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Konkurseröffnung ohne vorherige Betreibung und provisorische Nachlassstundung

Datum:
20.02.2023
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Nachlassverfahren / Nachlassstundung
Thema:
Konkurseröffnung
Stichworte:
Betreibung, Konkurseröffnung, Nachlassstundung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

SchkG 173a, SchKG 190 Abs. 1 Ziffer 2, SchKG 192, SchKG 293 lit. a

Verfahrensbeteiligte

5A_556/2021

A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin C.S.,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________,
Beschwerdegegnerin.

5A_557/2021

A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin C.S.,
Beschwerdeführer,

gegen

Regionalgericht Prättigau/Davos,
Talstrasse 10a, 7250 Klosters,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Konkurseröffnung ohne vorgängige Betreibung ((5A_556/2021),
Provisorische Nachlassstundung ((5A_557/2021),

Beschwerde gegen die Entscheide des Kantonsgerichts von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, vom 2. Juni 2021
(KSK 21 12, KSK 21 13).

Sachverhalt

B.________ ersuchte mit Eingabe vom 8. Dezember 2020 das Regionalgericht Prättigau/Davos, über A.________ den Konkurs ohne vorgängige Betreibung zu eröffnen.

Am 8. Februar 2021 fand vor dem Regionalgericht die Konkursverhandlung statt. A.________ reichte daraufhin innert bis zum 8. März 2021 verlängerter Frist eine Stellungnahme ein.

Ebenfalls am 8. März 2021 ersuchte A.________ das Regionalgericht Prättigau/Davos um provisorische Nachlassstundung.

A.________ beantragte weiter eine Sistierung des Konkursverfahrens, bis über das Stundungsgesuch entschieden sei.

Prozess-History

  • Regionalgericht Prättigau/Davos
    • Mit Entscheid vom 16. März 2021 eröffnete das Regionalgericht Prättigau/Davos gestützt auf das Konkursbegehren der ________ den Konkurs über A.________ per 16. März 2021, 08:00 Uhr.
    • Auch am 16. März 2021 wies das Regionalgericht Prättigau/Davos das Gesuch um provisorische Nachlassstundung ab.
  • Kantonsgericht des Kantons Graubünden
    • Betreffend Konkurseröffnung
      • Gegen die Konkurseröffnung vom 16. März 2021 gelangte ________ am 22. März 2021 mit Beschwerde ans Kantonsgericht des Kantons Graubünden.
      • ________ beantragte im Wesentlichen
        • die Aufhebung des Konkursdekrets bzw.
        • die Abweisung des Konkursbegehrens.
      • Das Kantonsgericht des Kantons Graubünden erteilte der Beschwerde mit Verfügung vom 25. März 2021 insofern aufschiebende Wirkung,
        • als der Konkurs eröffnet bleibt,
          • Vollstreckungshandlungen jedoch vorerst zu unterbleiben haben und
          • bereits getroffene Sicherungsmassnahmen jedoch aufrecht zu erhalten sind.
      • Mit Entscheid vom 2. Juni 2021 wies das Kantonsgericht des Kantons Graubünden die Beschwerde gegen die Konkurseröffnung ab.
    • Betreffend Abweisung des Nachlassstundungsgesuchs
      • Weiter wies das Kantonsgericht des Kantons Graubünden am 2. Juni 2021 die von ________ am 22. März 2021 gegen die Abweisung seines Gesuchs um provisorische Nachlassstundung eingereichte Beschwerde ab.
  • Bundesgericht
    • Mit Eingaben vom 6. Juli 2021 wandte sich ________ mit zwei Beschwerden ans Bundesgericht.
    • Verfahren 5A_556/2021
      • Im Beschwerdeverfahren betreffend Konkurseröffnung (Verfahren 5A_556/2021) beantrag ________ auf Aufhebung des Entscheids des Kantonsgerichts des Kantons Graubünden vom 2. Juni 2021 sowie auf Abweisung des Konkursbegehrens an, soweit darauf einzutreten sei.
        • Eventualiter beantragte ________ (Beschwerdeführer) die Sistierung des Verfahrens, bis über die Beschwerde betreffend Nachlassstundung ein Entscheid gefällt worden sei.
        • Subeventualiter beantragte ________ (Beschwerdeführer) die Rückweisung zur erneuten Entscheidung.
      • Der Beschwerdeführer stellte sodann ein Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde gegen die Konkurseröffnung.
        • Das Kantonsgericht des Kantons Graubünden verzichtet auf eine Stellungnahme; ________ (Beschwerdegegnerin) opponierte.
        • Mit Verfügung vom 19. Juli 2021 ist der Beschwerde die aufschiebende Wirkung in dem Sinne zuerkannt worden, als der Konkurs eröffnet bleibt, jedoch einstweilen Vollstreckungsmassnahmen zu unterbleiben haben, mit anderen Worten das Konkursverfahren nicht gefördert werden darf, bereits getroffene Sicherungsmassnahmen aber aufrecht erhalten bleiben.
  • Verfahren 5A_557/2021
    • Im Beschwerdeverfahren betreffend die provisorische Nachlassstundung (Verfahren 5A_557/2021) beantragte ________ (Beschwerdeführer) die Aufhebung des Entscheids des Kantonsgerichts des Kantons Graubünden vom 2. Juni 2021 sowie die Gewährung der provisorischen Nachlassstundung für 2 Monate.

