwog zusammengefasst was folgt:

Gemäss ZPO 128 kann mit einem Verweis oder einer Ordnungsbusse bis zu CHF 1’000.00 bestraft werden,

  • wer im Verfahren vor Gericht den Anstand verletzt oder
  • wer den Geschäftsgang stört (vgl. ZPO 128).

Das Gericht kann zudem anordnen:

  • den Ausschluss von der Verhandlung anordnen (vgl. ZPO 128 Abs. 1).

Bei bös- oder mutwilliger Prozessführung können bestraft werden:

  • die Parteien und ihre Vertretungen mit einer Ordnungsbusse bis zu CHF 2’000.00 und
  • bei Wiederholung bis zu CHF 5’000.00 bestraft werden (vgl. ZPO 128 Abs. 3).

Im konkreten Fall wurde dem Beschwerdeführer das Unterlassen (und nicht das Tun) vorgeworfen, nämlich das Nichteinreichen einer Bestätigung der Einrichtungen der beruflichen Vorsorge über das während der Ehedauer bis zur Einleitung des Scheidungsverfahrens angesparte Vorsorgeguthaben samt Durchführbarkeitsbestätigung und damit einhergehend ein Verstoss gegen seine Mitwirkungspflicht.

Es war fraglich, ob ZPO 128 Abs. 1 auf ein solches Unterlassen der Mitwirkungspflicht gemünzt ist.

Für die Wahl der Disziplinarmassnahmen und die Bemessung der Ordnungsbusse sind zu berücksichtigen:

  • das Verhältnismässigkeitsprinzip;
  • das Verschulden der fehlbaren Person.

Zudem war das vorinstanzliche Verfahren von der beschränkten Untersuchungsmaxime beherrscht, weshalb das Verhalten des Beschwerdeführers auch die Wahrheitsfindung respektive die Feststellung des Sachverhalts nicht erschwerte.

Insofern waren vorliegend keine qualifizierenden Umstände ersichtlich, welche für die Beschwerdeinstanz eine disziplinarische Ahndung des Nichteinreichens der von der Vorinstanz geforderten Belege als zulässig erscheinen liess.

Die unterlassene Mitwirkung des Beschwerdeführers konnte daher nicht als Störung des Geschäftsgangs im Sinne von ZPO 128 Abs. 1 angesehen werden, weshalb ihm im vorinstanzlichen Verfahren keine Ordnungsbusse hätte auferlegt werden dürfen.

Entscheid

In Gutheissung der Beschwerde wurde Ziffer 1 der Verfügung des Gerichtspräsidenten des Zivilkreisgerichts Basel-Landschaft West vom 21.03.2022 aufgehoben.

Urteil des
Kantonsgerichts Basel-Landschaft
vom 03.05.2022
(410 22 90)

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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