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Immobilien / Mietrecht / Gebrauchsleihe

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Immobilien-Zwischennutzungen: Miete, Gebrauchsleihe oder Pop Up-Stores?

Teil 1: Miete oder Gebrauchsleihe?

Datum:
31.10.2025
Rechtsgebiet:
Sachenrecht / Immobiliarsachenrecht, Gebrauchsleihe, Geschäftsraummiete / Ladenmiete, Mietrecht / Miete / Mietvertrag
Thema:
Immobilien-Zwischennutzungen
Stichworte:
Gebrauchsleihe, Miete, Pop Up-Stores, Zwischennutzung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Einleitung

Ein «Leerstand» ist für jeden Hauseigentümer ein Albtraum.

Die Folgerisiken sind:

  • Hausbesetzungen
  • Plünderungen
  • Vandalismus
  • Unterhaltsschäden
  • etc..

Grundlagen

Die Leerstands-Folgen sind:

  • Fixkosten
    • Hypothekarzinsen, Kosten von Betrieb, Unterhalt und Erneuerung, Hausbesetzungs- und Räumungskosten usw.
  • Keine Erträge
    • Ausfallende Mietzinsen.

Leerstandsursache?

Zunächst stellt sich die Frage nach der Leerstandsursache:

  • Objektalter oder Gebäudenachteile?
    • Unterhaltsnachholbedarf?
    • Baufälligkeit?
    • Schlechte Raumeinteilung?
  • Beabsichtigter, veränderungsbedingter Leerstand (Renovation oder Abbruch mit Ersatzneubau)?
    • Entmietung von Dauermietern?
    • Herbeiführung des totalen Leerstandes
    • Sicherung des Leerstandes bis Baubeginn

Zwischennutzung?

Unweigerlich stellt sich die Frage nach der geeigneten Art der Zwischennutzung.

Entscheidende Faktoren sind dabei:

  • Art der Nutzung;
  • Dauer der Nutzung;
  • Beginn des Umbauvorhabens.

Diese Parameter sind entscheidend für die Art und Weise der Zwischennutzung.

Lösungsmöglichkeiten?

Drei Grundsatzkonzepte stehen für Temporär-Nutzungen im Vordergrund:

  • Gebrauchsleihe
  • Temporäre Miete
  • Exkurs für Geschäftsräume: Pop-up-Stores

Die vertragliche Ausgestaltung ist divers.

Einfluss der Nutzerart

Entscheidend ist die Nutzungsart der Räume.

Handelt es sich um

  • Wohnräume?
  • Geschäftsräume?

Die Regeln und Rechtsgeschäfte zur Nutzung von Wohn- und Geschäftsräumen sind partiell unterschiedlich.

Kautelen beeinflussen die Lösung

Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit?

  • Miete
    • Die Miete ist ein Vertragsverhältnis, bei welchem der Mieter dem Vermieter für die Benutzung einer Wohnung oder von Geschäftsräumen einen Mietzins schuldet und zu bezahlen hat.
  • Gebrauchsüberlassung
    • Mit dem (grundstücksbezogenen) Gebrauchsleihevertrag verpflichten sich der Verleiher, dem Entlehner ein oder mehrere Räume zum unentgeltlichen Gebrauch zu überlassen, und der Entlehner dieselbe Sache nach gemachtem Gebrauche dem Verleiher zurückzugeben.
  • Pop Up-Store
    • Beim Pop-up-Shop werden kurzfristig die Räumlichkeiten für ein Einzelhandelsgeschäft vorübergehend frei, weshalb darin ein bestimmtes Warenangebot temporär abgesetzt werden kann wie Restposten, Saisonware, Lagerverkauf etc.

Berücksichtigung der Sozialschutzprägung

Folge des mietrechtlichen Sozialschutzgedankens sind die besonderen Bestimmungen zur Wohn- und Geschäftsraummiete, insbesondere

  • der Schutz vor missbräuchlichen Mietzinsen und
  • der Kündigungsschutz
    • Erstreckung der Mietverhältnisse
      • Wohnräume
        • um bis zu vier Jahren;
      • Geschäftsräume
        • um bis zu sechs Jahren.

