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Vermietung Ferienwohnung an Nahestehende: Jahres-Eigenmietwert

MWSTG 24 Abs. 2 / Ziffer 7.1.2 MBI 17 / MWST 2015 - 2017

Datum:
09.12.2025
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Unternehmenssteuern, Mehrwertsteuern, Sachenrecht / Immobiliarsachenrecht, Steuern natürliche Personen
Thema:
Vermietung Ferienwohnung an Nahestehende
Stichworte:
Eigenmietwert, Ferienwohnung, Jahres-Eigenmietwert, MWST, Nahestehende, Vermietung
Erlass:
MWSTG 24 Abs. 2 / Ziffer 7.1.2 MBI 17 / MWST 2015 - 2017
Entscheid:
BGer 9C_632/2023 vom 22.01.2024
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Sachverhalt

«A.  

Die A.________ AG (nachfolgend: A.________) bezweckt laut Handelsregister im Wesentlichen das Erwerben, Verwalten, Bewirtschaften und Veräussern von eigenen Vermögenswerten, Beteiligungen an anderen Unternehmen oder Immobilienanlagen. Sie ist bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen eingetragen und rechnet die Mehrwertsteuer nach der effektiven Abrechnungsmethode sowie nach vereinnahmten Entgelten ab. 

Im Januar 2019 führte die ESTV bei der A.________ eine Mehrwertsteuerkontrolle betreffend die Steuerperioden 2014 bis 2017 durch. Mit Einschätzungsmitteilung Nr. 341554 vom 26. April 2019 erkannte die ESTV zu ihren Gunsten Steuerkorrekturen von insgesamt Fr. 23’556.- (zuzüglich Verzugszins). Mit Verfügung vom 20. April 2021 erhöhte die ESTV ihre Steuernachforderung für die genannten Steuerperioden um Fr. 11’732.- auf insgesamt Fr. 35’288.-. Die dagegen erhobene Einsprache hiess die ESTV mit Einspracheentscheid vom 13. April 2023 teilweise gut; sie reduzierte die Nachforderung von Mehrwertsteuer gegenüber der A.________ für die Steuerperioden 2014 bis 2017 um Fr. 6’223.- auf insgesamt Fr. 29’065.- (zuzüglich Verzugszins ab dem 31. August 2016).» (BGer 9C_200/2025 vom 12.09.2025).

Prozess-History

«B.  

Dagegen erhob die A.________ «Einsprache» (recte: Beschwerde), wobei sie in der Hauptsache eine Korrektur in zwei Punkten verlangte: einerseits hinsichtlich einer in U.________ gelegenen Ferienwohnung (bestehend aus zwei baulich zusammengeführten Stockwerkeigentums-Grundstücken), die sie in den fraglichen Steuerperioden einer eng verbundenen Person für jährlich Fr. 10’000.- (inkl. Mehrwertsteuer) zur exklusiven Nutzung überlassen hatte, und anderseits in Bezug auf die untergeordnete private Nutzung von zwei Geschäftsfahrzeugen (Porsche 911 und VW Touareg) durch Verwaltungsratsmitglieder. Vernehmlassungsweise beantragte die ESTV einerseits die Feststellung, dass die Steuerforderung in bestimmtem Umfang in Rechtskraft erwachsen sei, und anderseits die Erhöhung ihrer Steuernachforderung auf Fr. 31’696.-, eventualiter die Gutheissung der Beschwerde im Umfang von Fr. 2’037.-. 

Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerde mit Urteil vom 3. März 2025 im Sinne der Erwägungen 1.7.2, 3.7 und 4.4 (teilweise) gut; es hob den Einspracheentscheid vom 13. April 2023 auf und wies die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen 3.7 und 4.4 an die ESTV zurück. Auf den Feststellungsantrag der ESTV trat es nicht ein. 

C.  

Die ESTV beantragt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, unter entsprechender Aufhebung des Urteils vom 3. März 2025 sei betreffend dessen Erwägung 3.7 (Ermittlung des Drittpreises bei Ferienwohnungen) der Einspracheentscheid vom 13. April 2023 zu bestätigen und betreffend dessen Erwägung 4.4 (Ermittlung des Privatanteils für die beiden streitbetroffenen Fahrzeuge) das Bundesverwaltungsgericht anzuweisen, sich mit ihren Ausführungen im Eventualantrag der Vernehmlassung vom 10. Juli 2023 auseinanderzusetzen. 

Die A.________ AG beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen.» (BGer 9C_200/2025 vom 12.09.2025).

Aus den Erwägungen

Unbestrittene Punkte

Unbestritten vor Bundesgericht waren im konkreten Fall folgende Punkte:

  • Die Überlassung der Ferienwohnung in den hier interessierenden Steuerperioden 2015 bis 2017 stellt ein steuerbegründendes Leistungsverhältnis dar (Beherbergung i.S.v. Art. 21 Abs. 2 Ziff. 21 lit. a MWSTG, wofür auch bei langfristigem Mietvertrag ein Sondersatz gilt
    • [vgl. Art. 25 Abs. 4 MWSTG; Urteil 2C_119/2017 vom 5. Oktober 2018 E. 2.4]).
  • Eine Steuerumgehung in diesem Zusammenhang liegt nicht vor.
  • Massgeblich für die Besteuerung ist nicht das tatsächliche Entgelt von jährlich Fr. 10’000.-, sondern ein Drittpreis (i.S.v. Art. 24 Abs. 2 MWSTG), der im Rahmen einer Ermessenseinschätzung festzulegen war.
  • Erw. 3.1.

