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Kartellrecht / Wettbewerbsrecht

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Rechtsschutz bei WEKO-Massnahmen

Ein kurzer Überblick

Datum:
08.08.2024
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Kartellrecht, Wettbewerbsrecht
Thema:
Rechtsschutz – WEKO-Massnahmen
Stichworte:
Legalitätsprinzip, Marktwirtschaft, Rechtsschutz, rechtsstaatliche Prinzipien, Unternehmen, Verhältnismässigkeitsprinzip, WEKO-Massnahmen, Wettbewerb
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Einleitung + Problemstellung

Das Grundmodell der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsverfassung verlangt auch in der Schweiz nach einer

  • funktionierenden Wettbewerbsordnung.

Die Wettbewerbskommission WEKO ist gegenüber Unternehmen, die sich nachweislich kartellrechtswidrig verhalten haben, mit Befugnissen zur Ergreifung von Massnahmen ausgestattet, wie

  • Anordnung der Unterlassung vergleichbarer Verstösse;

Bei einer weiteren Missachtung kann als nächst höhere Massnahme

  • eine Sanktion verhängt werden.

Seit der Teilrevision 2003, in Kraft seit 1.4.2004, hat die WEKO zudem die Befugnis,

  • bestimmte Verstösse gegen das Kartellgesetz direkt zu sanktionieren;
    • zu denken sind vor allem an:
      • Preisabreden;
      • Marktmachtmissbrauch;
      • Austausch des Interesses an einem Projekt
      • Informationsaustausch über Arbeitsgemeinschaften (ARGE)
      • Verpflichtung an ein marktbeherrschendes Unternehmen,
        • ein anderes Unternehmen zu bestimmten Konditionen zu beliefern (Beispiel: Service Après Vente für Uhren).

Rechtsschutz von Unternehmen

Dabei stellen sich Fragen des Rechtsschutzes von Unternehmen bei Massnahmen der WEKO.

Für direkte Sanktionen der WEKO sind – von den Rechtsgrundlagen ausgehend – wie bei jedem verwaltungsrechtlichen Handeln folgende Kriterien zu beachten:

  • Legalitätsprinzip
    • KG 30 Abs. 1 + 2
    • KG 12
    • KG 5 + 7
    • EMRK
  • Verhältnismässigkeitsprinzip
    • Öffentliches Interesse
      • Die Massnahmen müssen sicherstel­len, dass sich ein Unternehmen, welches einen Kartellrechtsverstoss begangen hat, in Zukunft kartellrechtskonform verhält und so im öffentlichen Interesse eines wirksamen Wettbewerbs steht (vgl. KG 1).
    • Hinreichender Zusammenhang mit dem Regelverstoss
      • Kartellgesetz-Verstoss des Unternehmens
      • Massnahme nach Art des Verstosses
        • zB Untersagung vergleichbaren Verhaltens
        • zB Anordnung zu einem Tun oder Unterlassen,
          • wie der Verpflichtung eines marktbeherrschenden Unternehmens, das konkurrenzierte Unternehmen zu bestimmten Bedingungen zu beliefern (= Kontrahierungspflicht)
        • zB Unterlassungsanordnung bei unzulässiger Wettbewerbsabrede
    • Erforderlichkeit der Massnahme
      • Andauernder Kartellrechtsverstoss
        • > Unterlassungsanordnung
      • Beendeter Kartellrechtsverstoss
        • > Differenzierte Anordnung
          • Unterlassungsanordnung, wenn die Gefahr besteht für
            • Wiederaufnahme einer Wettbewerbsverletzung
            • erneute unzulässige Wettbewerbsabreden
    • Abwägung der betroffenen Interessen
      • d.h.
        • das Interesse am Wettbewerbsschutz +
        • das Interesse des betroffenen Unternehmens
  • Verfahrensgrundsätze + Verfahrensrechte
    • Zwecksetzung / Motivierung
      • Korrekte Sachverhaltsermittlung
      • Richtige Anwendung materiellen Rechts
      • Faires Verfahren
      • Vermeidung willkürlicher Eingriffe in die Rechtsstellung der Unternehmen
      • Sicherstellung von Legitimation und Akzeptanz durch Unternehmen + Publikum
    • Grundsatz Unschuldsvermutung
      • Im kartellverwaltungsrechtlichen Verfahren sind die strafprozessualen Garantien von EMRK 6 EMRK anwendbar, sofern und soweit ein direkt sanktionierbarer Kartellrechtsverstoss in Frage steht
      • Die WEKO weist in ihren Medienmitteilungen regelmässig darauf hin, dass die erwähnten bzw. bestimmte oder bestimmbare Unternehmen Anspruch auf die Unschuldsvermutung hätten.
    • Grundsatz Fairness
      • Auch für Kartellverfahren gilt das Prinzip des fairen Verfahrens (vgl. BV 29 Abs. 1 + EMRK 6 Abs. 1 sowie VwVG, insbeso VwVG 10 und VwVG 59)
      • Obwohl die Fairnessgarantien nur für Gerichtsverfahren gelten, sind sie auch in den Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen
    • Grundsatz des Rechtlichen Gehörs
      • Das rechtliche Gehör bzw. die Anhörungsrechte sollten durchwegs beachtet werden (vgl. VwVG 29 ff. zu den Gehörsregeln)
      • In folgenden Stadien eines WEKO-Verfahrens sollte der Gehörsanspruch gelten:
        • Vorgängige Anhörung bei der Untersuchung
        • Einbringung von Standpunkten der Unternehmen in einem frühen Zeitpunkt des Untersuchungsverfahrens
          • Zugang zu den Verfahrensakten
          • Pflicht oder Obliegenheit der Unternehmen, sich nach Treu und Glauben über den Verfahrens- und Aktenstand zu informieren
        • Nach Abschluss der Untersuchung
        • Begründung des Verfügungsantrags des WEKO-Sekretariats
        • Kenntnisnahme der Endverfügung der WEKO
    • Rechtsschutz, Entscheiddispositiv und Begründung

Fazit

Die erwähnten Massnahmen sind in einem fairen Verfahren unter Wahrung der dargelegten rechtsstaatlichen Prinzipien auszuüben.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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