Eine Gesellschaft muss am Rechtsdomizil über physische Geschäftsräumlichkeiten verfügen,
- an Ort und Stelle muss sie ihre Personal-Mitteilungen aller Art entgegennehmen können.
Verfügt die Gesellschaft an ihrem Sitz
- über kein Rechtsdomizil mehr,
- weist sie einen Organisationsmangel auf.
Wird der Organisationsmangel
zeitlich
- zwischen der Auflösung und
- der Beratungsphase des Berufungsverfahrens
geheilt,
- handelt es sich dabei um ein echtes Novum,
- welches vorgebracht werden kann.
Urteilsspruch
- In teilweiser Gutheissung der Berufung wird Dispositiv-Ziffer 1 des Entscheids des Einzelrichters am Kantonsgericht Zug vom 2. August 2024 aufgehoben und das Verfahren wird zufolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben. Im Übrigen wird der angefochtene Entscheid bestätigt.
- Die Entscheidgebühr für das vorliegende Verfahren von CHF 800.00 wird der Berufungsklägerin auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.
- Gegen diesen Entscheid mit einem Streitwert von unter CHF 30’000.00 ist die Beschwerde in Zivilsachen nach den Art. 72 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) nur zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Andernfalls ist die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG gegeben. Die Beschwerdegründe richten sich nach den Art. 95 ff. bzw. Art. 116 BGG. Eine allfällige Beschwerde ist innert 30 Tagen seit Zustellung des Entscheids schriftlich, begründet und mit bestimmten Anträgen sowie unter Beilage des Entscheids und der Beweismittel (vgl. Art. 42 BGG) beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Wird gleichzeitig ordentliche Beschwerde und Verfassungsbeschwerde geführt, sind beide Rechtsmittel in der gleichen Rechtsschrift einzureichen. Die Beschwerde hat nach Art. 103 Abs. 1 BGG in der Regel keine aufschiebende Wirkung.
- Mitteilung an:
- Berufungsklägerin
- Handelsregisteramt Zug (zur Kenntnisnahme)
- Betreibungsamt D.________ (zur Kenntnisnahme)
- Kantonsgericht Zug, Einzelrichter (ES 2024 347)
- Gerichtskasse (im Dispositiv)
Obergericht des Kantons Zug
2. Abteilung
Urteil vom 26.08.2024 (rechtskräftig)
Z2 2024 46
III. Mängel in der Organisation
Art. 939 OR
1 Stellt das Handelsregisteramt Mängel fest in der gesetzlich als zwingend vorgeschriebenen Organisation von im Handelsregister eingetragenen Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Vereinen, nicht der Aufsicht unterstellten Stiftungen oder Zweigniederlassungen mit Hauptniederlassung im Ausland, so fordert es die betreffende Rechtseinheit auf, den Mangel zu beheben, und setzt ihr dazu eine Frist.
2 Wird der Mangel nicht innerhalb der Frist behoben, so überweist es die Angelegenheit dem Gericht. Dieses ergreift die erforderlichen Massnahmen.
3 Bei Stiftungen und Rechtseinheiten, die gemäss Kollektivanlagengesetz vom 23. Juni 2006 der Aufsicht unterstellt sind, wird die Angelegenheit der Aufsichtsbehörde überwiesen.
Art. 317 ZPO Neue Tatsachen, neue Beweismittel und Klageänderung
1 Neue Tatsachen und Beweismittel werden nur noch berücksichtigt, wenn sie:
- ohne Verzug vorgebracht werden; und
- trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebracht werden konnten.
1bis Hat die Rechtsmittelinstanz den Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen, so berücksichtigt sie neue Tatsachen und Beweismittel bis zur Urteilsberatung.252
2 Eine Klageänderung ist nur noch zulässig, wenn:
- die Voraussetzungen nach Artikel 227 Absatz 1 gegeben sind; und
- sie auf neuen Tatsachen oder Beweismitteln beruht.
Übersicht mit KI
«Neue Tatsachen» (Noven) im Schweizer Zivilprozessrecht (ZPO) sind neue Behauptungen oder Beweismittel, die eine Partei vor Gericht einführt; ihre Zulässigkeit ist zeitlich beschränkt und hängt davon ab, ob sie «echt» (erst nach Prozessbeginn entstanden) oder «unecht» (bereits früher vorhanden, aber nicht rechtzeitig vorgebracht) sind, wobei echte Noven generell zulässig sind, unechte aber nur bei Nachweis fehlender Zumutbarkeit.
LAW.CH bietet Informationen dazu, insbesondere unter Art. 229 ZPO für das erstinstanzliche Verfahren und Art. 317 ZPO für Berufungen, wo der Grundsatz gilt: früher vorbringen, sonst nur mit Begründung, warum es nicht früher ging.
Was sind Noven?
- Echte Noven: Neue Tatsachen oder Beweismittel, die erst nach dem Ende des Schriftenwechsels oder der letzten Instruktionsverhandlung entstanden sind.
- Unechte Noven: Tatsachen oder Beweismittel, die schon vorher existierten, aber trotz zumutbarer Sorgfalt nicht früher vorgebracht werden konnten.
Zulässigkeit im Prozess:
- Hauptverhandlung (Erstinstanz): Unbeschränkt zulässig bis zum ersten Parteivortrag. Danach nur noch, wenn sie echt sind oder unecht, aber nicht früher vorbringbar waren (Art. 229 ZPO).
- Berufungsverfahren: Grundsätzlich nur noch bedingt zulässig (unechte Noven müssen unverzüglich nach Entdeckung und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht früher bekannt gewesen sein).
- Beschwerdeverfahren: Noven sind grundsätzlich ausgeschlossen, ausser es gibt spezielle gesetzliche Ausnahmen (z.B. bei Untersuchungsmaxime).
Was ist zu tun?
- Rechtzeitigkeit: Noven müssen sofort dem Gericht mitgeteilt werden, sobald sie entdeckt werden.
- Zumutbarkeit: Bei unechten Noven muss die Partei beweisen, dass sie diese trotz grösster Sorgfalt nicht früher einbringen konnte.
- Rechtsgrundlagen: Schauen Sie auf LAW.CH nach den Artikeln 229 (erstinstanzlich) und 317 (Berufung) der Zivilprozessordnung (ZPO) für detaillierte Regelungen.
- LAWINFO – Zivilprozess – Hauptverhandlung – LAW.CH®
- Annotierte ZPO ‐ Art. 229 Neue Tatsachen und Beweismittel
- LAWINFO – Zivilprozess: Rechtsmittelverfahren – LAW.CH®
Weiterführende Informationen
Rechtsdomizil
Organisationsmangel
Neue Tatsachen im Zivilprozess
Quelle
LawMedia Redaktionsteam