Das Bundesgericht (BGer) hat seine Rechtsprechung zum Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung bei einer Adipositas (starkes Übergewicht) angepasst.
- Die grundsätzliche Behandelbarkeit von Adipositas steht daher einem Anspruch auf eine Rente nicht mehr zum vornherein entgegen.
- Von den von Adipositas betroffenen Personen darf allerdings verlangt werden,
- dass sie zumutbare Behandlungen zur Behebung der Beeinträchtigung durchführen, zB
- diätische Therapie oder
- ein Bewegungsprogramm.
- dass sie zumutbare Behandlungen zur Behebung der Beeinträchtigung durchführen, zB
Bisher:
Gemäss bisheriger Rechtsprechung bewirkte eine Adipositas grundsätzlich
- keine Invalidität, welche zu einer Rentenleistung berechtigt bzw.
- nur dann zu einem Rentenanspruch berechtigte,
- wenn die Adipositas körperliche oder geistige Gesundheitsschäden verursachte oder die Folge von solchen Schäden bildete.
Diese Rechtsprechung ging letztlich davon aus, dass das starke Übergewicht willentlich überwindbar sei:
- Entwickelt hatte sich diese Praxis auf der Grundlage von derjenigen zu Suchterkrankungen.
- Das BGer passte seine diesbezügliche Rechtsprechung (auch als Folge der Praxisänderung zu leichten oder mittelschweren Depressionen) in der Folge aber an (vgl. BGE 145 V 215).
Neu:
Inskünftig sollte daher in einem strukturierten Beweisverfahren ermittelt werden,
- inwiefern sich die Beeinträchtigung im Einzelfall auf die Arbeitsfähigkeit der versicherten Person auswirkt.
Es gibt keinen Grund, die bisherige «Sonderrechtsprechung» zu Adipositas aufrechtzuerhalten:
- Mitzuberücksichtigen ist dabei aber,
- dass es bei der Adipositas um folgendes handelt:
- eine chronische, komplexe somatische (körperliche) Krankheit.
- dass es bei der Adipositas um folgendes handelt:
- Die Rechtsprechung ist deshalb dahingehend zu ändern, dass
- die grundsätzliche Behandelbarkeit einem IV-Rentenanspruch nicht per se entgegen steht;
- im Einzelfall danach zu fragen ist, wie sich die Krankheit in Bezug auf die Leistung limitierend auswirkt;
- selbstverständlich eine Pflicht zur Schadenminderung besteht.
Ein Anspruch auf eine IV-Rente setzt in diesem Sinne voraus, dass die betroffene Person folgendes unternimmt:
- zumutbare diätische oder medikamentöse Therapien;
- Verhaltenstherapien;
- Bewegungsprogramme.
In concreto
Im konkreten Fall hiess das BGer die Beschwerde einer Frau mit einer Adipositas Grad III und einem Bodymassindex von 58 teilweise gut, die erfolglos eine IV- Rente beantragt hatte:
- Es stand jedenfalls fest, dass es die Beschwerdeführerin nicht per sofort eine 100 %-ige Arbeitsfähigkeit erreichen konnte.
Die IV-Stelle wird neu entscheiden müssen, wobei mit Blick auf die Schadenminderungspflicht auch medizinische Abklärungen zu treffen sein werden.
BGer 8C_104/2024 vom 22.10.2024
Quelle
LawMedia Redaktionsteam