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Mieter in den Ferien

Datum:
07.08.2017
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Mietrecht / Miete / Mietvertrag
Stichworte:
Ferien, Kündigung, Mieter, Mietrecht
Autor:
RA Konrad Moor
Verlag:
LAWMEDIA AG

Die Ferien sind dazu da, alles hinter sich zu lassen und das Leben zu geniessen. Doch kaum ist man wieder zu Hause sind die Alltagssorgen nicht weit entfernt. Wenn sich dann noch eine Abholungseinladung im Briefkasten befindet, sind die Ferien schon wieder vergessen und der Stress ist zurück.

Ausgangslage

Der Vermieter sendet einer Mieterin die Wohnungskündigung per Einschreiben. Weil sie nicht zu Hause ist, wirft der Postbote am 02.12.2013 eine Abholungseinladung in ihren Briefkasten, mit welcher sie bis 09.12.2013 den Brief bei der Poststelle abholen kann. Die Mieterin ist jedoch in den Ferien, und als sie spätabends am 09.12.2013 nach Hause kommt, ist es für die Abholung zu spät. Die Post spediert den Brief in der Folge zurück an den Vermieter. Der Vermieter verschickt am 24.01.2014 die Kündigung nochmals, allerdings per A-Post. Die Mieterin erfährt durch diesen Brief von der Kündigung und möchte diese anfechten. Nach Art. 273 Abs. 1 OR kann eine Kündigung innert 30 Tagen nach Empfang angefochten werden. Doch mit welchem Datum beginnt die Anfechtungsfrist – Anfang Dezember oder Ende Januar? Und wie kann man Vorgehen, wenn man die Abholungsfrist einer eingeschriebenen Sendung verpasst hat?

Absolute Empfangstheorie

Die Kündigung ist eine sog. empfangsbedürftige Willenserklärung. Eine solche Erklärung gilt nach der absoluten – oder auch uneingeschränkten – Empfangstheorie als empfangen, wenn sie in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist. Laut dieser Theorie ist der Zugang des Kündigungsschreibens in den Machtbereich des Adressaten massgebend, auf die tatsächliche Kenntnisnahme durch den Adressaten kommt es jedoch nicht an.

Kann der Postbote dem Adressaten die Sendung nicht gegen Unterschrift aushändigen oder hat der Adressat ein Postfach, wirft er eine Abholungseinladung in den Briefkasten bzw. das Postfach des Empfängers. Die Sendung befindet sich nach der absoluten Empfangstheorie am ersten Tag, an dem die Sendung gemäss Abholungseinladung bei der Post abgeholt werden kann im Machtbereich des Empfängers und gilt an diesem Datum als zugestellt (Zustellfiktion), auch wenn der Adressat das Schreiben erst später oder gar nicht abholt.

Nachdem eine empfangsbedürftige Willenserklärung, hier die Kündigung, am ersten möglichen Abholungstag als zugestellt gilt, ist dieser Zeitpunkt auch massgebend für den Beginn der 30-tägigen Frist zur Anfechtung der Kündigung. Folglich war die Frist zur Anfechtung der Kündigung am 24.01.2014 längst abgelaufen und die Kündigungsanfechtung scheiterte.

Vorgehensweise

Der Adressat einer empfangsbedürftigen Willenserklärung trägt das Risiko, eine seinem Machtbereich zugegangene Willenserklärung rechtzeitig oder überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Kann eine eingeschriebene Sendung nicht rechtzeitig bei der Post abgeholt werden und wird sie dem Absender zurückspediert, könnte wie folgt vorgegangen werden, damit keine Klage- oder andere Frist verpasst wird:

  1. Erkundigung bei der Post nach dem Absender des Einschreibens
  2. Beim Absender (= Vermieter) den Inhalt des Briefes erfragen
  3. Eine Kopie des Briefes auf dem schnellstmöglichen Weg verlangen
  4. Wenn notwendig – Anfechtung der Kündigung

Die nachträgliche Ermittlung des Absenders und Beschaffung des Schreibens ist mühsam und kostet wertvolle Zeit. Dem kann bei Abwesenheiten von mehr als einer Woche begegnet werden, indem die Mieterin einer Vertrauensperson eine Postvollmacht erteilt, damit diese eingeschriebene Sendungen während ihrer Abwesenheit entgegennehmen oder abholen kann.

Zustellung einer Kündigung

Der Absender einer Kündigung ist für die Übermittlung und den Zugang derselben in den Machtbereich des Adressaten verantwortlich. Für den Absender ist es deshalb elementar, den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs in den Machtbereich des Adressaten beweisen zu können. Aus diesem Grund wird stets empfohlen, die Kündigung per Einschreiben zu senden oder persönlich zu übergeben. Bei der Zustellung per Einschreiben kann über die Track-and-trace Website der Post in Erfahrung gebracht werden, wann der Adressat den Brief erhalten hat bzw. wann er ihn erstmals hätte abholen können. Bei der persönlichen Übergabe empfiehlt es sich, diese quittieren zu lassen. Auch bei einer A-Post Plus-Zustellung kann über die Track-and-trace Website der Post geprüft werden, ob und wann der Brief angekommen ist. Allerdings bleibt die Frage offen, ob A-Post Plus vor Gericht akzeptiert wird.

Fazit

Geraten Sie nicht in Panik, wenn sich eine Abholungseinladung in Ihrem Briefkasten befindet. Schauen Sie auf das Datum der Abholungseinladung und versuchen Sie so schnell wie möglich, an den Inhalt des Briefes zu kommen. Wenn der Brief noch am nächsten Tag bei der Post zur Abholung bereit liegt, können Sie diesen ohne weitere Hektik abholen. Falls die Abholungsfrist bereits abgelaufen ist, versuchen Sie, über die Post den Namen des Absenders zu ermitteln und nehmen Sie umgehend mit ihm Kontakt auf.

Quelle

  • BGer 4A_293/2016

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