Einleitung
Die neuen Bestimmungen zur Umsetzung des Bundesgesetzes über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses sind am 01.01.2025 in Kraft getreten.
Vgl. unseren Ursprungs-Beitrag zu dieser Gesetzesänderung:
Bisher: Betreibung auf Pfändung für öffentlich-rechtliche Forderungen
Bis Ende 2024 war die Betreibung auf Konkurs von öffentlich-rechtlichen Forderungen ausgeschlossen.
Die Zwangsvollstreckung ins Vermögen des Schuldners für öffentlich-rechtliche Forderungen hatte zu erfolgen
- durch Betreibung auf Pfändung.
Das Unternehmen konnte so seine Tätigkeiten weiterführen, auch dann, wenn zB diverse Steuerschulden nicht beglichen sind.
Neu: Betreibung auf Konkurs für öffentlich-rechtliche Forderungen
Öffentlich-rechtliche Forderungen müssen seit 01.01.2025 geltend gemacht werden
- durch Betreibung auf Konkurs,
- sofern der Schuldner im Handelsregister eingetragen ist.
Betroffene Forderungen
Zu den öffentlich-rechtlichen Forderungen zählen zB
- Steuern
- Abgaben
- Gebühren
- Bussen
- Sozialversicherungsbeiträge
- Rückzahlungspflichten von Covid- und ähnlichen Forderungen
- Rückerstattung von Förderbeiträgen
- und dergleichen mehr.
Wirkung
Damit soll verhindert werden, dass u.a. Gesellschaften,
- welche Forderungen nicht bezahlen,
- weiterhin am Geschäftsverkehr teilnehmen und
- bei der Allgemeinheit sowie
- den übrigen Wirtschaftsteilnehmern zusätzlichen Schaden verursachen können.
Die Konkursbetreibung führt im Vergleich zur bisherigen Pfändungsbetreibung
- zur faktischen Handlungsunfähigkeit einer Gesellschaft im Falle der Nichtbezahlung von offenen Forderungen,
- allenfalls zur Auflösung des Unternehmens durch Konkurs.
Stichtag: 01.01.2025
Zwangsvollstreckungsverfahren gegenüber Schuldnern, die der Konkurseröffnung unterliegen,
- welche nach dem 01.01.2025 veranlasst wurden,
- unterliegen der neuen Gesetzgebung.
Verfahren,
- welche vor dem 01.01.2025 eingeleitet wurden,
- sind vom neuen Recht nur betroffen,
- sofern und soweit noch keine Pfändung erfolgte.
- sind vom neuen Recht nur betroffen,
Neu gefordertes Fristen- und Zahlungsmanagement
Aufgrund der obgenannten Gesetzesänderung und des damit verbundenen existentiellen Risikos für das Unternehmen ist folgendes zu empfehlen:
- Beachtung der internen Prozesse
- Es ist inländischen juristischen Personen zu empfehlen,
- ihre internen Prozesse (Buchführung, Mahnwesen, Zahlwesen, usw.),
- die Einhaltung der Steuervorschriften vertieft zu analysieren und v.a.
- die Zahlungsfristen vorzumerken.
- Es ist inländischen juristischen Personen zu empfehlen,
- Beachtung Dokumentationsfristen
- Es ist sicherzustellen,
- dass Deklarationsfristen öffentlich-rechtlicher Forderungen gewahrt werden und,
- dass die jeweiligen Steuererklärungen bei Bund, Kantonen und Gemeinden fristgerecht eingereicht werden.
- Es ist sicherzustellen,
- Beachtung Zahlungsfristen
- Für den Fall von Zahlungsschwierigkeiten ist der Schuldnerin zu empfehlen, frühzeitig mit den zuständigen Behörden und öffentlich-rechtlichen Gläubigern Kontakt aufzunehmen und eine Stundung bzw. eine Ratenzahlung vereinbaren:
- Kantonale Steuerverwaltung
- Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV)
- Ausgleichskassen.