Erwägungen

In prozessualer Hinsicht hielt das BGer fest:

Die Konkurseröffnung ist keine provisorische Massnahme nach BGG 98, ebenso

  • die Nichtgewährung der provisorischen Stundung und
  • die Konkurseröffnung zufolge Widerrufs der provisorischen oder definitiven Stundung.

In materiell-rechtlicher Hinsicht erwog des BGer zusammengefasst:

  • Fehlende Sanierungs-Grundlagen
    • Seit der Revision des Sanierungsrechtes, in Kraft getreten am 1. Januar 2014, eröffnet das Nachlassgericht von Amtes wegen den Konkurs,
      • wenn offensichtlich keine Aussicht
        • auf Sanierung oder
        • auf Bestätigung eines Nachlassvertrages besteht.
      • Es findet daher keine Akten-Rückweisung durch das Nachlassgericht an das Konkursgericht mehr statt.
  • Dokumentierungspflicht des Schuldner im Falle eines Nachlassstundungsgesuches
    • Dokumentierung
      • Der Schuldner hat dem Gesuch um provisorische Nachlassstundung Unterlagen beizulegen,
        • aus welchen ersichtlich ist:
          • seine derzeitige und
          • seine künftige finanzielle Situation, nämlich seine künftige
            • Vermögenslage
            • Ertragslage und
            • Einkommenslage.
    • Qualität der Unterlagen und richterliche Beurteilung
      • Bilanz und Erfolgsrechnung müssen nicht revidiert sein, trotzdem kann sich das Nachlassgericht bei der Beurteilung nach den Grundsätzen des Rechnungslegungsrechtes richten.
  • Koordination
    • Sistierung des Konkursverfahrens?
      • Eine Sistierung des Konkursverfahrens aufgrund des provisorischen Nachlassverfahrens darf vor dem Hintergrund der Koordination verweigert werden.
    • Berücksichtigung der Nachlassstundungsgesuch-Umstände
      • Soweit ein Gesuch um provisorische Nachlassstundung nicht als verfrüht oder als rechtsmissbräuchlich erscheint, hat das Nachlassgericht keine Alternative, als den Konkurs zu eröffnen.
  • Automatische Konkurseröffnung bei Stundungsgesuch-Ablehnung
    • Die Konkurseröffnung ist heute eine automatische und zwingende Folge der Ablehnung des Gesuches um provisorische Nachlassstundung (vgl. SchKG 293a Abs. 3).

Entscheid

  1. Die Verfahren 5A_556/2021 und 5A_557/2021 werden vereinigt.
  2. Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
  3. Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 4’000.– werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
  4. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht von Graubünden, Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, dem Betreibungs- und Konkursamt der Region Prättigau/Davos, dem Handelsregisteramt Graubünden, dem Grundbuchamt Klosters, dem Grundbuchamt Prättigau und dem Regionalgericht Prättigau/Davos mitgeteilt.

Quelle

BGer 5A_556/2021 + 5A_557/2021 vom 20.09.2022

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