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A-Post Plus: Samstagzustellungen führen zum Beginn des Fristenlaufs am Sonntag

Werktagfristbeginne erst nach Inkraftsetzung des neuen «Fristengesetzes» / A Post-Plus-Zustellunsicherheiten nicht geregelt

Datum:
27.02.2025
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Verwaltungsrecht, Gerichte, Sozialversicherungsrecht
Thema:
A-Post Plus
Stichworte:
A-Post Plus-Zustellungen, Beginn des Fristenlaufs, Beweismittel, Beweisnot, Keine Problemlösung, Montag, Nächster Werktag, Negativbeweis, Samstagzustellungen, Sonntag, Zustellungen, Zustellunsicherheiten, Zustellvermutung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Einleitung

Die Behörden gehen immer mehr dazu über, dass sie nicht mehr eingeschriebene Sendungen versenden, sondern sog. A-Post Plus-Zustellungen vornehmen.

Der Gesetzgeber hat den Missstand erkannt, dass bei der A-Post Plus-Zustellung die Frist am Sonntag zu laufen beginnt. – Bis das neue «Fristengesetz» in Kraft ist, wird es noch einige Zeit dauern und die bisherige Praxis des Sonntag-Fristbeginns wird weiterhin Gültigkeit haben.

Ausgangslage

Die als A-Post Plus-Sendung übermittelte Verfügung gelangt grundsätzlich durch Einwurf in den Briefkasten oder durch Hinterlegung in ein Postfach in den Machtbereich des Adressaten.

Bundesgerichtliche Rechtsprechung

Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung bewirkt der samstägliche Einwurf einer als einfache Sendung übermittelten Verfügung gleichentags als eine rechtsgül­tige Zustellung, sodass die (Rechtsbehelf- oder Rechtsmittel-)Frist am Sonntag zu laufen beginnt.

Nach objektiven Gesichtspunkten kann nicht mit vertretbarem Organisationsaufwand die Leerung des Briefkastens oder des Postfachs am Samstag und eine Kenntnisnahme der hinterlegten Verfügung erwartet werden.

Darüber hinaus erweist sich der behördliche Versand einer Verfügung mit prognostizierter Zustel­lung an einem Samstag

  • als treuwidrig, weil die Behörden und Gerichte an Wochenenden geschlossen und für den Verkehr mit Parteien selbst nicht er­reichbar sind.

Mehrfacher Versand oder A-Post Plus-Sendungen

Nach bundesgerichtlicher Praxis besteht eine natürliche Vermutung der rechtsgül­tigen Zustellung einer einfachen Sendung, wenn die verfügende Behörde den mehrfachen Versand belegt oder ein Zustellungsnachweis einer A-Post Plus Sen­dung vorlegt.

Natürliche Zustellvermutung von A-Post Plus-Sendungen

Die natürliche Vermutung der rechtsgültigen Zustellung einer A-Post Plus-Sen­dung auf der Grundlage eines Zustellungsnachweises hat das Bundesgericht in ei­ner Analogie zur Rechtsprechung der Hinterlegung einer Abholungseinladung für Einschreibe-Sendungen entwickelt.

Diese Analogie vermag indessen nicht zu über­zeugen:

  1. Die fehlende Verlässlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Eintragungspraxis im Sendungsverfolgungssystem der Post bei A-Post Plus Sendungen (Track-and-Trace) verunmöglicht einen willkürfreien Schluss auf die rechtsgültige Zustel­lung.
  2. Die mit der natürlichen Vermutung einhergehende Be­weiserleichterung bei A-Post Plus-Sendungen ist sachlich nicht gerechtfertigt.
  3. Im Ge­gensatz zu eingeschriebenen Sendungen begibt sich die verfügende Behörde mit der Wahl einer A-Post Plus Sendung freiwillig in eine Beweisnot.
  4. Es erweist sich nicht als sachgemäss, denAdressaten aufgrund der natürli­chen Vermutung der rechtsgültigen Zustellung faktisch den kaum zu erbringenden Gegenbeweis für eine negative Tatsache der „Nichtzustellung“ zuzuweisen.

