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Strittiges Anwaltshonorar: Vertraulichkeit des Vergleichsangebots des neuen Klientenvertreters

Art. 2 Abs. 2 und 12 lit. a BGFA sowie Art. 6 + 26 SSR

Datum:
04.08.2025
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Anwälte / Mediatoren, Anwaltshonorare
Thema:
Strittiges Anwaltshonorar
Stichworte:
Anwälte, Anwaltshonorar, Anwaltskanzleien, Honorarnote, MandatserfüIlung, Rechtsanwälte, Schweizerischer Anwaltsverband, Standesregeln, Vergleichsangebot, Vertraulichkeit
Erlass:
Art. 2 Abs. 2 und 12 lit. a BGFA sowie Art. 6 + 26 SSR
Entscheid:
BGer 2C_579/2023 vom 29.08.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Die von einem Rechtsanwalt erstellte Honorarnote ist eine Folge seiner MandatserfüIlung:

  • Die Geltendmachung der Honorare
    • bildet
      • eine Weiterführung der ausgeübten beruflichen Tätigkeit und
    • unterliegt
      • dem Anwaltsgesetz.

Nach den Standesregeln des Schweizerischen Anwaltsverbands (SSR)

  • dürfen dem Gericht
    • Vergleichsvorschläge nicht ohne Zustimmung der Gegenpartei zur Kenntnis gebracht werden;
  • macht den Anwalt, welcher sich im Zivilverfahren nicht vertreten lässt,
    • nicht zur nichtvertretenen Partei im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung.

Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer

  • durch die Vorlage einer als <vertraulich> gekennzeichneten E-Mail
    • mit einem Vergleichsvorschlag im Verfahren zur Durchsetzung seiner Honorarforderung
      • seine Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit verletzt.

Detail-Begründung zu dem als vertraulich deklarierten Dokument

Vergleichsgespräche gelten als vertraulich, wenn dies von den Parteien ausdrücklich vereinbart worden sind:

  • Falls sich der Rechtsanwalt gleichwohl vor Gericht auf die fraglichen Äusserungen beruft, verletzt er seine Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Berufsausübung;
    • (vgl. BGE 144 II 473, Erw. 4.6.1 und 4.6.2, mit Hinweisen = Pra 2019 Nr. 66).

Die als <vertraulich> gekennzeichnete E-Mail vom 01.04.2021,

  • welche dem Beschwerdeführer vom neuen Rechtsvertreter seiner früheren Mandanten zugestellt wurde und
  • einen vergleichsvorschlag von 35 % der letzten Honorarnoten des Beschwerdeführers per Saldo aller Ansprüche enthielt, und
  • die negative Antwort des Beschwerdeführers

wurden von zwei Rechtsanwälten im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit ausgetauscht:

  • Es handelt sich somit um Vergleichsverhandlungen,
    • die in den Anwendungsbereich von Art. 12 BGFA fallen, und
    • der Beschwerdeführer durfte die strittige E-Mail dem Gericht nicht vorlegen.

Dass der Betroffene sich im Zivilverfahren als Berufsangehöriger nicht vertreten liess, macht ihn nicht zur nichtvertretenen Partei im Sinn der oben erwähnten Rechtsprechung:

  • Andernfalls würde der Vertraulichkeitsschutz, der den Vergleichsverhandlungen untersteht, wirkungslos;

Die Wahrung der Vertraulichkeit ist eine Regel, welche öffentlich-rechtlich motiviert ist, da die beruflichen Pflichten – namentlich das Vertrauen in den Anwaltsberuf – selbst stärken sollen:

  • Zudem war die strittige E-Mail als <vertraulich> gekennzeichnet.
  • Mit der Offenlegung der einen Vergleichsvorschlag enthaltenden E-Mail vom 01.04.2021 im Verfahren zur Einforderung seiner Honorare verletzte der Beschwerdeführer seine aus Art. 12 lit. a BGFA fliessende Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit.

Bundesgerichts-Entscheid

Abweisung der Beschwerde des früheren Rechtsanwalts

BGer 2C_579/2023 vom 29.08.2024

Praxis 5/2025, Nr. 31, S. 434 ff.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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