- Untreuetatbestand (Art. 158 Ziff. 1 StGB)
- Missbrauchstatbestand (Art. 158 Ziff. 2 StGB)
Untreuetatbestand (Art. 158 Ziff. 1 StGB)
Definition
Der ungetreuen Geschäftsbesorgung macht sich der Täter strafbar, wenn er in seiner Stellung als Vermögensverwalter, Aufsichtsorgan oder Geschäftsführer seine gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten verletzt und dadurch bewirkt, dass der Geschäftsherr an seinem Vermögen geschädigt wird.
Als Vermögensverwalter gilt jede Person, die mit folgenden Kompetenzen ausgestattet ist:
- Wahrnehmung von Vermögensinteressen von einiger Wichtigkeit
- Unabhängige und selbständige Verfügungsbefugnis über die anvertrauten Vermögenswerte
- Vermögensverwaltung als typischer und wesentlicher Bestandteil des zwischen dem Täter und dem Geschäftsherr bestehenden (gesetzlichen oder vertraglichen) Rechtsverhältnisses.
Das strafbare Verhalten besteht in einer pflichtwidrigen Handlung. Der Täter bewirkt (aktiv) oder lässt unter seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten zu (passiv), dass der Geschäftsherr an seinem Vermögen geschädigt wird.
Beispiele
- Unterlassen des Abschlusses eines gewinnbringenden Geschäftes, sofern die Mehrung des Vermögens zu den Pflichten des Geschäftsführers gehört.
- Vernachlässigung der Verkaufstätigkeit in einem Kiosk
- Einsatz des vom Geschäftsherrn bezahlten Personals für betriebsfremde Zwecke
- Gewähren von Garantien oder Bürgschaften unter Eingehen unüblicher Risiken
- Auftragsvergabe an einen Unternehmer, der den Auftrag zu einem höheren Pres als andere offeriert hat, sofern nicht sachliche Gründe dafür sprechen
- Weitergabe von Auskünften über Steuerpflichtige gegen Bezahlung durch Chefbeamte
Die gesetzliche Pflichten ergeben sich aus:
- Normen des Handels- und Gesellschaftsrechts
- Normen des Vormundschaftsrechts
- Normen des Familienrechts
Beispiele
- Ungetreue Geschäftführung kann durch Eltern, Vormünder und Beistände gegenüber Personen erfolgen, die ihrer Fürsorge unterworfen sind.
- Ferner kann die ungetreue Geschäftsführung vom geschäftsführenden Organ einer Gesellschaft, einem Vermögensverwalter oder Treuhänder begangen werden.
Ein Vermögensschaden liegt in folgenden Fällen vor:
- Verminderung der Aktiven
- Vergrösserung der Passiven
- Nicht-Vermehrung der Aktiven (z. B. bei Unterlassung einer Vermögensvermehrung durch Entgehenlassen hinreichender Gewinnaussichten)
- Nicht-Verminderung der Passiven
- Bei Gefährdung des Vermögens in seinem wirtschaftlichen Wert
Missbrauchstatbestand (Art. 158 Ziff. 2 StGB)
Definition
Der Täter macht sich strafbar, wenn er seine Stellung als Vertreter missbraucht und dadurch den Vertretenen an dessen Vermögen schädigt.
Als Täter kommt nur eine Person in Frage, die die nicht als Vermögensverwalter nach Art. 158 Ziff. 1 StGB betrachtet werden kann.
Im Regelfall wird die Vertretungsermächtigung in Form einer Vollmacht ergehen, die dem Täter die Befugnis einräumt, in seinem Namen und auf seine Rechnung ein oder mehrere Rechtsgeschäfte abzuschliessen. Missbrauch der Vertreterstellung liegt immer dann vor, wenn der Täter die im Innenverhältnis vereinbarten Bedingungen und Konditionen nicht einhält.
Im Aussenverhältnis liegt immer eine gültige Handlung vor.
Beispiel
A erteilt B den Auftrag, einen Gegenstand des A zu einem bestmöglichen Preis zu verkaufen (Innenverhältnis). B verkauft den Gegenstand seinem Freund C zu einem weit tieferen Preis (Aussenverhältnis).
Dadurch, dass A nicht einmal den Marktpreis erhält, wird er an seinem Vermögen geschädigt. B macht sich der ungetreuen Geschäftsbesorgung strafbar.