- Für den Fall von Zahlungsschwierigkeiten ist der Schuldnerin zu empfehlen, frühzeitig mit den zuständigen Behörden und öffentlich-rechtlichen Gläubigern Kontakt aufzunehmen und eine Stundung bzw. eine Ratenzahlung vereinbaren:
Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
(Auszug)
Neu Art. 39 SchKG
B. Konkursbetreibung
1. Anwendungsbereich
Art. 39 SchKG
1 Die Betreibung wird auf dem Weg des Konkurses, und zwar als «Ordentliche Konkursbetreibung» (Art. 159–176) oder als «Wechselbetreibung» (Art. 177–189), fortgesetzt, wenn der Schuldner in einer der folgenden Eigenschaften im Handelsregister eingetragen ist:
1. als Inhaber einer Einzelfirma (Art. 934 und 935 OR67);
2. als Mitglied einer Kollektivgesellschaft (Art. 554 OR);
3. als unbeschränkt haftendes Mitglied einer Kommanditgesellschaft (Art. 596 OR);
4. als Mitglied der Verwaltung einer Kommanditaktiengesellschaft (Art. 765 OR);
5.68…
6. als Kollektivgesellschaft (Art. 552 OR);
7. als Kommanditgesellschaft (Art. 594 OR);
8. als Aktien- oder Kommanditaktiengesellschaft (Art. 620 und 764 OR);
9. als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Art. 772 OR);
10. als Genossenschaft (Art. 828 OR);
11. als Verein (Art. 60 ZGB69);
12. als Stiftung (Art. 80 ZGB);
13.70 Investmentgesellschaft mit variablem Kapital (Art. 36 Kollektivanlagengesetz vom 23. Juni 200671, KAG);
14.72 Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (Art. 98 KAG).73
2 …74
3 Die Eintragung äussert ihre Wirkung erst mit dem auf die Bekanntmachung im Schweizerischen Handelsamtsblatt folgenden Tage.
67 SR 220
68 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 4791; BBl 2002 3148, 2004 3969).
69 SR 210
70 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 3 des Kollektivanlagengesetzes vom 23. Juni 2006, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 5379; BBl 2005 6395).
71 SR 951.31
72 Eingefügt durch Anhang Ziff. II 3 des Kollektivanlagengesetzes vom 23. Juni 2006, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 5379; BBl 2005 6395).
73 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1995 1227; BBl 1991 III 1).
74 Aufgehoben durch Art. 15 Ziff. 1 Schl- und UeB zu den Tit. XXIV–XXXIII OR (AS 53 185; BBl 1928 I 205, 1932 I 217).
Aufhebung von Art. 43 Ziffer 1 SchKG
E. Ausnahmen von der Konkursbetreibung
Art. 4378 SchKG
Die Konkursbetreibung ist in jedem Fall ausgeschlossen für:
- 79
1bis. 80
- 81 periodische familienrechtliche Unterhalts- und Unterstützungsbeiträge sowie Unterhaltsbeiträge nach dem Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 2004 82;
- Ansprüche auf Sicherheitsleistung.
78 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1995 1227; BBl 1991 III 1).
79 Aufgehoben durch Ziff. I 2 des BG vom 18. März 2022 über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses, mit Wirkung seit 1. Jan. 2025 (AS 2023 628; BBl 2019 5193).
80 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 3. Okt. 2003 (AS 2004 2757; BBl 2002 7107 7116). Aufgehoben durch Ziff. I 2 des BG vom 18. März 2022 über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses, mit Wirkung seit 1. Jan. 2025 (AS 2023 628; BBl 2019 5193).
81 Fassung gemäss Anhang Ziff. 16 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2005 5685; BBl 2003 1288).
82 SR 211.231
Vgl. auch:
Handelsregisterverordnung (HRVo)
(Auszug)
Art. 45 Abs. 1 Bst. p nHRVo
Bei Aktiengesellschaften müssen ins Handelsregister eingetragen werden:
p. falls die Gesellschaft keine ordentliche oder eingeschränkte Revision durchführt: ein Hinweis darauf sowie das Datum des Beginns des Geschäftsjahres, ab welchem der Verzicht gilt (Art. 62 Abs. 2);
…
Art. 62 nHRVo
Verzicht auf eine eingeschränkte Revision
1 Aktiengesellschaften, die weder eine ordentliche noch eine eingeschränkte Revision durchführen, müssen dem Handelsregisteramt mit der Anmeldung zur Eintragung des Verzichts eine Erklärung einreichen, dass:
- die Gesellschaft die Voraussetzungen für die Pflicht zur ordentlichen Revision nicht erfüllt;
- die Gesellschaft nicht mehr als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt hat;
- sämtliche Aktionärinnen und Aktionäre auf eine eingeschränkte Revision verzichtet haben.