Dies macht den Vermietern bei sog. «Leer-Kündigungen» für Renovationen oder Um- und Neubauten zu schaffen.

Mieterverzögerungen

Bei einem «Entmietungsprojekt» ist es denkbar, dass ein einzelner Mieter die Renovation bzw. den Um- und Neubau um Jahre verzögern kann.

Für den Vermieter und Eigentümer kann daher eine unfreundliche Verzögerung entstehen:

  • Während laufender Mietverträge
    • Keine Planungssicherheit für den Eigentümer;
    • Notwendigkeit frühzeitiger Mietvertragsauflösung;
      • Umplatzierung des Mieters in andere Mieterobjekt, falls vorhanden;
      • Unvorteilhafter Leerstand bis Baubeginn;
        • Besetzung der Wohnungen;
        • Beschädigungen;
        • Mietzinsausfall bei Fixkosten;
        • Bauverzögerung mit Mehrkosten-Risiko;
        • etc.
  • Nach der «Entmietung»
    • Koordination von Mieterauszug und Baubeginn;
    • Mögliche Zwischennutzung
      • Gebrauchsüberlassung zur Vermeidung einer Hausbesetzung.

Nutzung ohne neue oder weitere Mieterstreckungsmöglichkeit

Der Vermieter sollte daher eine Art von Zwischennutzung finden,

  • welche keine Mieterstreckung zulässt,
    • um nicht neue Mieterstreckung gewärtigen zu müssen.

Bei der Lösungssuche gelangen die Vermieter oft zu folgendem «Hilfsmittel», die:

  • Gebrauchsleihe.

Temporäre Gebrauchsleihe?

Prinzip

Dabei handelt es sich um einen Vertrag, bei dem die Immobilie oder Räume zum unentgeltlichen Gebrauch überlassen wird.

  • Verleiher
    • Der Verleiher kann sie jederzeit zurückverlangen, wenn die Dauer weder vereinbart wurde noch durch den vereinbarten Gebrauch begrenzt ist.
  • Entlehner
    • In jedem Fall geniesst der Entlehner keinen Kündigungsschutz und kann keine Mieterstreckung erwirken.
  • Charakteristika
    • Die Charakteristik der Gebrauchsleihe ist die «Unentgeltlichkeit» (siehe oben):

Einzelheiten

Dazu im Einzelnen:

  • Keine Verleiher-Forderungen
    • Der Eigentümer bzw. Verleiher darf nichts in Rechnung stellen.
  • Gebrauchsrecht
    • Der Entlehner hat die mit dem Gebrauch der Sache verbundenen Kosten wie Unterhalts- und Nebenkosten selber zu tragen.
  • Abgrenzung zur Miete
    • Sobald der Entlehner wertsteigernde Massnahmen oder ausserordentliche Aufwendungen bezahlen muss,
      • entfällt der unentgeltliche Charakter einer Gebrauchsleihe.
    • Somit liegt keine Gebrauchsleihe, sondern eine Miete vor.
  • Sicherstellen, dass nicht auf eine Miete erkannt wird
    • Will der Grundeigentümer sicherstellen,
      • dass das Vertragsverhältnis nicht als Miete, sondern als Gebrauchsleihe eingestuft wird,
        • hat er nachzuweisen,
          • dass er keine Rendite erzielt,
          • sondern lediglich die erwähnten Kosten abwälzt.
  • Charakteristik der Gebrauchsleihe
    • Definitionsbedingt erfordert die Gebrauchsleihe,
      • dass sich die Erträge unter dem marktüblichen Mietzins bewegen und,
      • dass der Grundeigentümer meist nur ein Teil seiner Kosten decken kann.
  • Gerichtliche Beurteilung
    • Wird der Gebrauchsleihevertrag im Streitfall vom Gericht als Mietvertrag beurteilt, hat der Grundeigentümer zwei Probleme:
      • Ihm entgehen einerseits die Mietzinseinnahmen und
      • anderseits riskiert er die Mietvertragserstreckung.