Es darf der Behörde oder dem Gericht zugemutet werden, durch die Wahl einer geeigneten Zustellungsart, wie Einschreibe-Sendungen, ein besseres Be­weismittel für die Tatsache der rechtsgültigen Zustellung zu wählen.

Sonntags-Fristbeginn nur für A-Post Plus-Sendungen aus bestimmten Erlassen

Nicht alle «Samstagzustellungen» führen zum Beginn des Fristenlaufs am Sonntag, zum Beispiel nicht in Zivilprozessen.

Aktuell betroffen vom sonntäglichen Fristbeginn sind die Verfügungen, die sich auf folgende Gesetze stützen:

  • Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVG);
  • Bundesgerichtsgesetz (BGG);
  • Militärstrafgesetz (MStG);
  • Militärstrafprozess (MStP);
  • Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG);
  • Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG).

Die uneinheitliche Anwendung des Fristenlauf-Beginns am Sonntag oder erst am nächsten Werktag, je nach dem der Verfügung zugrundeliegenden Erlass, macht das „Fristen-Management“ für Laien noch komplizierter.

Pendentes Gesetzgebungsverfahren

Der Gesetzgeber hat den Missstand erkannt und den Bundesrat (BR) mit der Ausarbeitung einer gesetzlichen Regelung beauftragt, welche sicherstellen soll, dass der Fristenlauf auch bei einer Zustellung am Samstag erst am darauffolgenden Montag beginnt.

Diese Neuerung soll für sämtliche Verfahrensgesetze des Bundes und damit insbesondere auch für das Steuerrecht und Sozialversicherungsrecht des Bundes gelten.

Wir berichteten davon, dass der BR am 12.02.2025 die Botschaft ans Parlament verabschiedet hat:

Dieser Beitrag war bereits redigiert und musste nun an die Botschaftsverabschiedung des BR vom 12.02.2025 angepasst werden.

Solange das neue «Fristengesetz» noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, gilt immer noch für Verfügungen der erwähnten Erlasse der «Sonntags-Fristbeginn». Also: Achtung!

Noch nicht behobene A-Post Plus-Zustellunsicherheiten

Der Gesetzeber bzw. der Bundesrat haben es unterlassen, eine «ganze Sache» zu machen:

  • Es wäre nun die Gelegenheit gewesen, von den Behörden und Gerichten bei einsprache- oder rechtsmittelfähigen Verfügungen anstelle von A-Post Plus-Sendungen Einschreibesendungen zu verlangen.

Fazit

Aufgrund des Vorsichtsprinzips sollte für die Berechnung des Fristenlaufs das Datum der Ausstellung der Verfügung gewählt werden.

Da der Adressat beim Sendungsempfang nicht mitwirkt, sind Varianten denkbar, die auch regelmässiger Briefkasten-Leerung nicht garantieren, dass das Vorhandensein des Briefes im Briefkasten auch das Empfangsdatum ist.

  • Zu denken ist, dass der Postmann den Brief in den Nachbarbriefkasten wirft und der Nachbar den nicht ihn betreffenden Brief erst Tage später in den Zielbriefkasten einwirft.

Auch sollte zusammen mit der Verfügung das Zustellkuvert vorsichtshalber aufbewahrt werden.

Jedenfalls birgt die Versendungsänderung von Einschreibebriefen zu A-Post Plus ein Wechsel in der Rechtssicherheit:

  • Die Behörde stellt auf die Post und dessen Briefeinlage in den Briefkasten ab, anstatt die rechtssichere Einschreiben-Variante mit Empfangsbestätigungzu wählen.

Die Behörden scheinen zur Erkenntnis gelangt zu sein, dass durch die niedergradige Zustellungsart und die Empfangsunsicherheit in der Fristberechnung

  • weniger Einsprachen und Rechtsmittel ergriffen werden.

Ein solches Ansinnen wäre rechtsstaatlich bedenklich.

Der Bundesrat hat mit seiner Botschaft zum Fristbeginn an Werktagen nur eine der beiden A Post Plus-Zustell-Unsicherheiten angegangen. Eine deutlichere Klärung des Einschreiben-Erfordernis zu Gunsten der Sendungsempfänger für bestimmte bzw. wichtige Sendungs-Anlässe fehlt noch. 

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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