Die eidgenössische Volksinitiative «Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre (Abschaffung der Pauschalbesteuerung)» ist zustande gekommen. Die Initianten (Alternative Linke, SP, Schweizerischer Gewerkschaftsbund und Unia) reichten am 19. Oktober bei der Bundeskanzlei 103’000 beglaubigte Unterschriften ein. Was die Kantone Zürich, Schaffhausen, Appenzell Ausserrhoden und beide Basel bereits beschlossen haben, soll nun auch gesamtschweizerisch durchgesetzt werden – die Abschaffung der Pauschalbesteuerung reicher Ausländer, die in der Schweiz leben, ohne hier zu arbeiten.
«Schluss mit Steuergeschenken»
Die steuerliche Bevorzugung einzelner Personen verletze die Rechtsgleichheit und sei damit verfassungswidrig. In der Medienmitteilung zum Zustandekommen der Initiative heisst es:
«Die Initiative will das skandalöse Steuerprivileg der Pauschalbesteuerung ausländischer Millionärinnen und Millionäre schweizweit abschaffen. Heute müssen diese statt ihrem effektiven Einkommen und Vermögen bloss einen Pauschalbetrag (bisher den fünf-, neu den siebenfachen Mietwert ihrer Wohnung) als Einkommen versteuern, sofern sie hier keine Erwerbstätigkeit ausüben. Zurzeit profitieren 5’500 Superreiche von diesem Dumping-Angebot. Unter ihnen finden sich eine wachsende Zahl von Business-Nomaden und Schein-Erwerbslosen wie etwa Ingvar Kamprad oder Viktor Vekselberg, die ihre weltweiten Firmenkonglomerate von hier aus managen.»
Parlament beschloss 2012 eine Erhöhung der Pauschalsteuer
Das Parlament hatte in der Herbstsession 2012 bereits eine Erhöhung der Pauschalsteuer beschlossen: Mit 120:41 Stimmen bzw. 42:0 Stimmen sprachen sich die Räte in der Schlussabstimmung für eine Erhöhung der Pauschalbesteuerung für reiche Ausländer aus – dabei soll eine Übergangsfrist von fünf Jahren gelten. Bundes- und Kantonssteuern für pauschal besteuerte Personen sollen neu nicht mehr nach dem Fünf-, sondern nach dem Siebenfachen der Wohnkosten berechnet werden. Für Pauschalbesteuerte, die in einem Hotel wohnen, werden die Steuern in Zukunft neu nach dem Drei- statt dem Zweifachen des Pensionspreises berechnet. Für die direkte Bundessteuer wurde als Minimum ein steuerbares Einkommen von 400’000 CHF festgesetzt. Die Kantone können die Höhe des massgeblichen Mindesteinkommens für die Pauschalbesteuerung selbst bestimmen und haben nun zwei Jahre Zeit, die Gesetzesrevision umzusetzen.
Diese Massnahmen gehen den Initianten zu wenig, da auch eine erhöhte Pauschalsteuer dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit widerspreche:
«Die Initiantinnen und Initianten fordern gleiche Spielregeln für alle: jeder soll Steuern nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zahlen. Die Pauschalbesteuerung verletzt die Rechtsgleichheit und untergräbt die Steuermoral. An dieser grundsätzlichen Ungerechtigkeit vermögen auch die vom Parlament beschlossenen kosmetischen Verschärfungen beim Pauschalsteuer-Tarif nichts zu ändern.»
Bundesrat lehnt die Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung ab
Der Bundesrat hat am 03. März 2013 bekannt gegeben, die Volksinitiative abzulehnen, und hat das Eidg. Finanzdepartement mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Botschaft beauftragt. Der Bundesrat begründet seinen Entscheid mit der bereits beschlossenen Verschärfung der Bestimmungen, welche die Akzeptanz der Pauschalbesteuerung stärken sollen:
«Der Bundesrat sieht in diesem Beschluss einen Kompromiss zwischen dem Anliegen der Steuergerechtigkeit und jenem der Standortattraktivität, wie es insbesondere auch von den Kantonen mitgetragen wird. Eine Abschaffung der Aufwandbesteuerung würde diesem Kompromiss zuwider laufen. Der Bundesrat anerkennt zudem die Bedeutung, welche die Aufwandbesteuerung für die Fiskaleinnahmen, die Volkswirtschaft und die Standortattraktivität in einigen Kantonen hat. Aus diesen Gründen will er die Initiative ‹Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre (Abschaffung der Pauschalbesteuerung)› ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfehlen.»
