Sachverhalt
«A.________ erwarb im Januar 2018 eine Stockwerkeinheit in einer Liegenschaft in U.________/BE (Kauf- und Grundpfandvertrag vom 17. Januar 2018; Grundbucheintrag vom xxx Januar 2018). Die Vertragsparteien vereinbarten einen Kaufpreis von Fr. 860’000.-. Darin nicht enthalten war der «die Stockwerkeinheit betreffende Anteil am Erneuerungsfonds von Fr. 9’391.40». A.________ verpflichtete sich, «diesen Betrag […] dem Verkäufer ausserhalb dieses Vertrags zu überweisen». Am 27. Februar 2018 tätigte A.________ eine Überweisung in der Höhe von Fr. 10’020.60, die nach seinen Angaben an den Verkäufer der Stockwerkeinheit erfolgt ist.» (zit. BGer-Urteil)
Prozess-History
- Steuerverwaltung des Kantons Bern
- Am 17. März 2020 veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons Bern A.________ für das Jahr 2018 abweichend von dessen Steuererklärung mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 122’481.- bei der direkten Bundessteuer und von Fr. 109’504.- bei den Kantons- und Gemeindesteuern. Die Abweichung beruhte im Wesentlichen darauf, dass die Steuerverwaltung von den deklarierten Liegenschaftsunterhaltskosten einen Betrag in der Höhe von Fr. 9’391.- nicht zum Abzug zuliess.
- Steuerrekurskommission des Kantons Bern + Verwaltungsgericht des Kantons Bern
- Die Rechtsmittel, die A.________ hiergegen im Kanton Bern ergriff, blieben erfolglos:
- Entscheide der Steuerrekurskommission des Kantons Bern vom 16. März 2021;
- Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 12. Mai 2023).
- Die Rechtsmittel, die A.________ hiergegen im Kanton Bern ergriff, blieben erfolglos:
- Bundesgericht
- Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 13. Juni 2023 beantragt A.________, der Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 12. Mai 2023 sei aufzuheben und sein Einkauf in den Erneuerungsfonds in der Höhe von Fr. 9’391.40 sei als Liegenschaftsunterhalt zum Abzug zuzulassen.
Erwägungen des Bundesgerichts
Strittig war, dass die Vorinstanzen dem Beschwerdeführer A.________ den nach seinen Angaben dem Verkäufer der Stockwerkeinheit für den Anteil am Erneuerungsfonds bezahlten Betrag nicht als Liegenschaftskosten gemäss Art. 32 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) zum Abzug zugelassen haben.
- Meinung der Vorinstanz
- Die Vorinstanz hat sich dabei namentlich auf Art. 1 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 der Verordnung der ESTV vom 24. August 1992 über die abziehbaren Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer (ESTV-Liegenschaftskostenverordnung; SR 642.116.2) berufen und dabei erwogen, dass diese Regelung den sachenrechtlich bedingten Eigenheiten des Erneuerungsfonds Rechnung trage.
- Demgegenüber habe es sich bei der streitgegenständlichen Zahlung offensichtlich um einen Teil des Veräusserungsgeschäfts ohne jeglichen Bezug zu Liegenschaftsunterhalt gehandelt.
- Ansicht des Beschwerdeführers A.________
- Der Beschwerdeführer A.________ war seinerseits der Ansicht,
- dass die ESTV-Liegenschaftskostenverordnung lückenhaft sei,
- und ersuchte das Bundesgericht, die von ihm identifizierte Lücke dahingehend zu füllen,
- dass sog. «Einkäufe» in den Erneuerungsfonds (Erwerb einer Quote des Erneuerungsfonds) gleich wie Einlagen behandelt werden sollten
- und ebenfalls zum Abzug zuzulassen seien.
- dass die ESTV-Liegenschaftskostenverordnung lückenhaft sei,
- Der Beschwerdeführer A.________ war seinerseits der Ansicht,
- Feststellungen des Bundesgerichts
- Bereits im Urteil 2C_652/2015, 2C_653/2015 vom 25. August 2016 hatte das Bundesgericht entschieden, dass aus der Optik des einzelnen Stockwerkeigentümers die Einzahlung eines Vorschusses oder Beitrags in den Erneuerungsfonds eine definitive Ausgabe darstelle.