Strittige Punkte

Streitig und zu prüfen war einzig

  • die Art und Weise,
    • wie der Drittpreis zu ermitteln ist,
  • resp. die Frage,
    • ob die diesbezüglichen Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts bundesrechtswidrig sind.
  • Erw. 3.1., a.E.

Einspracheentscheid der ESTV

«Die ESTV legte im Einspracheentscheid vom 13. April 2023 den Drittpreis für die (ganzjährige) Überlassung der Ferienwohnung auf der Basis einer Vollkostenrechnung resp. in Anwendung der Kostenaufschlagsmethode auf Fr. 38’515.- (Steuerperiode 2015), Fr. 38’922.- (Steuerperiode 2016) und Fr. 40’009.- (Steuerperiode 2017) fest.  

Die Vorinstanz hat diesbezüglich erwogen, die ESTV habe nicht stichhaltig begründet, weshalb sie für die hier interessierende Schätzung des Drittpreises von ihrer Praxis gemäss Ziff. 7.1.2 MBI 17 abgewichen sei. Die auf einer Vollkostenrechnung beruhende Schätzung sei daher pflichtwidrig erfolgt. Ein objektspezifischer Eigenmietwert sei nicht aktenkundig. Folglich habe die ESTV den Drittpreis (nach Abklärungen betreffend den Eigenmietwert) im Sinne ihrer Praxis festzulegen.» (Erw. 3.2)

ESTV-Begründung

Die ESTV wehrt sich gegen die Anwendung der Praxis von Ziff. 7.1.2 MBI 17 mit zwei Argumenten:

  • Einerseits macht sie geltend, die fragliche Praxis gelte nur für die temporäre Überlassung einer Ferienwohnung, aber nicht bei einer Dauermiete, was sich aus der Formulierung ihrer Publikation und aus dem Urteil 2C_119/2017 vom 5. Oktober 2018 ergebe.
  • Anderseits bringt sie (sinngemäss) vor, in concreto führe die Praxis zu keinem sachgerechten Ergebnis, weil der Drittpreis um rund 350 % höher ausfalle, wenn er nach der rechtsprechungsgemäss zulässigen Kostenaufschlagsmethode anstatt gemäss Ziff. 7.1.2 MBI 17 berechnet werde.  

ESTV-Verwaltungsverordnung und Wirkung

Bei der MBI 17 handelt es sich um eine Verwaltungsverordnung, die die ESTV gestützt auf Art. 65 Abs. 3 MWSTG erliess und veröffentlichte, und mit der sie ihre Praxis wiedergibt:

  • Eine solche (vollzugslenkende) Verwaltungsverordnung kann namentlich dazu dienen, eine einheitliche Handhabung des Verwaltungsermessens sicherzustellen.
  • Obschon für das Gericht nicht verbindlich, sind Verwaltungsverordnungen (resp. -weisungen) aber zu berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen.
  • Das Gericht weicht also nicht ohne triftigen Grund von Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben darstellen. Insofern wird dem Bestreben der Verwaltung, durch interne Weisungen eine rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten, Rechnung getragen (…).  …

In Ziff. 7.1.2 MBI 17 ist eine spezifische Praxis publiziert für den besonderen Fall,

  • dass der Drittpreis für die Überlassung einer dem unternehmerischen Bereich der Steuerpflichtigen zugeordneten (im Inland gelegenen) Ferienwohnung zu bestimmen ist (…).
  • Das trifft hier zu. 

Kein Rückschluss auf Ziff. 7.1.2 MBI 17

Dabei erwog das Bundesgericht, «aus Ziff. 7.2.1 MBI 17 lasse sich nicht ableiten, dass bei Ferienwohnungen eine Dauermiete über das ganze Jahr hinweg üblich sein soll; die verwendete Formulierung zur Berechnung des Marktmietwerts weise vielmehr auf einen temporären Gebrauch als übliche Verwendung (einer Ferienwohnung) hin, was als notorisch gelten könne (…).

Ergebnis

«Nach dem Gesagten hat das Bundesverwaltungsgericht zu Recht in Ziff. 7.2.1 MBI 17 nicht nur für den Fall der temporären, sondern auch für jenen der ganzjährigen Überlassung resp. Dauermiete einer Ferienwohnung eine überzeugende Konkretisierung der gesetzlichen Vorgabe von Art. 24 Abs. 2 MWSTG erblickt, einen triftigen Grund für eine Abweichung von dieser Praxis verneint und der ESTV eine pflichtwidrige Schätzung des Drittpreises für die Überlassung der Ferienwohnung vorgeworfen.» (Erw. 4.4.).

Entscheid des Bundesgerichts

  1. Die Beschwerde (der ESTV) wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
  2. Die Gerichtskosten von Fr. 5’000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
  3. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 

BGer 9C_632/2023 vom 22.01.2024

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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