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Wirtschaftsfreiheit / Eigentumsgarantie

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Verbot für von öffentlichem Grund aus sichtbare Plakatwerbung ist grundrechtskonform

BV 94

Datum:
08.07.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Wirtschaft
Thema:
Verbot für von öffentlichem Grund aus sichtbare Plakatwerbung
Stichworte:
Grundrecht, Grundrechtskontrolle, öffentlicher Grund, Plakatwerbung, Werbeverbot
Erlass:
BV 94
Entscheid:
Urteil vom 05.06.2024 (2C_36/2023, 2C_38/2023)
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Die Genfer Gemeinde Vernier erliess ein Verbot von kommerzieller Plakatwerbung, welche von öffentlichem Grund aus sichtbar ist.

Das Plakatwerbungsverbot

  • bedeutet
    • kein wirtschaftspolitischer Eingriff;
  • ist vereinbar mit
    • der Wirtschaftsfreiheit,
    • der Eigentumsgarantie und
    • dem Gleichbehandlungsgebot;
  • erweist sich für das Bundesgericht damit
    • als grundrechtskonform.

Das Bundesgericht (BGer) wies daher die Beschwerden von Unternehmen und Privatpersonen ab.

Sachverhalt

Der Gemeinderat der Stadt Vernier beschloss 2022 das Reglement zum Verbot von kommerzieller Plakatwerbung, mit folgenden Wirkungen:

  • Untersagung kommerzieller Plakat- und Anzeigenwerbung (auf Papier), welche von öffentlichem Grund aus sichtbar ist;
  • Verbotsgültigkeit unabhängig davon, ob sich die Werbung auf öffentlichem oder privatem Grund befindet.

Das Referendum gegen das Reglement kam nicht zustande.

Inkrafttreten: Ende Juli 2023.

Umsetzung: Die Gemeinde Vernier demontierte nun 132 der ursprünglich 172 Plakatwände.

Rechtsmittelergreifung

Gegen das Verbot kommerzieller Plakatwerbung erhoben mehrere Unternehmen und Privatpersonen Beschwerde, letztlich bis ans Bundesgericht (BGer).

Erwägungen des Bundesgerichts

Das BGer prüfte die Streitsache, d.h. Artikel 3 und 4 des Reglements von Verbier, im Rahmen einer abstrakten Grundrechtskontrolle:

  • Keine verbotene wirtschaftspolitische Massnahme?
    • Das Reglement von Verbier stellt keine nach Artikel 94 der Bundesverfassung (BV) verbotene wirtschaftspolitische Massnahme dar, da es
      • keine wirtschaftspolitischen Ziele verfolgt;
      • keine Einflussnahme auf den freien Wettbewerb bezweckt.
    • Das Verbot zielt vielmehr ab auf:
      • Ortsbildschutz;
      • Verbesserung der Bewegungsfreiheit der Menschen im öffentlichen Raum;
      • Bekämpfung einer visuellen Verschmutzung;
      • Gewährung einer Möglichkeit an die Bevölkerung, sich unerwünschter Werbung zu entziehen.
    • Dabei handelt es sich um umwelt- und sozialpolitische Zielsetzungen, die alle im öffentlichen Interesse liegen.
  • Zulässigkeit des Eingriffs in die Wirtschaftsfreiheit + Eigentumsgarantie?
    • Der mit dem Verbot kommerzieller Plakatwerbung verbundene Eingriff in die Grundrechte ist damit zulässig hinsichtlich:
      • Der Wirtschaftsfreiheit;
      • der Eigentumsgarantie.
  • Gesetzliche Grundlage, öffentliches Interesse + Verhältnismässigkeit?
    • Das Verbot stützt sich auf
      • eine ausreichende gesetzliche Grundlage;
      • ein überwiegendes öffentliches Interesse;
      • die Verhältnismässigkeit.
  • Plakatgesellschaften und andere wirtschaftliche Akteure?
    • Das Verbot bewirkt laut BGer keine übermässige Beschränkung der Rechte von Plakatgesellschaften oder wirtschaftlichen Akteuren, welche ihre Produkte oder Dienstleistungen bekannt machen möchten.
      • Zur Angebots-Bewerbung gebe es unzählige andere Möglichkeiten.
  • Verbot kommerzieller Plakatwerbung auf privatem Grund?
    • Einen stärkeren Grundrechtseingriff bedeutet das Verbot kommerzieller Plakatwerbung auf privatem Grund, welcher von öffentlichem Grund aus einsehbar ist.
    • Auch diese Einschränkung ist jedoch laut BGer verhältnismässig.
      • Ohne Ausweitung auf Privatgrundstücke
        • könnte das Verbot kommerzieller Plakatwerbung auf öffentlichem Grund umgangen werden;
        • könnten die von der Gemeinde Verbier angestrebten Ziele nicht erreicht werden.
  • Gebot der Gleichbehandlung?
    • Das BGer sieht im Verbot auch keine Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung von Konkurrenten, auch nicht in Bezug auf kulturelle und sportliche Veranstaltungen.
  • Meinungsäusserungsfreiheit?
    • Das Verbot ist auch mit der Meinungsäusserungsfreiheit vereinbar.

Entscheid des Bundesgerichts

  • Abweisung.

Urteil vom 05.06.2024 (2C_36/2023, 2C_38/2023)

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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