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Staatsrecht / Sozialversicherungsrecht

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Abstimmung zur Reform AHV 21: Bundesgericht weist Beschwerden ab

BV 34

Datum:
12.12.2024
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Staatsrecht, Sozialversicherungsrecht
Thema:
Abstimmung zur Reform AHV 21
Stichworte:
Abstimmung, Abweisung, AHV 21, AHV-Reform 2021, AHV-Reform 21, Beschwerde, Bundesgericht, Reform, Volksabstimmung
Erlass:
BV 34
Entscheid:
BGer 1C_487/2024, 1C_491/2024, 1C_496/2024, 1C_497/2024, 1C_504/2024 vom 12.12.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Summary

Das Bundesgericht (BGer) hat in öffentlicher Beratung vom 12.12.2024 die Beschwerden im Zusammenhang mit der Volksabstimmung vom 25.09.2022 über die Reform AHV 21 abgewiesen:

  • Eine Aufhebung der Volksabstimmung fällt ausser Betracht aufgrund
    • der Rechtssicherheit und
    • des Vertrauensschutzes.
  • Ob eine Fehlinformation der Stimmbevölkerung vorlag, kann damit offen bleiben.

Im Einzelnen:

Sachverhalt

Volksabstimmung zur AHV-Reform 21

Die Schweizer Stimmbevölkerung hat am 25.09.2022 über die Reform der Alters- und Hinterlassenenversicherung abgestimmt (AHV 21).

Die AHV-Reform bestand aus zwei miteinander verbundenen Vorlagen:

  • Vorlage 1
    • Die eine Vorlage betraf die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (MWST).
  • Vorlage 2
    • Die andere Vorlage bezog sich auf Änderungen des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG), insbesondere zur Erhöhung des Rentenalters für Frauen von 64 auf 65 Jahre.

Zur Vorlage 1

  • Abstimmungsergebnis
    • Die Änderung des AHVG wurde mit 50,5 % Ja-Stimmen angenommen, die Erhöhung der Mehrwertsteuer mit 55,1 %.
  • Bundesrats-Erläuterung vor der Abstimmung
    • Aus den Erläuterungen des Bundesrates (BR) vor der Abstimmung (die von den politischen Akteuren und den Medien aufgegriffen wurden) ging hervor, dass sich der Finanzierungsbedarf der AHV im Zeitraum von 2022 bis 2032 auf rund CHF 18,5 Mrd. belaufen würde.
  • BSV-Pressemitteilung nach der Abstimmung
    • Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) teilte im Rahmen einer Pressemitteilung am 06.08.2024 mit, festgestellt zu haben, dass die AHV-Ausgaben langfristig unplausibel hoch erscheinen würden.
    • Zwei Forschungsinstitute seien damit beauftragt worden, jeweils eigene Berechnungsmodelle zu entwickeln.

Beschwerdeführer

  • Mehrere Privatpersonen und eine politische Partei erhoben Beschwerde ans Bundesgericht (BGer) und verlangten die Aufhebung der Abstimmung zur Änderung des AHVG.

Erwägungen

  • Finanzprognose
    • Bei der Ermittlung des Finanzierungsbedarfs für die AHV auf 10 Jahre hinaus handelt es sich laut BGer um eine Prognose.
  • Prognosengehalt
    • Prognosen seien von ihrer Natur her unsicher.
    • Die Stimmbevölkerung sei sich dessen bewusst gewesen.
  • Grundaussage
    • Tatsächlich wurde mit den Abstimmungserläuterungen die Grundaussage transportiert, dass die Finanzlage der AHV schlecht sei, sich laufend verschlechtere und Massnahmen zur Sanierung geboten seien.
  • Abstimmungsergebnis
    • Das Abstimmungsergebnis war indessen sehr knapp.
  • Fehlinformation der Stimmbevölkerung?
    • Das Bundesgericht meint, dass letztlich offenbleiben könne, ob eine relevante Fehlinformation der Stimmbevölkerung und damit eine schwere Verletzung der Abstimmungsfreiheit gemäss Artikel 34 der Bundesverfassung vorliege.
  • Beurteilung nach Rechtssicherheit und Vertrauensschutz
    • Eine Aufhebung der Abstimmung falle laut Bundesgericht nicht in Betracht, und zwar aufgrund
      • der Rechtssicherheit;
      • des Vertrauensschutzes bzw.
      • des Schutzes von Treu und Glauben.
  • Praxis
    • Laut Bundesgericht darf gemäss Rechtsprechung nicht auf ein abgeschlossenes Abstimmungsverfahren mit erwahrtem Ergebnis leichthin zurückgekommen werden.
  • Untrennbarkeit der Vorlagen 1 + 2
    • Die Vorlage der Reform AHV 21 war offensichtlich untrennbar mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer verknüpft.
  • Unmöglichkeit der Aufhebung nur von Vorlage 2
    • Laut Bundesgericht wäre es daher nicht möglich, einzig die Abstimmung über die Reform AHV 21 aufzuheben.
    • Eine Aufhebung auch der Vorlage zur Erhöhung der Mehrwertsteuer hätte erhebliche Konsequenzen.
  • Zu viel bezahlte MWST
    • Die Konsumenten hätten seit rund einem Jahr zu viel Mehrwertsteuer bezahlt, ohne dass eine Rückabwicklung möglich wäre.
  • Inkrafttreten Frauen-AHV-Alter
    • Auch wenn die Erhöhung des AHV-Alters für Frauen erst im Januar 2025 in Kraft tritt, dürften sich viele Frauen und auch die Arbeitgeberseite bereits darauf eingestellt haben.
  • Identische Beurteilung für die durch weitere Anpassungen betroffen
    • Das gilt auch für die Betroffenen von weiteren Anpassungen, die bereits in Kraft stünden.

Entscheid

Das Bundesgericht wies die Beschwerden an seiner öffentlichen Beratung vom 12.12.2024 ab.

BGer 1C_487/2024, 1C_491/2024, 1C_496/2024, 1C_497/2024, 1C_504/2024 vom 12.12.2024

Medienmitteilung des Bundesrates vom 12.12.2024, 15.33 Uhr:

«BR – Abstimmung über die Zusatzfinanzierung der AHV und die AHV21 bleibt gültig
Bern, 12.12.2024 – Das Bundesgericht hat die Beschwerden betreffend die eidgenössische Volksabstimmung vom 25. September 2022 über die «Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer» und die «Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV21)» abgewiesen. Der Bundesrat nimmt das Urteil zur Kenntnis. Er wartet die ausführliche schriftliche Urteilsbegründung ab und wird die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen.»

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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