Der Kindesschutz soll der konkreten Gefährdungslage begegnen:
- Schnell
- nachhaltig
- fachlich korrekt
- mit minimalen Eingriffen in die Elternrechte und die Familienstruktur.
Konkretisiert bedeutet dies:
- (1) Prävention
- Der Kindesschutz verlangt – wo die Eingriffsschwelle erreicht und ein behördliches Eingreifen unvermeidlich geworden ist – möglichst milde Massnahmen in möglichst frühem Stadium der Vorzug zu geben (vgl. BGer 5A_765/2016, Erw. 3.3, vom 18.07.2017).
- Aufgrund des Prinzips der Stufenfolge lassen sich die einmal getroffenen Massnahmen
- bei Bedarf verstärken oder abbauen, immer nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip.
- (2) Subsidiarität
- Behördliche Massnahmen dürfen nur dort erfolgen, wo die Eltern die ihnen obliegenden Pflichten nicht oder nicht ausreichend wahrnehmen.
- Nicht jede Unzulänglichkeit rechtfertigt behördliches Eingreifen:
- Es erübrigt sich,
- wo zwar ein Elternteil aus gesundheitlichen oder persönlichen Gründen ausfällt, der andere aber die elterlichen Aufgaben dennoch genügend wahrnimmt;
- wenn beide aus eigenem Antrieb geeignete Massnahmen ergreifen, um anstehende Schwierigkeiten ohne Notwendigkeit behördlicher Intervention zu überwinden;
- durch Obhuts-Übertragung auf geeignete Pflegeeltern.
- Es erübrigt sich,
- Der Vorrang privater Verantwortung und die Freiheit privater Lebensgestaltung bei der Erziehung von Kindern sollen behördliches Eingreifen nur dort als (i.S.v. ZGB 307 Abs. 1) geeignete Massnahme erscheinen,
- wo sich dadurch einzig mittelfristig eine Besserung relevanter, objektiver Missstände erreichen lässt
- (3) Komplementarität
- Staatliche Massnahmen sollen – wo nicht der Entzug der elterlichen Sorge (ZGB 311) als Ultima Ratio unumgänglich ist –
- nicht an die Stelle elterlicher Bemühungen treten,
- sondern allfällige elterliche Defizite kompensieren.
- Eine Kindesschutzmassnahme bildet einen Eingriff ins familiäre System:
- Sie soll nur dort veranlasst werden, wo dieses familiäre System einen Eingriff erfordert.
- Staatliche Massnahmen sollen – wo nicht der Entzug der elterlichen Sorge (ZGB 311) als Ultima Ratio unumgänglich ist –
- (4) Proportionalität
- Es ist die mildeste im Einzelfall Erfolg versprechende Massnahme zu treffen, d.h.
- so mild als möglich, aber auch so stark als nötig.
- Die Dauer der Massnahme wird ebenfalls durch das Verhältnismässigkeitsgebot bestimmt.
- Es ist die mildeste im Einzelfall Erfolg versprechende Massnahme zu treffen, d.h.
Literatur
- BREITSCHMID PETER, BSK ZGB I, 2022, Art. 307 ZGB, C. Kindesschutz I. Geeignete Massnahmen
- BK-Affolter/Vogel, Vor Art. 307–327c N 262 ff.
- LÜSSI PETER, Systemische Sozialarbeit, 6. Aufl., Bern 2008
- LIECHTI / ZBINDEN, Verminderung eingeleiteter Massnahmen als Resultat systemischer Sozialarbeit, ZVW 1988, 81 ff., 90 ff.
Judikatur
- Prävention
- BGer 5A_765/2016, Erw. 3.3, vom 18.07.2017
- Subsidiarität
- BGE 120 II 387, Erw. 5a
- BGer 5A_765/2016, Erw. 3.2 + 5.2.2, vom 18.07.2017
- Komplementarität
- BGE 112 II 21, Erw. 5
- BGer 5A_765/2016, Erw. 3.2, vom 18.07.2017
- Proportionalität
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Weiterführende Informationen
- Kommentierungen
- Stress + Stressabbau in der Familie
- Richtiger Umgang mit Stress | kinderschutz.ch