Wortlaut der Initiative gegen die Pauschalbesteuerung
Die Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung möchte Steuerprivilegien für natürliche Personen grundsätzlich für unzulässig erklären. Die Artikel 127 und 197 der Bundesverfassung würde wie folgt geändert:
I
Die Bundesverfassungwird wie folgt geändert:
Art. 127 Abs. 2bis (neu)
2bis Steuerprivilegien für natürliche Personen sind unzulässig. Die Besteuerung nach dem Aufwand ist untersagt.
II
Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt geändert:
Art. 197 Ziff. 9 (neu)
9. Übergangsbestimmung zu Art. 127 Abs. 2bis (Grundsätze der Besteuerung)
1 Der Bund erlässt innert drei Jahren nach Annahme von Artikel 127 Absatz 2bis die Ausführungsgesetzgebung.
2 Falls innert dieser Frist kein Ausführungsgesetz in Kraft gesetzt wird, findet Artikel 127 Absatz 2bis direkt Anwendung.
Pauschalbesteuerung gerät politisch zunehmend unter Druck
Eine Abschaffung bzw. Anpassung der Pauschalbesteuerung wurde in den vergangenen Jahren in vielen Kantonen diskutiert: Der Kanton Zürich hatte die Pauschalbesteuerung 2009 als erster Kanton an der Urne abgeschafft – darauf folgten Schaffhausen, Appenzell-Ausserrhoden, Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Luzern, St. Gallen, Thurgau und Bern beschlossen per Volksentscheid verschärfte Bedingungen für die Pauschalbesteuerung.
Befürworter der Pauschalbesteuerung befürchten bei einer Abschaffung massive Steuereinbussen, da vermögende Pauschalbesteuerte aus der Schweiz wegziehen könnten. Die Initianten der Volksinitiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung verweisen dagegen auf die Erfahrungen des Kantons Zürich: «Dass sich mehr Steuergerechtigkeit durchaus auszahlen kann, hat das Beispiel Zürich gezeigt. Die angedrohte komplette Abwanderung der Pauschalbesteuerten hat nicht stattgefunden: rund die Hälfte ist geblieben.» Der Kanton veröffentlichte im März 2012 im Rahmen des Steuerbelastungsmonitors eine erste Bilanz zu den Steuerfolgen der Pauschalsteuer-Abschaffung:
Diesen Daten zufolge führte der Wegzug reicher Ausländer infolge der Abschaffung der Pauschalsteuer im Kanton zu einem Steuerausfall von total 12,2 Millionen CHF – gleichzeitig hat die ordentliche Besteuerung der im Kanton verbliebenen ehemaligen Pauschalbesteuerten zu Mehreinnahmen von total 13,8 Millionen CHF geführt, wobei 55 Personen mehr Steuern bezahlten als bisher, 47 dagegen weniger.
Der Kanton Zürich schrieb dazu in einer Medienmitteilung: «Unter dem Strich hielten sich die Mehr- und Mindereinnahmen gemäss den provisorischen Zahlen des Steueramtes für 2010 somit etwa die Waage – dies allerdings nur dank den Steuern einer einzigen Person in der Höhe von mehreren Millionen Franken. Diese hat den Kanton Zürich in der Zwischenzeit ebenfalls verlassen.»
OECD empfiehlt der Schweiz die Abschaffung der Pauschalbesteuerung
Im OECD Economic Survey zur Schweiz vom Januar 2012 fordert die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung von der Schweiz, die Pauschalbesteuerung reicher Ausländer abzuschaffen:
«Cantons use low lump-sum taxes to attract high-income individuals moving to Switzerland from abroad. These individuals can apply for lump sum taxation provided they do not engage in economic activity in Switzerland. […] They may reduce the tax base in other OECD economies. The lump sum tax regime for non-economically active individuals should be abolished and these individuals should be subjected to the standard taxation of personal income and wealth. Such a step would also be consistent with the abolition of taxation of imputed rents more generally.»
Bildquelle: pauschalsteuer-nein.ch
Linktipp
Offizielle Website der Initianten | pauschalsteuer-nein.ch