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Personenrecht / Vorsorge / Vorsorgerecht

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Vorsorgeauftrag und Patientenverfügung ab 2013

Datum:
07.05.2013
Rubrik:
Gesetzgebung
Rechtsgebiet:
Personenrecht, Vorsorge / Vorsorgerecht
Stichworte:
Erwachsenenschutzrecht, Patientenverfügung, Vorsorgeauftrag
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Neues Erwachsenenschutzrecht ab 2013

Seit dem 1. Januar 2013 ist die Revision des Vormundschaftsrechts (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht) in Kraft. Im neuen Erwachsenenschutzrecht stehen individuelle Vorsorgemassnahmen und die Selbstbestimmung der Betroffenen allgemein stärker im Zentrum, so auch im Falle von Urteilsunfähigkeit nach Unfall oder Krankheit.

Unter anderem hat das neue Erwachsenenschutzrecht zwei Instrumente zur Selbstbestimmung gesetzlich verankert und schweizweit vereinheitlicht: Den Vorsorgeauftrag und die Patientenverfügung.

Wer rechtzeitig vorsorgt, kann damit sicherstellen, dass bei einer späteren Urteilsunfähigkeit der eigene Wille respektiert wird. Für den Fall eines Unfalls oder einer Krankheit mit einer vorübergehenden oder dauerhaften Urteilsunfähigkeit kann die eigene Versorgung individuell und verbindlich geregelt werden:

  • Durch den Vorsorgeauftrag kann jede handlungsfähige Person für den Fall einer Urteilsunfähigkeit festlegen, wer in welchem Umfang für ihre Betreuung und Pflege, die Verwaltung ihres Vermögens und ihre rechtliche Vertretung zuständig ist. Auch können damit Weisungen erteilt werden, wie diese Aufgaben erfüllt werden sollen.
  • Eine Patientenverfügung legt fest, welchen medizinischen Massnahmen man im Fall einer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht bzw. wer im Erstfall über medizinische Massnahmen entscheidet. Ebenso können Anordnungen für den eigenen Sterbeprozess getroffen werden.

Vorsorgeauftrag: Errichtung, Formvorschriften und Verfahren

Mit einem Vorsorgeauftrag kann eine Vertrauensperson (Vertreter, Vorsorgebauftragter) bestimmt werden, welche im Fall der eigenen Urteilsunfähigkeit zuständig ist. Die Vertrauensperson kann für alle oder nur einen oder zwei der drei genannten Bereiche zuständig sein – entsprechend können auch mehrere Vorsorgebauftragte bestimmt werden:

  1. Persönliches Wohl / Personensorge: Hilfe im Alltag, Entscheidungen in Privatangelegenheiten, Entscheidungen über Pflege (zu Hause, Pflegeheim, etc.), medizinische Behandlungen (sofern keine Patientenverfügung vorliegt)
  2. Finanzen / Vermögenssorge: Verwaltung von Einkommen und Vermögen, Zahlungsverkehr
  3. Vertretung im Rechtsverkehr: Vertretung gegenüber Behörden, Gerichten und Privaten, Eingehen und Auflösen von Verträgen

Jede handlungsfähige, volljährige Person kann zum Vorsorgebeauftragten ernannt werden. Gerade für die Vermögensvorsorge ist es auch möglich, eine juristische Person wie z.B. die Hausbank einzusetzen. Zuvor sollte abgeklärt werden, ob die gewünschte Person bereit ist, im Ernstfall den Vorsorgeauftrag zu übernehmen. Es macht zudem Sinn, mindestens eine zweite Person als Ersatz zu nennen für den Fall, dass die gewünschte Person die Vertretung nicht oder nicht mehr übernehmen kann oder will: Vorsorgebeauftragte müssen ihren Auftrag annehmen bzw. könne diesen auch ablehnen. Weiter können sie den Vorsorgeauftrag jederzeit mit einer schriftlichen Mitteilung an die zuständige Behörde unter Einhaltung einer 2-monatigen Frist kündigen.

Voraussetzungen zur Errichtung eines Vorsorgeauftrages sind Urteilsfähigkeit und Volljährigkeit. Um Missbräuche zu vermeiden ist ein Vorsorgeauftrag nur gültig, wenn er entweder wie ein Testament handgeschrieben, datiert und unterzeichnet ist, oder von einem Notar öffentlich beurkundet wurde. Der Vorsorgeauftrag tritt bei Urteilsunfähigkeit in Kraft – ist die Urteilsfähigkeit wieder hergestellt, erlischt der Vorsorgeauftrag wieder. Wer urteilsfähig ist, kann einen bereits errichteten Vorsorgeauftrag jederzeit widerrufen.

Die einzelnen Geschäfte und Aufgaben sollten im Vorsorgeauftrag möglichst genau beschrieben werden, damit die Vertreter diese wunschgemäss umsetzen können. Um sicherzustellen, dass die Anordnungen im betreffenden Fall auch zur Anwendung kommen, sollte die Errichtung eines Vorsorgeauftrages sowie der Ort der Hinterlegung des Dokuments beim Zivilstandsamt ins Personenstandsregister eingetragen werden. Auch macht es Sinn, den Vorsorgeauftrag bereits nach der Errichtung der Vertrauensperson zu übergeben.