- Ob von einer definitiven Stockwerkeigentümer-Ausgabe ausgegangen werden könne, sei zumindest aus der zivilrechtlichen Sicht zweifelhaft.
- Unterschiede zu den früheren Entscheiden
- Im Gegensatz zu den Steuerpflichtigen im Verfahren 2C_652/2015, 2C_653/2015 ersuchte der Beschwerdeführer A.________ hier nicht darum, die Unterhaltskosten abziehen zu dürfen, wenn der Erneuerungsfonds betreffende Aufwendungen tätige.
- A.________ wollte vielmehr als Käufer einer Stockwerkeinheit den Betrag vom steuerbaren Einkommen abziehen können, den er dem Verkäufer für den Anteil am Erneuerungsfonds gezahlt habe.
- Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers A.________ lässt sich dieser Zahlungsgrund nicht mit Unterhaltskosten gleichsetzen.
- Es handelt sich um Entgelt, welches der Käufer A.________ dem Verkäufer für die Veräusserung beweglichen Vermögens in Form des Anteils am Erneuerungsfonds bezahlt hat.
Zusammenfassend ergab sich, dass die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt hat, indem sie den Abzug der Zahlung des Beschwerdeführers an den Verkäufer der Stockwerkeinheit verweigert hat.
Entscheid des Bundesgerichts
- Die Beschwerde wird betreffend die direkte Bundessteuer abgewiesen.
- Die Beschwerde wird betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern abgewiesen.
- Die Gerichtskosten von Fr. 2’500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
- Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.
BGer 9C_391/2023 vom 05.01.2024
4. Abschnitt: Privatvermögen
Art. 32
1 Bei beweglichem Privatvermögen können die Kosten der Verwaltung durch Dritte und die weder rückforderbaren noch anrechenbaren ausländischen Quellensteuern abgezogen werden.
2 Bei Liegenschaften im Privatvermögen können die Unterhaltskosten, die Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die Versicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte abgezogen werden.78 Das EFD bestimmt, welche Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, den Unterhaltskosten gleichgestellt werden können.79 Den Unterhaltskosten gleichgestellt sind auch die Rückbaukosten im Hinblick auf den Ersatzneubau.80
2bis Investitionskosten nach Absatz 2 zweiter Satz und Rückbaukosten im Hinblick auf einen Ersatzneubau sind in den zwei nachfolgenden Steuerperioden abziehbar, soweit sie in der laufenden Steuerperiode, in welcher die Aufwendungen angefallen sind, steuerlich nicht vollständig berücksichtigt werden können.81
3 Abziehbar sind ferner die Kosten denkmalpflegerischer Arbeiten, die der Steuerpflichtige aufgrund gesetzlicher Vorschriften, im Einvernehmen mit den Behörden oder auf deren Anordnung hin vorgenommen hat, soweit diese Arbeiten nicht subventioniert sind.
4 Der Steuerpflichtige kann für Grundstücke des Privatvermögens anstelle der tatsächlichen Kosten und Prämien einen Pauschalabzug geltend machen. Der Bundesrat regelt diesen Pauschalabzug.
78 Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 3. Okt. 2008 über die steuerliche Behandlung von Instandstellungskosten bei Liegenschaften, in Kraft seit 1. Jan. 2010 (AS 2009 1515; BBl 2007 7993 8009).
79 Fassung des zweiten Satzes gemäss Ziff. II 3 des Energiegesetzes vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2017 6839; BBl 2013 7561).
80 Dritter Satz eingefügt durch Ziff. II 3 des Energiegesetzes vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2017 6839; BBl 2013 7561).
81 Eingefügt durch Ziff. II 3 des Energiegesetzes vom 30. Sept. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2017 6839; BBl 2013 7561).
642.116.2
Verordnung der ESTV
über die abziehbaren Kosten
von Liegenschaften des Privatvermögens
bei der direkten Bundessteuer
(ESTV-Liegenschaftskostenverordnung)
Quelle: fedlex.admin.ch
Weiterführende Informationen
- Stockwerkeigentum / Veräusserung Sonderrecht + Erwerb der Erneuerungsfonds-Quote
- Stockwerkeigentum / Erneuerungsfonds
- Stockwerkeigentum / Erneuerungsfonds und Steuern
- StWE-Kostentragung / Beitragspflicht
Quelle
LawMedia Redaktionsteam