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«Salon-Prostitution» in Lucens VD: Beschwerde gegen Prostitutionsreglement von Bundesgericht teilweise gutgeheissen

Verbotsrayon als unverhältnismässige Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit

Datum:
17.09.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Staatsrecht
Stichworte:
Beschwerde, Prostitutionsreglement, Salon-Prostitution, Verbotsrayon, Wirtschaftsfreiheit
Entscheid:
BGer 2C_474/2023 vom 06.09.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Die Waadtländer Gemeinde Lucens hat ein kommunales Reglement erlassen, welches die sog. «Salon-Prostitution» «einschränkt»:

  • Definitiver Verbotsrayon
    • Das Reglement sieht ein Verbot der «Salon-Prostitution» bezüglich Gebäude, die weniger als 100 Meter entfernt sind von
      • Kultstätten;
      • Friedhöfen;
      • Vorschul- und Schulgebäuden;
      • Kinderkrippen;
      • Berufsbildungsstätten;
      • Heimen;
      • betreuten Wohnungen;
      • Krankenhäusern.
  • Teil- oder zeitweises Verbot
    • Für weitere Gebiete soll ein teil- und zeitweises Verbot von Salon-Prostitution gelten.
  • Ausdehnungsvorbehalt
    • Die Gemeinde hat sich sodann vorbehalten, den Verbotsrayon auf die unmittelbare Umgebung der zu schützenden Orte auszudehnen.

Dieses Rayonverbot stellt laut Bundesgereicht eine unverhältnismässige Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit dar.

Das Bundesgericht hiess daher die Beschwerde gegen das kommunale Reglement teilweise gut. 

Detail-Informationen

«Der Gemeinderat von Lucens hatte Ende 2022 das Reglement über die Ausübung der Prostitution erlassen, das kurz darauf in Kraft trat. Gemäss Artikel 7 ist die Salon-Prostitution dauerhaft verboten in hauptsächlich zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden und in Zonen mit überwiegender Wohnnutzung sowie in einem Rayon von 100 Metern darum herum. Verboten ist Salon-Prostitution sodann in Gebäuden, die weniger als 100 Meter entfernt sind von Kultstätten, Friedhöfen, Vorschul- und Schulgebäuden, Kinderkrippen, Berufsbildungsstätten, Heimen, betreuten Wohnungen und Krankenhäusern. Für weitere Gebiete gilt ein teil- und zeitweises Verbot von Salon-Prostitution. Die Gemeinde kann sodann Ausnahmen bewilligen. Ein Unternehmen, das den Betrieb eines Prostitutions-Salons in Lucens plant, gelangte gegen mehrere Bestimmungen des Reglements ans Kantonsgericht des Kantons Waadt, das die Beschwerde 2023 abwies. Das Bundesgericht heisst die dagegen erhobene Beschwerde des Unternehmens in seiner öffentlichen Beratung vom Freitag teilweise gut. Es hebt die Regelung von Artikel 7 des Reglements insoweit auf, als das dauerhafte Verbot von Salon-Prostitution auf einen Umkreis von 100 Metern um überwiegend zum Wohnen genutzte Gebäude und Zonen oder andere zu schützende Orte ausgedehnt wird. Das Reglement der Gemeinde Lucens ist in weiten Teilen demjenigen von Payerne (VD) nachgebildet. Das Bundesgericht hat dieses Reglement 2016 unter dem Aspekt der Wirtschaftsfreiheit als zulässig erachtet. Bejaht hat es zunächst das Bestehen eines öffentlichen Interesses an einem Verbot von Salon-Prostitution für bestimmte Gemeindegebiete, um damit die Nachtruhe der Bewohner von Wohnsiedlungen zu gewährleisten und andere Störungen zu verhindern. Die Regelung der Gemeinde Lucens unterscheidet sich von derjenigen der Gemeinde Payerne jedoch in einem wesentlichen Punkt; dabei handelt es sich um das Verbot von Salon-Prostitution auch im Umkreis von 100 Metern um überwiegend zum Wohnen genutzte Gebäude und Zonen oder andere zu schützende Orte. Zur Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Ruhe genügt es, das Verbot auf die unmittelbare Umgebung dieser Gebiete zu beschränken. Eine Ausdehnung des Schutzrayons auf 100 Meter erweist sich zur Erreichung der angestrebten Ziele nicht als erforderlich. Hinzu kommt, dass vom 100-Meter-Verbotsrayon in Lucens auch weitgehend solche Zonen erfasst werden, die gemäss Rechtsprechung und dem angefochtenen Reglement für Salon-Prostitution grundsätzlich geeignet wären. Auch wenn sich das Verbot letztlich nicht auf das gesamte bebaubare Gemeindegebiet bezieht, bedeutet der gemäss Artikel 7 des Reglements auf 100 Meter ausgedehnte Verbotsrayon eine unverhältnismässige Beschränkung der Wirtschaftsfreiheit. Daran ändert nichts, dass die Gemeinde Ausnahmen bewilligen kann. Die Gemeinde kann den Verbotsrayon wie in Payerne auf die unmittelbare Umgebung der zu schützenden Orte ausdehnen.»

Quelle: Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 06.09.2024

BGer 2C_474/2023 vom 06.09.2024

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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