Im Falle einer Urteilsunfähigkeit hat sich die Vertrauensperson an die zuständige Erwachsenenschutzbehörde zu wenden. Ist dies nicht der Fall, erkundigt sich die Behörde beim Zivilstandsamt nach dem Vorliegen eines Vorsorgeauftrags. Anschliessend prüft die Behörde die Gültigkeit des Dokuments und klärt ab, ob die genannte Vertrauensperson geeignet ist, die Vertretung zu übernehmen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird dem Vertreter eine Urkunde ausgestellt, die seine Befugnisse festlegt. Erst dann kann die beauftragte Vertrauensperson im Namen des Urteilsunfähigen Zahlungen tätigen, über medizinische Behandlungen und Pflege entscheiden oder Verträge wie den Mietvertrag kündigen.

Entschädigungen und Honorare für die Vertrauensperson / die genannten Vertreter (Treuhänder, Anwalt, Bankangestellte, etc.) sollten in der Vorsorgevollmacht vermerkt werden. Wurden keine Entschädigungen vereinbart, legt die zuständige Behörde diese fest. Notwendige Spesen werden auch ohne spezielle Verfügung abgezogen.

Patientenverfügung: Inhalte und Gültigkeit

Das neue Erwachsenenschutzrecht ersetzt die teilweise bestehenden kantonalen Bestimmungen zur Patientenverfügung, die damit neu schweizweit und einheitlich geregelt ist.

In einer Patientenverfügung kann festgehalten werden, welche medizinische Behandlung im Falle einer Urteilsunfähigkeit gewünscht wird. Auch für die Sterbephase können Anordnungen getroffen werden. Ebenso kann in einer Patientenverfügung eine Vertrauensperson bestimmt werden, die im ensprechenden Fall die Entscheidungen über medizinische Massnahmen trifft.

Eine Patientenverfügung kann einen oder mehrere der folgenden Punkte regeln:

  • Entscheidungsberechtigte Vertrauensperson
  • Medizinische Behandlung und lebensverlängernde Massnahmen: Behandlungswünsche nach Stadium einer Krankheit, medizinische Behandlung im Sterbeprozess, Vorrang lebenserhaltender Massnahmen, etc.
  • Sterbebegleitung: Wer soll und darf im Sterbeprozess anwesend sein, wer nicht, etc.
  • Sterbeort: Verbleib im Spital, Verlegung in ein Hospitz, zu Hause, etc.
  • Patientengeheimnis: Entbindung vom Arztgeheimnis gegenüber bestimmten Personen, wer hat Zugang zum Krankenbett, etc.
  • Organspende, Obduktion, Forschung: Organspende und Obduktion zu Forschungszwecken setzen eine ausdrückliche Zustimmung voraus.

Jede urteilsfähige Person kann eine Patientenverfügung errichten. Damit die Verfügung gültig ist, muss sie schriftlich, datiert und unterzeichnet sein – im Gegensatz zum Vorsorgeauftrag genügt also ein ausgefülltes und persönlich unterschriebenes Formular. Die Patientenverfügung gilt per sofort und unbefristet, kann jedoch jederzeit geändert werden. Eine Patientenverfügung kann beispielsweise beim Hausarzt, bei Angehörigen oder der Vertrauensperson hinterlegt werden.

Die Errichtung einer Patientenverfügung und der Ort der Hinterlegung des Dokuments sollten auf der Versichertenkarte eingetragen werden. Um diese Daten abzurufen ist ein spezielles Lesegerät nötig, das zurzeit noch nicht überall verfügbar ist. Es empfiehlt sich daher, z.B. in der Breiftasche zusätzlich einen Hinweis auf die Patientenverfügung, den Hinterlegungsort und die Kontaktdaten der Vertrauensperson aufzubewahren.

Ärzte sind verpflichtet, im Ernstfall vor der Behandlung zu überprüfen, ob eine Patientenverfügung besteht. Grundsätzlich müssen Ärzte die Anweisungen einer Patientenverfügung befolgen. Davon ausgenommen sind unzulässige Anweisungen (z.B. direkte, aktive Sterbehilfe). Bestehen begründete Zweifel, ob die Anordnungen wirklich dem Willen des Patienten entsprechen (spätere anderslautende Anweisungen, Verdacht auf Nötigung, etc.), dürfen sich Ärzte ebenfalls über eine Patientenverfügung hinwegsetzen.

Besteht keine Patientenverfügung oder ist die Verfügung wegen formaler Mängel ungültig, haben im Fall einer Urteilsunfähigkeit die vertretungsberechtigten Personen gemäss dem mutmasslichen Willen und im Interesse des Patienten zu entscheiden. Von Gesetz wegen sind der Reihenfolge nach folgende Personen beim Entscheid über medizinische Massnahmen vertretungsberechtigt: 1) Beistand mit Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen, 2) Ehegatten / eingetragene Partner, 3) Konkubinatspartner, 4) Nachkommen, 5) Eltern und 6) Geschwister.

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