2 Die Erklärung muss das Datum des Beginns des Geschäftsjahres enthalten, ab welchem der Verzicht gilt und von mindestens einem Mitglied des Verwaltungsrats unterzeichnet sein. Folgende Dokumente oder Kopien davon müssen der Erklärung beigelegt werden:
- die von der Generalversammlung genehmigte Jahresrechnung des letzten abgelaufenen Geschäftsjahres;
- das Protokoll betreffend die Genehmigung der Jahresrechnung oder ein Auszug davon;
- gegebenenfalls der Revisionsbericht betreffend das letzte abgelaufene Geschäftsjahr; und
- die Verzichtserklärungen der Aktionärinnen und Aktionäre oder das massgebliche Protokoll der Generalversammlung.
3 Die Erklärung kann bereits bei der Gründung abgegeben werden.
4 Soweit erforderlich, passt der Verwaltungsrat die Statuten an und meldet dem Handelsregisteramt die Löschung oder die Eintragung der Revisionsstelle an.
5 Das Handelsregisteramt fordert die Gesellschaft auf, die Verzichtserklärung zu erneuern oder eine Revisionsstelle zu bezeichnen, wenn:
- es von den kantonalen Steuerbehörden die Meldung erhält, dass eine Gesellschaft keine Jahresrechnung eingereicht hat (Art. 112 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 19903 über die direkte Bundessteuer [DBG]); oder
- Umstände vorliegen, die den Anschein erwecken, dass die Voraussetzungen für den Verzicht auf eine eingeschränkte Revision nicht mehr gegeben sind.
6 Wenn die Gesellschaft weder die Verzichtserklärung erneuert noch eine Revisionsstelle anmeldet, überweist das Handelsregisteramt die Angelegenheit dem Gericht (Art. 939 OR).
7 Reicht die Gesellschaft infolge einer Aufforderung gemäss Absatz 5 Buchstabe a die Jahresrechnung gemäss Absatz 2 Buchstabe a ein, so leitet das Handelsregisteramt diese an die Steuerbehörden weiter (Art. 112 Abs. 1 DBG).
Schweizerisches Obligationenrecht (OR)
(Auszug)
2. Eingeschränkte Revision
Art. 727a OR
1 Sind die Voraussetzungen für eine ordentliche Revision nicht gegeben, so muss die Gesellschaft ihre Jahresrechnung durch eine Revisionsstelle eingeschränkt prüfen lassen.
2 Mit der Zustimmung sämtlicher Aktionäre kann auf die eingeschränkte Revision verzichtet werden, wenn die Gesellschaft nicht mehr als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt hat. Der Verzicht gilt nur für künftige Geschäftsjahre und muss vor Beginn des Geschäftsjahres beim Handelsregisteramt angemeldet werden.613
2bis Der Anmeldung des Verzichts im Handelsregister muss die Jahresrechnung des zuletzt abgelaufenen Geschäftsjahres beigelegt werden.614
3 Der Verwaltungsrat kann die Aktionäre schriftlich um Zustimmung ersuchen. Er kann für die Beantwortung eine Frist von mindestens 20 Tagen ansetzen und darauf hinweisen, dass das Ausbleiben einer Antwort als Zustimmung gilt.
4 Haben die Aktionäre auf eine eingeschränkte Revision verzichtet, so gilt dieser Verzicht auch für die nachfolgenden Jahre. Jeder Aktionär hat jedoch das Recht, spätestens zehn Tage vor der Generalversammlung eine eingeschränkte Revision zu verlangen. Die Generalversammlung muss diesfalls die Revisionsstelle wählen.
5 Soweit erforderlich passt der Verwaltungsrat die Statuten an und meldet dem Handelsregister die Löschung oder die Eintragung der Revisionsstelle an.
613 Zweiter Satze eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 18. März 2022 über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses, in Kraft seit 1. Jan. 2025 (AS 2023 628; BBl 2019 5193).
614 Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 18. März 2022 über die Bekämpfung des missbräuchlichen Konkurses, in Kraft seit 1. Jan. 2025 (AS 2023 628; BBl 2019 5193).