Prozessuale Tücken

Mieterausweisung

Verlässt ein Mieter bei Ablauf des Mietvertrages das Mietobjekt nicht freiwillig,

  • bleibt dem Vermieter nur, den Mieter gerichtlich ausweisen lassen.

Klare Verhältnisse

Ist 1) der Sachverhalt unbestritten und 2) die Rechtslage eindeutig,

  • erfolgt die Ausweisung in der Regel im Schnellverfahren
    • binnen weniger Monate,
      • sofern sich der Mieter diesem nicht querulatorisch entzieht oder ein Rechtsmittel erhebt.

Bezahlt der Mieter 3) den Mietzins nicht,

  • ist die Verfahrensdauer
    • wesentlich länger und
    • der Mietzinsausfall entsprechend höher.

Ist strittig, ob es sich um 4) eine Miete oder 5) eine Gebrauchsleihe handelt,

  • wird das Verfahren unter Umständen zusätzlich verzögert,
    • weil zunächst je nach 6) Streitwert die 7) sachliche und 8) funktionale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu prüfen (Mietgericht, ordentliches Gericht oder – je nach Kanton – Handelsgericht).

In der Praxis gelingt der Nachweis der gewünschten Rechtsnatur von Zwischennutzungen (Mietvertrag oder Gebrauchsleihe) leider nicht immer:

  • Dies liegt oft an den Unwägbarkeiten des individuell konkreten Sachverhalts.

Vertragsgestaltung

Eine sorgfältige Vertragsgestaltung hat Art. 272a Ziff. 1 lit. d OR zu berücksichtigen:

  • Fristgebundenheit
    • Es ist eine Erstreckung bei der Mietvertragskündigung nicht möglich,
      • wenn das Vertragsverhältnis ausdrücklich nur
        • für die beschränkte Zeit bis zum Baubeginn oder
        • bis zum Erhalt der Bewilligung abgeschlossen wurde.
  • Gegenseitiges Einvernehmen
    • Ist im gegenseitigen Einvernehmen und mit Hinweis auf die Mieterschutzrechte eine Vereinbarung geschlossen worden
      • kann eine entsprechende Vereinbarung mit bestehenden Mietern geschlossen werden.
  • Vorteile
    • Die Vorteile des gegenseitigen Einvernehmens sind,
      • dass der Grundeigentümer und Vermieter
        • die Liegenschaft nicht leer kündigen muss und
        • auf eine Zwischennutzung verzichten kann.
  • Voraussetzungen
    • Der Erstreckungsausschluss verliert jedoch seine Wirkung,
      • wenn das darin erwähnte Bauvorhaben nicht umgesetzt wird.

Unklare Verhältnisse

Bestehen unklare Vertragsverhältnisse, weil der Entlehner geltend macht,

  • es handle sich um ein Mietverhältnis und
  • nicht um eine Gebrauchsleihe,

ist zu Beseitigung einer solchen Einrede oder Einwendung der ordentliche Prozessweg beschreiten.

Temporärer Mietvertrag?

Prinzip

Temporäre Mietverträge können je nach Situation ein gutes Rechtsverhältnis sein, um das gewünschte und gewollte Ziel zu erreichen.

Einzelheiten

Das Vorhaben eines temporären Mietvertrages hängt ab

  • von den Eigentümerinteressen;
  • von den jeweiligen Umständen im konkreten Einzelfall;
  • vom vermieterseitigen Interesse an einer Zwischennutzung und
  • wie die Zwischennutzung im konkreten Fall ausgestaltet werden kann.

Der Mietvertrag im Sinne von Art. 272a Ziff. 1 lit. d OR stellt ein gutes Instrument dar,

  • um einerseits das Interesse der Renditeerzielung und
  • um andererseits die Planungssicherheit zu erzielen.

Fazit

Die «Leerstandsbewirtschaftung» und die passgenaue Nutzungsplanung bis zur Renovation oder Abbruch mit Ersatzneubau ist anforderungsreich und erfordert eine subtile Zeit- und Kostenplanung.

Im «Teil 2» widmen wir uns der Thematik:

  • Immobilien-Zwischennutzungen: Pop Up-Stores

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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