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Gesellschaftsrecht

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Organisationsmangel: Anspruch auf gerichtliche Genehmigung des Sachwalter-Honorars?

OR 731b

Datum:
20.08.2025
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Gesellschaftsrecht
Thema:
Organisationsmangel
Stichworte:
Anspruch, Entschädigung, gerichtliche Genehmigung, Organisationsmangel, Sachwalter, Sachwalter-Honorar
Erlass:
OR 731b
Entscheid:
OGer ZG Z2 2024 37 vom 18.09.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Regeste

OR 731b Abs. 2 – Eine betragsmässige Festlegung des dem Sachwalter nach Abschluss der Arbeiten geschuldeten Honorars durch das Gericht ist ebenso wenig gesetzlich vorgeschrieben wie die nachträgliche Genehmigung.

Sachverhalt

«Die E. Inc. (nachfolgend auch: Gesuchstellerin) ist Aktionärin der A. AG (nachfolgend auch: Gesuchsgegnerin). In der Auffassung, bei der A. AG liege ein Organisationsmangel vor, ersuchte die E. Inc. den Einzelrichter am Kantonsgericht Zug um Anordnung von Massnahmen nach Art. 731b Abs. 1bis OR. Der Einzelrichter stellte bei der A. AG einen Organisationsmangel fest. Er setzte B. ab April 2023 für sechs Monate und ab Oktober 2023 CA. und CB. (nachfolgend auch: Berufungskläger), beide von der D. AG, als Sachwalter der A. AG ein. B. sowie CA. und CB. ersuchten den Einzelrichter um Genehmigung ihrer Honorarnoten. Mit Entscheid vom 15. April 2024 genehmigte der Einzelrichter die Honorarnote von B. Mit Entscheid vom 4. Juni 2024 hielt der Einzelrichter fest, dass das Mandat der Sachwalter CA. und CB. beendet sei; zudem wies er gestützt auf ein in einem anderen Verfahren zwischenzeitlich ergangenes Urteil des Obergerichts Zug den Antrag von CA. und CB. auf Genehmigung ihres Honorars ab. Gegen diesen Entscheid reichten CA. und CB. beim Obergericht des Kantons Zug Berufung ein. Sie verlangten, dass ihr Honorar im Umfang von CHF 102’961.00 genehmigt und die A. AG zur Zahlung dieses Betrags verpflichtet werde.» (Quelle: https://www.zg.ch/behoerden/staatskanzlei/kanzlei/gvp/buch-gvp-2024/gerichtspraxis/zivilrecht/@@book_reader_view)

Aus den Erwägungen

Fehlt der Gesellschaft ein vorgeschriebenes Organ oder ist ein Organ nicht rechtmässig zusammengesetzt,

  • so kann ein Aktionär oder ein Gläubiger dem Gericht beantragen,
    • die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen.

Besteht ein solcher Organisationsmangel,

  • kann das Gericht das fehlende Organ bestimmen oder einen Sachwalter ernennen.

Im Einzelnen:

  • Rechtsnatur
    • Das Verhältnis eines eingesetzten Sachwalters zur Gesellschaft
      • ist privatrechtlicher Natur.
  • Kosten
    • Die Kosten der angeordneten Massnahmen trägt zwingend die Gesellschaft,
      • wobei diese einen Kostenvorschuss zu leisten hat.
  • Kostenübernahmepflicht
    • Es genügt, wenn die Gesellschaft im Organisationsmängelverfahren
      • dem Grundsatze nach zur Übernahme der Kosten verpflichtet wird und
      • die Grundsätze der Honorierung eines Sachwalters festgelegt werden.
  • Quantitativ
    • Eine betragsmässige Festlegung des nach Abschluss der Arbeiten geschuldeten Honorars durch das Gericht im Organisationsmängelverfahren
      • ist ebenso wenig vorgeschrieben,
      • wie dessen nachträgliche Genehmigung.
  • Gerichtliche Honorar-Genehmigung
    • Ersucht ein Sachwalter
      • um die gerichtliche Genehmigung seines Honorars sowie
      • die Verpflichtung zur Zahlung des genehmigten Betrags an ihn,
        • hat das Gericht mangels gesetzlicher Grundlage auf diesen Antrag nicht einzutreten.

Entscheid

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass vorliegend keine Grundlage (Norm oder Entscheid) besteht, wonach

  • der Organisationsmängelrichter das Sachwalter-Honorar der Berufungskläger genehmigt und
  • die Gesellschaft zur Zahlung in der Höhe des genehmigten Betrags verpflichtet.

Richtigerweise hätte die Vorinstanz den Antrag der Berufungskläger jedoch nicht abweisen dürfen.

Vielmehr hätte sie auf den Antrag mangels Zuständigkeit gar nicht eintreten dürfen.

Folglich ist die Berufung – soweit darauf eingetreten wird –

  • teilweise gutzuheissen und
  • der Antrag auf Genehmigung und Verpflichtung zur Zahlung von CHF 102’961.00 ist durch Nichteintreten zu erledigen.

(vgl. Urteil des Obergerichts Zug Z2 2023 5 vom 19. Dezember 2023 E. 2.3 mit Hinweisen).

OGer ZG Z2 2024 37 vom 18.09.2024

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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