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Zivilprozessrecht / Prozessfinanzierung

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Chancen + Risiken der Prozessfinanzierung in Massenverfahren

Nichteintreten des Nationalrates auf die «Verbandsklage-Vorlage» vom 17.03.2025

Datum:
18.09.2025
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Zivilprozess
Thema:
Chancen + Risiken der Prozessfinanzierung in Massenverfahren
Stichworte:
Einzelverfahren, Massenverfahren, Prozessfinanzierung, Prozessführung, Prozessgewinnabrechnung, Prozessgewinnverteilung, Prozesskostenteilung, Verbandsklage-Vorlage, Zivilprozess, Zivilprozessordnung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Einleitung

Die Erläuterungen für Einzelverfahren in Prozessfinanzierung haben wird dargelegt, in:

Ausserhalb der Schweiz wurden verschiedene sog. «Massenverfahren» angestossen und – mit mehr oder weniger Erfolg – realisiert:

Siehe ferner:

Thema

In den vergangenen Jahren hat sich die «Prozesswelt», v.a. in Ausländischen Verfahren, verändert:

  • VW-Dieselskandal / Folgeskandale weiterer Automobilhersteller
    • (siehe unten «Deutschland»)
  • Maut-Unternehmen
  • Lkw-Hersteller
    • Die LKW-Hersteller Daimler, MAN, Volvo/Renault, Iveco und Scania wurden wegen Verstosses gegen die europäischen Wettbewerbsregeln geahndet, für den die Europäische Kommission mit Entscheidungen vom Juli 2016 und September 2017 Geldbußen in Höhe von insgesamt etwa EUR 3,8 Milliarden
  • etc.

s.e.&o. / ohne Gewähr und ohne Vollständigkeit.

Grundprinzipien

Im Ausland wurden anfänglich massenhaft Einzelklagen zur gerichtlichen Geltendmachung gleichartiger Verbraucheransprüche angestrengt, oft finanziert durch Dritte und mit Folgen für das Gerichtssystem.

Propagiert wurde, dass Prozessfinanzierer geschädigten Verbrauchern die Verfolgung ihrer Ansprüche ohne finanzielles Risiko ermöglichen würden.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien nur einige Schwierigkeiten solcher ausländischer Verfahren erwähnt:

  • Probleme mit der Unmittelbarkeit und der Dispositionsmaxime;
  • Individuelle Sachverhalte erschweren «Sammelprozessführung»;
  • Absicherung der Prozessfinanzierer mittels Anspruchs-Abtretung oder Forderungskaufs (ursprünglich Geschädigte verlieren die Herrschaft über den Prozessgegenstand);
  • Prozessfinanzierer sind dem Justizgewährungsanspruch und der Schutzwürdigkeit der Verbraucher nicht verpflichtet;
  • Prozessfinanzierungskosten betragen oft mehr als 40 % der eingeklagten Summe.

Richtig ist gleichwohl:

  • Die Prozessfinanzierung ermöglicht dem Kläger eine Anspruchsdurchsetzung mit geringerem Risiko und einem für die betroffenen Verbraucher erweiterten Rechtsschutz.

Aufgrund der erwähnten Gefahren wird in vielen kontinental-europäischen Ländern eine Regulierung für die Finanzierung und prozessuale Abwicklung von Verbraucherklagen angestrebt.

Massenverfahren

Viele Exponenten beschäftigen sich immer wieder und kontrovers mit den «Massenverfahren»:

  • Die EU-Kommission, die weiterhin ihre Regulierung erwägt;
  • die Gerichte, die regelmäßig mit Verfahrens- und Rechtsgewährungsregeln beschäftigt sind;
  • die Rechtsgelehrten mit ihren dogmatischen Einordnungen;
  • die Juristentage.

Problematik

Ohne Prozessfinanzierung ergäbe sich folgende Situation:

  • Unzähligen Geschädigten würde der Zugang zum Recht verwehrt;
  • eine gerichtliche Überprüfung ihrer Ansprüche wäre damit nicht möglich;

Ein Zustand, der letztlich allein dem Schädiger zugutekäme. Den Geschädigten würde die effektive Durchsetzung ihrer materiellen Ansprüche und damit der Rechtszugang verwehrt.

Exkurs Deutschland

In Deutschland, dem Land der grossen europäischen Autohersteller, ist aufgrund der Abgasskandale und der Mentalität der Autokäufer eine Schadenersatzkultur entstanden, die zwar trotz des fremden Rechts nachvollziehbar ist, aber auch nicht immer zum Erfolg führt.

«Dieselskandal VW, Audi, Mercedes: BGH vereinfacht Schadenersatz für Fahrzeuge mit Thermofenster

Der Bundesgerichtshof (BGH) erleichtert Schadenersatz wegen der Verwendung von Thermofenstern. Das bedeutet für Besitzerinnen und Besitzer betroffener Fahrzeuge von VW, Audi und Mercedes:

  • Anspruch auf Schadenersatz nicht nur bei Vorsatz, sondern auch bei fahrlässigem Verhalten des Herstellers
  • vereinfachte Berechnung der Schadensersatzhöhe: 5 bis 15 Prozent des Kaufpreises

Alle Informationen zum aktuellen Urteil »

Quelle: Daimler | adac.de

Schweizerischer Ansatz der «Verbandsklage» fehlgeschlagen

In der Schweiz steckt man bezüglich der Legiferierung des Sammelklage-Themas noch in den Kinderschuhen:

  • Vorschlag des Bundesrates
    • Mit der geplanten Revision der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO) hat der Bundesrat zu den zivilprozessualen Massenverfahren einen eigenen und speziellen Weg eingeschlagen:
      • Der Bundesrat hat am 10.12.2021 neue Vorschläge zum kollektiven Rechtsschutz vorgeschlagen.
        • Gemäss BR soll die bestehende Verbandsklage ausgebaut werden und künftig auch die Geltendmachung von Ersatzansprüchen ermöglichen.
        • Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 10.12.2021 die Botschaft zu einer Änderung der Zivilprozessordnung zuhanden des Parlaments verabschiedet.
    • Vgl. hiezu:
  • Nationalrat
    • Der Nationalrat hat die Vorlage zur Ergänzung der Zivilprozessordnung (ZPO) mit der Möglichkeit von «Sammelklagen» durch Konsumentenorganisationen am 17.03.2025 durchdebattiert.
    • Der Nationalrat trat auf die Vorlage nicht ein.

Medienmitteilung des Schweizer Parlaments vom 17.03.2025

Fazit

Die Prozessfinanzierung und die Massenprozessverfahren bzw. Verbraucherklagen sind immer noch nicht final reguliert und damit ihr System im Endergebnis ungewiss.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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